Hessen Kassel - Eintracht Frankfurt

Oberliga Süd 1954/55 - 14. Spieltag

0:2 (0:1)

Termin: 12.12.1954
Zuschauer: 18.000
Schiedsrichter: Kandelbinder (Regensburg)
Tore: 0:1 Richard Kreß (13., Elfmeter), 0:2 Richard Kreß (87.)

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Hessen Kassel Eintracht Frankfurt

  • Laue
  • Knothe
  • Schmied
  • Dinger
  • Hutfles
  • Deeg
  • Siebert
  • Staub
  • Schmidt
  • Metzner
  • Grabsch

 


 

Trainer
  • Rudolf Gellesch
Trainer

Viel Aufregung um einen Elfmeter

Kreß — Eintrachts Sorgenbrecher

Die Kasseler sind wirklich die Angstgegner der Eintracht. Das wurde am Silbernen Sonntag vor 14000 Zuschauern, die trotz drohender Regenwolken ins Aue-Siadion gekommen waren, erneut bestätigt. Das war nicht die Eintracht, die in den letzten Wochen von Sieg zu Sieg und damit an die Spitze der Tabelle geeilt war. Das Können der Adlerträger blitzte nur hin und wieder auf, aber allzu oft versank das Spiel in der Mittelmäßigkeit.

Lag es daran, daß man die Härte der Kasseler fürchtete oder mit dem Gedanken an einen unfreundlichen Empfang auf das Feld kam? Lag es daran, daß Bäumler wegen einer Fußverletzung in letzter Minute durch Hesse ersetzt werden mußte, wodurch die Homogenität der bewährten Fünferreihe zerstört wurde?

Nun, dies können nicht die Gründe gewesen sein, denn die Kasseler Zuschauer empfingen den Herbstmeister mit Beifall, und die Kasseler spielten keinesfalls härter als die Frankfurter, die sich häufig in die eigene Hälfte zurückgedrängt sahen. Aber das Kasseler Spiel — von Anfang an viel zu hoch — krankte wieder an dem Fehlen eines rasanten Mannes, wie es Kreß ist.

In der Kasseler Elf machten sich bei Dingler verständlicherweise (er spielte nach längerer Pause erst wieder zum zweiten Male in der Ligaelf) und bei Metzner erstaunlicherweise mit zunehmender Spielzeit Konditionsmängel bemerkbar.

Da auch Schulz, dessen allzu bedächtige Art in der zweiten Hälfte auffiel, den Spielfluß hemmte, blieb die anhaltende Drangperiode der Kasseler zweck- und erfolglos. Zu diesem Zeitpunkt hatte die Eintracht einen 1:0-Vorsprung, der aus einem Elfmeter resultierte, der die Kasseler Zuschauer auf die Barrikaden trieb. In der zwölften Minute wiederholte sich, was schon beim Spiel beider Mannschaften in der vergangenen Saison geschah: Es gab Elfmeter für die Eintracht! Damals hatte Pfaff den Ball neben den Pfosten gesetzt und den Grundstein für den l:0-Sieg der Kasseler gelegt. Diesmal entschloß sich Kreß, der bei seinem ersten energischen Solo von Hutfles regelwidrig behindert worden war, die Exekution selbst zu übernehmen. Laue berührte zwar seinen halbhohen Schuß, aber zu halten war an dem wuchtigen Schuß nichts,

Krach um Elfmeter

Was aber hatte die Kasseler so maßlos gegen Herrn Kandelbinder aufgebracht? Wir sahen es so: Kreß enteilte dem Kasseler Stopper Hutfles und dieser — immer einen Schritt hinter dem Eintrachtler — versuchte, den Ball etwa zehn Meter vor dem Tor, schräg von hinten angreifend, wegzuschlagen. Kreß kam zwar etwas aus dem Takt, blieb aber am Ball, und wir glaubten, daß Kandelbinder den Vorteil gelten ließ. Als Kreß jedoch den Bali nicht an Laue vorbeigebracht hatte, entschied Kandelbinder auf Elfmeter. Einen Pfiff hatten wir vorher nicht gehört, doch ist es gut möglich, daß dieser in summendem Bienenkorb der 14000 unterging. Da der DFB seinen Schiedsrichtern zur Auflage gemacht hat, keine Auskünfte an die Presse zu geben, bleibt dieser strittige Punkt ungeklärt. Nach diesem 1:0 malte Pfaff vor der Pause noch mit einem eleganten Schüßchen einen dicken Punkt an die makellos weiße Torlatte. Hesse schoß einmal aus kurzer Entfernung, von einem mustergültigen Paß Pfaffs auf die Reise geschickt, drüber, und Höfer hatte kurz vor dem Pausenpfiff noch die Chance, einen Kopfball in die Maschen zu dirigieren, verfehlte jedoch das Tor um einen Meter.

Wesentlich dicker war die Luft vor dem Frankfurter Tor, in dem aber der katzenhaft gewandte Loy nie die Ruhe und Uebersicht verlor. Schmidts Kopfball nach einem Freistoß Dingers, der sich mit einigen saftigen Volley-Schüssen an der Kanonade des Eintrachttores beteiligte, sprang von der Latte senkrecht hoch und dann tückisch herunter auf die Torlinie, wo Kudraß aber genau an der richtigen Stelle stand. Dann fabrizierte Bechtold eine leichtsinnige Rückgabe, in die sich Grabsch einschaltete, doch Loy war wie der Blitz draußen, und von ihm prallte der Ball ins Feld.

Die zweite Hälfte brachte bei ziemlich zusammenhanglosem Spiel nur wenige Höhepunkte. Die Hessen stürmten umständlich, ohne Kraft und ohne Glück, und Pfaff-Kreß-Höfer beunruhigten hin und wieder mit schnellen Gegenstößen die Kasseler Abwehr, in der Schmied eine ausgezeichnete Partie lieferte. Eine Flanke von Kreß bei einem solchen „Ausbruch" köpfte Weilbächer in wundervoller Haltung an den Torpfosten. Einmal geriet der Ball, von Kreß serviert, Pfaff dicht vor dem Tor auf den Schokoladenfuß, so daß die Balljungen Arbeit bekamen, und schließlich befreite Kreß die Eintrachtspieler und -anhänger zwei Minuten vor Schluß von der Sorge um den Verlust eines Punktes, als er eine zweite Flanke von Pfaff im Hechtsprung einköpfte.

Schiedsrichter Kandelbinder wurde bis zum Schluß anhaltend mit „Schieber"-Rufen überschüttet. Wir wollen aus den anfangs geschilderten Gründen uns kein Urteil über die Berechtigung des Elfmeters erlauben, denn eine Regelwidrigkeit von Hutfles lag ohne Zweifel vor. Unangenehm aber berührte es uns, daß der Schiedsrichter später Konzessionen machte und gegen einen Platzordner, der ihm seine Armbinde absolut als Heiligenkranz um die Stirn legen wollte, nicht energischer vorging. Wenn schon Mut, dann bis zur letzten Konsequenz und bis zur letzten Minute! (aus 'Der neue Sport' vom 13.12.1954)

 

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