Eintracht Frankfurt - Flamengo Rio de Janeiro

Freundschaftsspiel 1953/54

1:1 (0:0)

Termin: 11.04.1954
Zuschauer: 28.000
Schiedsrichter: Meißner (Nürnberg)
Tore: 0:1 Zezinho (60.), 1:1 Richard Kreß (86.)

>> Spielbericht <<

Eintracht Frankfurt Flamengo Rio de Janeiro

 


  • Chamorro
  • Marinho
  • Pavão
  • Servílio
  • Jadir
  • Jordan
  • Joel
  • Evaristo
  • Zezinho
  • Benitez
  • Zagallo

 

Wechsel

Wechsel

  • Tomires für Jadir
  • Paulinho für Joel
  • Maurício für Zagallo
Trainer Trainer
  • Manuel Fleitas

Flamengos, die Harlem Globetrotters des Fußballs

Das war eine wahre Augenweide

Das waren sie also, die weltberühmten Flamengos aus Rio de Janeiro, diese elf großen Buben (weiß bis zur tief schwarzen Hauttönung), die auf dem Feld einhersprangen und den 28000 jungenhaft vergnügt zuwinkten. Sie hielten, was man sich von ihnen versprochen hatte, auch wenn die vier besten Spieler fehlten (Weltmeisterschaft) und man etwas zu betont aus dem Stand spielte.

Gewiß, sie spielten aus dem Stand, und wer erwartet hatte, daß die Gäste in südamerikanischer Leidenschaftlichkeit über das Feld fegen würden, der hatte nicht bedacht, daß hinter dieser Mannschaft eine schwere Saison liegt und man das Frankfurter Gastspiel als eine Exhibition wertete. Eine Exhibition, die, bedingt durch die dunklen Hautschattierungen und die katzenhafte Gewandtheit eines jeden Spielers, an die weiland ebenso weltberühmten Harlem Globetrotters erinnerte.

Einen Vorgeschmack hatten vor dem eigentlichen Beginn schon die Ersatzspieler geboten, die seitwärts des einen Tores sich den Ball mit Kopf und Absatz zujonglierten, daß es eine wahre Augenweide war. Die Aufstellung bot dann den von Rapid Wien nach Europa eingeführten brasilianischen Riegel in Reinkultur. Mittelläufer Jadir lief hinter seinem Sturm her, während die beiden Außenläufer und der rechte Verteidiger einen Sperriegel bildeten, der schon im Mittelfeld die gegnerischen Angriffe auffangen sollte. Dahinter stand oftmals einsam auf weiter Flur als Ausputzer der hünenhafte Verteidiger Pavao, der seine Aufgabe mit einer fast nordischen Bierruhe löste.

Die eigentliche Angriffsspitze der Gäste bildete der Innensturm, während die beiden Außenstürmer mehr als Zuträger dienten — eine Aufgabe, die dem guten Erich Dziwoki kaum liegen dürfte. Aber die Joel und Zagalo verstanden aus dem ff, zu flanken und gingen ganz darin auf, den Innensturm mit verwendbaren Bällen zu füttern. Rios Schützenkönig von 1953, der Halblinke Benitez, fiel gar nicht so sehr auf, aber wie er immer wieder mit seinem Körper den Ball abschirmte und den Ball aus dem Fußgelenk weiterspielte, das war ein Leckerbissen für den Fußballfeinschmecker.

Verblüffende Körperbeherrschung

Ueberhaupt, die Körperbeherrschung der elf Brasilianer war frappierend. Sie sprangen aus dem Stand höher als ihre Gegner, sie verstanden sich auf Absatztricks und schienen gar keine Hüftknochen zu besitzen. Doch ein Manko strahlte ihr Spiel aus, ihm fehlte die logische Konsequenz. Ihr Spiel setzte sich aus einer Fülle von Einzelgedanken zusammen und mündete doch nicht auf einem Generalnenner. Man paßte und dribbelte, man paßte und dribbelte — und dann schlug ein Frankfurter den Ball weg, als stünde man einem x-beliebigen Gegner gegenüber und nicht dem elffachen Rio-Meister Flamengo.

Das war eigentlich auch nach der alten Eintrachttradition, sich von einem berühmten Gegner nicht ins Boxhorn jagen zu lassen. Das war fast dreißig Jahre so, als sie im Stadion Penarol Montevideo gastierte, das war vor fast zwei Jahren gegen den FC Mailand ebenso. Keiner der elf Eintrachtler ließ sich von dem Ruhm der Flamengos beeindrucken. Am allerwenigsten Höfer. Dieser blutjunge Dachs ließ einen so routinierten Profi wie den gewandten Marinho leerlaufen und drang unerschrocken in den Flamengo-Strafraum ein. Mit Höfer verfügt die Eintracht endlich wieder über einen Linksaußen und über einen vermutlichen Nachfolger für Pfaff, wenn sich der Alfred einmal aufs Altenteil zurückziehen sollte.

Remlein ganz brasilianisch

Auch Kreß ließ sich von Pavao nicht entmutigen und kämpfte gegen ihn wie einstmals David gegen den Riesen Goliath. Doch der große Eintrachtspieler war für uns Remlein. Er legte nicht nur allein dem stets gefährlichen Benitez Zügel an, sondern baute seinen Sturm zusammen mit Heilig immer wieder auf. Doch vorne lahmte der rechte Flügel, Weilbächer verlor vor Uebereifer wieder einmal die Uebersicht und das Sturmspiel bekam erst mehr Linie, als nach der Pause für den verletzten Weilbächer Krömmelbein hereingenommen wurde. Dafür verfügte Krömmelbein nun wieder nicht über die Härte und Unverdrossenheit Weilbächers.

Die Eintrachtabwehr war über jeden Tadel erhaben. Henig hielt ein paar gefährliche Dinger, einmal schlug für ihn, es war in der 12. Minute, Kudras den Ball aus dem Tor heraus, und in der 35. Minute rettete für ihn die Latte, als Mittelläufer Jadir von der Strafraumlinie aus schoß. Doch seine größte Leistung vollbrachte Henig gleich nach Wiederbeginn. Benitez hatte sich freigespielt, doch Henig war rechtzeitig herausgelaufen und wehrte den Schuß ab.

Ganz streng genommen, mehr Chancen hatte sich die Eintracht herausgespielt. Schon in der 4. Minute mußte Chamarro mit einem Panthersprung Höfers Kopfball den Weg ins Tor versperren. Nach einer guten halben Stunde landete ein schöner Schuß Höfers nur an der Lattenkante und sprang wieder aus dem Tor heraus. Dieser Chamarro war überhaupt ein Prachtkerl. Natürlich liebte er es ein wenig, bei seinen Paraden für die Galerie zu spielen, sonst müßte er halt kein Südamerikaner sein.

Servilho — phantastisch

In der zweiten Halbzeit legten die Gäste ein wenig Tempo zu, sie wollten des Renommees wegen gewinnen. Plötzlich entpuppte sich der Mann mit der Vier (Servilho) als der große Spieler im Mittelfeld Dieser Zweimeter-Mann griff sich mit artistischer Gewandtheit mit Kopf und Fuß die Bälle und schlug sie hoch in den Eintrachtstrafraum, wo aber Wloka unerschütterlich stand. Nur zweimal wurde der Eintracht-Stopper ausgespielt. Das erste Mal rettete Henig, wir erwähnten es schon, und das zweite Mal in der 60. Minute. Blitzschnell lief da der Ball über die Stationen Evaristo und Benitez zu Mittelstürmer Zezinho, der den Ball nur noch einzutippen brauchte.

Bei soviel Geschmeidigkeit mußte man applaudieren, aber man applaudierte genau so freudig, als Kreß kurz vor Schluß der Ausgleich gelang. Er war hochverdient, denn die Eintracht hatte eine schöne Partie geliefert, sie hatte gezeigt, wie man den Südamerikanern beikommen kann: Mit Flachpaß. Wenn die Eintracht den Ball flach hielt, dann hatte die Flamengo-Abwehr zu krebsen. Mit hohen Bällen war diesen Sprungkünstlern nicht beizukommen.

Vor dem Spiel wurde die 1. Amateurelf der Eintracht für ihre Meisterschaft in der B-Klasse geehrt, nachdem sie TuS Hausen vor einer Rekordzuschauerzahl für die B-Klasse 5:0 besiegt hatte. (aus 'Der neue Sport' vom 12.04.1954)

>> Spieldaten <<

 

© text, artwork & code by fg