FC Schweinfurt 05 - Eintracht Frankfurt

Oberliga Süd 1953/54 - 28. Spieltag

2:2 (1:1)

Termin: 14.03.1954
Zuschauer: 12.000
Schiedsrichter: Jacobi (Mannheim)
Tore: 1:0 Rath (33.), 1:1 Erich Dziwoki (35.), 1:2 Erich Dziwoki (48.), 2:2 Geyer II (64.)

>> Spielbericht <<

FC Schweinfurt 05 Eintracht Frankfurt

  • Geyer I
  • Fischer
  • Schmitt
  • K. Kupfer
  • Merz
  • Lang
  • M. Kupfer
  • Rath
  • Geyer II
  • Burkhardt
  • Aumeier

 


 

Trainer
  • ??
Trainer

Dziwoki schleuderte Blitze

Eintracht tief im Pechkübel

Die Eintracht war noch nie eine „Glücksmannschaft", wie manche Leute zu Beginn ihrer Erfolgsserie vor gut eineinhalb Jahren behaupteten. Aber jetzt ist sie ganz gewiß eine „Pechmannschaft".

Die beiden Gegentore wären früher auch in einem Dreistundenspiel nicht gefallen. Das waren keine Treffer, das waren Defekte. Hier sind sie! Kurz vor der Strafraumgrenze beging Wloka ein Foul an Rath, über das man streiten kann. Ein etwas weniger strenger Herr als Jakobi (Mannheim) hätte es vielleicht durchgehen lassen. Man dachte an die Offenbacher Misere und baute die Mauer diesmal besonders sorgfältig. Selbst Dziwoki lief zurück und baute sich in den Kordon mit ein. Es schien alles zu stimmen. Gerade wollte Henig das Ganze noch um fünf Millimeter nach rechts dirigieren, als Rath auch schon hart zuschlug. Der Ball traf genau in die ungedeckte Ecke, ehe sich Henig postieren konnte. 1:0!

Der Schaden war längst verschmerzt, die Eintracht führte 2;1 und schien nun klar dem Siege zuzusteuern, als Kudraß das Leder vor dem gefährlich hereinkurvenden Molly Kupfer zur Ecke schlug. Wieder eine Bedrohung weniger, dachte der Eintracht-Anhang rechts auf der Tribüne. Aber da schwebte der Eckball herein, hielt sich gerade auf der Außenlinie, und während Henig, der auf den Auspfiff des Schiedsrichters wartete, bereits im Geist die Arme verschränkte, rollte das Leder vom Hinterkopf Geyers ins Netz. Diesmal hatte sich nicht nur der Eintracht-Tormann, sondern die ganze Abwehr verrechnet. Zwei Sekunden, nachdem der Schiedsrichter pfiff, stand sie noch immer da, wie zu einem lebenden Bild aufgebaut und konnte es nicht fassen, da sie den Ball bereits im Aus gewähnt hatte.

Dziwoki in alter Frische

In den bisher so frohgemuten Eintrachtanhang schlich sich das Gefühl des Unabänderlichen ein. Einer, jedoch steckte nicht auf: Dziwoki. Der schwarze Erich bildete diesmal das Symbol des unzerbrechlichen Widerstandswillens. Er schlug bereits los, als die übrigen Riederwälder noch dabei waren, sich zu sammeln, die lähmende Last der Verantwortung aus den Füßen zu schütteln und den Ansturm des gereizten Gegners unbeschadet zu überstehen. Immer mehr ging Dziwoki dazu über, sich auf sich selbst zu verlassen, denn von Minute zu Minute wurde es klarer, daß die vier anderen im Sturm sich im Zweikampf gegen ihre auf Großeinsatz gedrillten Gegner aufrieben. Immer deutlicher stellte es sich heraus, daß Heilig und Remlein diesmal in der Abwehr gebunden blieben. Nur selten gelang es den beiden Außenläufern, eine Idee von konstruktivem Inhalt in die Tat umzusetzen. Heilig wurde von Henig sofort wieder zu seinem Gegner Rath zurückbeordert, wenn das Temperament einmal mit ihm durchging, und Remlein verzichtete in der Bedrängnis streckenweise sogar darauf, sich einen Vordermann für die von ihm abgeschlagenen Bälle herauszusuchen. Hauptsache, das Leder war weg. Immerhin erreichten die Riederwälder mit dieser Methode, daß es auch bei Schweinfurt an allen Ecken und Kanten holperte.

Als Kreß völlig unnötig zu Henig zurückspielte, dachte man, die Eintracht hätte die Nerven vollkommen verloren, aber den von Burkhardt, der sich eingeschaltet hatte, hoch aufs Tor dirigierte Ball schlug Wloka so sicher von der Linie herunter, daß man wieder zu hoffen begann. Und dann passierte aus heiterem Himmel das Freistoßtor Raths.

Ehe jedoch noch Lähmungserscheinungen um sich greifen konnten, trommelte Dziwoki zur Verfolgung. Er wetzte durchs Gelände wie das leibhaftige Unheil, und als seinem Bewacher Schmidt einmal ein leichter Ball zwischen den Beinen hängen blieb, war es auch schon geschehen. Erich fuhr dazwischen, peilte und lenkte das Leder an dem herauslaufenden Geyer I vorbei in die kurze Ecke.

Henigs grober Rechnungsfehler

Mit diesem 1:1 war eine solide Ausgangsbasis für den obligatorischen Eintrachtüberfall geschaffen. Dieser Ueberfall fand statt mit nur zehn Mann, denn Pfaff war fünf Minuten vor dem Wechsel — von einem unglücklichen Tritt Langs schwer am Kopf getroffen — hinausgetragen worden und kam erst fünf Minuten nach Beginn des zweiten Durchgangs wieder. Inzwischen aber hatte Dziwokis Bombe bereits zum zweiten Male eingeschlagen, ehe sein Bewacher Schmitt bei einer Flanke von links die heikle Lage überhaupt erkannte. Freudestrahlend lief Trainer Windmann in die Kabine, um seinem Alfred die frohe Botschaft zu überbringen. Die Punkte schienen unter Dach und Fach. Langsam verlief sich das Spiel wieder im Mittelfeld, und Kudraß, Wloka und Bechtold wuchsen zu einer Bastion zusammen, aus der Kudraß zwar durch seine Spielreinheit herausragte, die aber im ganzen eine makellose Einheit bildete. Die Chancen der Schweinfurter wurden weniger. Da ereignete sich der Rechenfehler Henigs bei Molli Kupfers Eckball. 2:2.

Dieses 2:2 mußte wahrscheinlich kommen, um den 12000 Zuschauern zu zeigen, wen sie überhaupt vor sich hatten. Jetzt auf einmal platzte bei den Riederwäldern der Knoten. Wieder gab Dziwoki das Signal, bohrte sich in das Labyrinth des Gegners ein, gewann einen großen Helfer in Kreß, weitteiferte mit dem blonden Richard in Marathonläufen, die kreuz und quer über das ganze Feld führten, und scheiterte immer wieder an Torwart Geyer I und daran, daß die anderen Stürmer sich zu dieser späten Stunde nicht mehr auf das Niveau der beiden Unverwüstlichen hinaufschwingen konnten. Weilbächer wirkte überhaupt, als hätte man ihm eine Beruhigungstablette ins Mittagessen getan. Pfaff rieb sich in einer Privatfehde mit dem Regisseur Fischer auf, und Gonschorek wurde von Merz abgefertigt wie ein Student. Immerhin gewann dieser Student manches Kopfballduell und brachte Bälle, die er einmal besaß, meistens an den richtigen Mann weiter. Die Ueberheblichkeit von Merz war manchmal etwas fehl am Platze.

Bei dem mehr oder minder großen Formrückgang der übrigen Eintrachtstürmer war die Leistung von Dziwoki — und mit einigem Abstand auch von Kreß — um so bewundernswerter. Diese beiden hätten die erfreulich faire und keineswegs mit irgendwelcher Vergangenheit belastete Partie in den letzten Minuten fast allein noch für den Riederwald entschieden. (aus 'Der neue Sport' vom 15.03.1954)

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