Eintracht Frankfurt - BC Augsburg

Oberliga Süd 1953/54 - 18. Spieltag

3:0 (1:0)

Termin: 03.01.1954
Zuschauer: 6.000
Schiedsrichter: Baumgartner (Heilbronn)
Tore: 1:0 Erich Ebeling (15.), 2:0 Erich Dziwoki (47.), 3:0 Erich Ebeling (81.)

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Eintracht Frankfurt BC Augsburg

 


  • Schmid
  • Knöferl
  • Fischer
  • Niklasch
  • Hochstetter I
  • Hampel
  • Reiser
  • Bachl
  • Schlumpp
  • Biesinger
  • Müller

 

Trainer Trainer
  • Hans Hipp

Remlein — der König vom Riederwald

Die Eintracht bleibt sich treu. Sie gewann ihr letztes Heimspiel im alten Jahr 3:0 und mit genau dem gleichen Ergebnis startete sie jetzt auch ins neue Jahr. So etwas nennt man Maßarbeit!

Was sie allerdings gegen den abstiegsbedrohten BC Augsburg zeigte, war nicht immer Maßarbeit. Hätte der Angriff der Hausherren das Innenspiel und die Kombinationen in die Breite nicht übertrieben und hätte man sich vor allem ab und zu auch einmal zu einem herzhaften Schuß aufgerafft, so wären die Schwaben schwer bepackt wieder in den Zug gestiegen. Die Eintracht nahm sofort die Zügel fest in die Hand und ließ sich während der vollen 90 Minuten das Kommando nicht entreißen. In der zweiten Hälfte, als sie vom stürmischen Ostwind profitierte und mit Windstärke sieben nach vorne getrieben wurde, kamen die Augsburger nur noch höchst sporadisch über die Mittellinie hinaus. Der unnachahmliche Remlein und der wackere Heilig fischten die abgewehrten Bälle zumeist noch in der Hälfte der Schwaben wieder auf und vor dem Kasten des überraschend guten Ersatztorhüters Schmied ging es minutenlang zu wie vor den Schaltern einer Lebensmittelausgabestelle unseligen Angedenkens. Aber niemand wagte den befreienden Schuß, jeder schob dem anderen die Verantwortung zu und zuletzt war das Schwabentor zu vermauert, daß nicht einmal ein Tischtennisball hätte durchschlüpfen körnen.

Zäher Widerstand

Aber wir wollen mit der Eintracht nicht zu scharf zu Gericht gehen. Wir wollen nicht vergessen, welch ungeheurer physischer Kräfte es bedurfte, um die eineinhalb Stunden auf dem spiegelglatten Schneeparkett und bei dem schneidenden Sturm überhaupt durchzustehen und wie schwer es war, die Balance zu halten und das Leder unter die Kontrolle zu bringen. Wir wollen auch nicht vergessen, den zähen, aufopfernden Widerstand in Anrechnung zu bringen, den die Gäste leisteten. Sie griffen zwar verschiedentlich zu recht groben und derben Mitteln - der langbeinige, eisenharte Mittelläufer Hochstetter und sein rechter Nebenmann Nicklasch fielen ob ihrer unreinen Gangart am unangenehmsten auf — aber ihr Können stand klar über ihrem Tabellenstand, sie überraschten durch sauberes und exaktes Zuspiel und einige ideenreiche Kombinationszüge und die Arbeit ihrer Abwehr forderte alle Anerkennung ab.

Knöferl stemmte sich bis zuletzt wirksam dem linken Eintrachtflügel entgegen, der hochtalentierte Hochstetter raubte Kress alles Selbstvertrauen und wich ihm nicht von den Zehen und Dziwoki wurde erst in der zweiten Halbzeit mit seinem Bewacher Fischer fertig.

Nicklasch und Hampel kehrten in allen Aktionen den alten Routinier heraus, und im Angriff schien der nicht mehr junge Bachl die Lunge eines Rentiers zu haben. Er war überall zu finden, führte den schnellfüßigen Seiler überlegt und verstand sich mit Schlump offensichtlich besser als mit Biesinger, der an Körperkraft gewonnen hat, aber nur ganz selten an seine alte Durchschlagskraft erinnerte. Müller kam sich am linken Flügel etwas verlassen vor — aber er unternahm einige gefährliche Attacken, so daß Bechtold mehrmals in letzter Not zur Ecke schlagen mußte.

Reif für die Länderelf

Der Maestro dieses typischen Punktkampfes hieß Remlein. Er setzte sich diesmal selbst die Krone auf sein schon etwas gelichtetes Haupt und wurde zum König des Terrains, dem das Volk begeistert huldigte. Ihm kam der Boden gerade recht. Hier konnte er demonstrieren, wie wunderbar sicher er mit dem Leder zu jonglieren versteht, kein Ball sprang ihm vom Fuß — was Heilig und Kreß öfters als einmal passierte — er spielte mit fühlbarer Lust den sechsten Stürmer, war aber stets auch wieder am rechten Fleck, wenn der Gegenstoß erfolgte, und gab Vorlagen, wie sie nur im Lehrbuch zu finden sind. Es war die beste und schönste Partie, die der kleine Remlein bisher im Eintracht-Dreß gespielt hat, er war die geistige Zentrale, von der alle Direktiven ausgingen und das Fundament, auf dem sich der Eintracht-Sieg aufbaute. Kein Eckel, kein Mai und kein Schanko hätten an diesem eiskalten Tag Remlein Parole bieten können — er war absolut länderelfreif und sollte nicht mehr länger übergangen werden.

Im Angriff war die erfreulichste Erkenntnis, daß Ebeling wieder schießen kann. Er eröffnete mit einem Meisterschuß alter Güte den Torreigen und beschloß ihn mit einem prächtigen Kopfballtor auf eine Flanke Weilbächers, jagte obendrein aber noch einige Bomben nur knapp vorbei. Vielleicht haben ihm diese beiden Treffer das Selbstvertrauen wieder zurückgegeben, dem er so lange nachgerannt ist. Pfaff gab die üblichen Soloeinlagen, die zeitweise an Clownerien grenzten, aber er war auffallend unentschlossen und servierte seine Vorlagen nur selten mit der gewohnten Genauigkeit. Eine allerdings war Klasse — und sie führte prompt auch zum zweiten Tor, das Dziwoki vollendete. Kreß verlor, als er zwei todsichere Sachen verschenkt hatte, mehr und mehr die Haltung, es mißlang ihm viel, was ihm sonst zu glücken pflegt — aber einen schwachen Tag hat jeder einmal. Auch Weilbächer suchte vergeblich seine beste Form, und Dziwoki machte der Treffer so übermütig, daß er sich vom Leder überhaupt nicht mehr trennen wollte. Aber er war mit Ebeling die spitzeste Angriffsspitze der Frankfurter und ließ in den letzten 30 Minuten die Augsburger stehen wie er wollte.

Wloka nicht zu düpieren

Heilig machte der Boden am meisten Kummer — die Abwehr aber war wieder makellos wie eine Persil-Reklame. Bechtold und Kudraß nahmen sich ihrer beiden Flügel ausgesprochen liebevoll an, Wloka räumte auf, daß es eine Lust war, ihn am Werk zu sehen, und Henig griff sich einige Bälle, die es in sich hatten. Er war diesmal wieder ganz der alte.

Der Heilbronner Baumgartner fiel einigemale auf seine Linienrichter herein, die sich anscheinend dadurch erwärmen wollten, daß sie ihr Fähnchen bei jeder Gelegenheit schwangen — sonst pfiff er recht ordentlich und korrekt. Man sollte ihn wieder heranziehen.

Ein an Ebeling verwirkter Freistoß führte indirekt zum ersten Tor. Pfaff trat das Leder schön vors Tor, Schmied faustete zurück, Heilig erwischte den Ball und lenkte ihn klug an den freigelaufenen Ebeling und dessen flache Schrägbombe zischte wie eine Silvesterrakete ins Netz. Bereits zwei Minuten nach der Pause spielten sich Kreß und Pfaff schön durch, dessen Präzisionsvorlage passierte den hochgesprungenen Fischer und Dziwoki jagte den Ball an Schmied vorbei ins kurze Eck, und sieben Minuten vor dem Ende schickte Remlein den nach außen gewechselten Weilbächer auf die Reise. Ebeling wuchtete die Maßflanke mit der Stirn unter die Latte . (aus 'Der neue Sport' vom 04.01.1954)

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