1. FC Nürnberg - Eintracht Frankfurt

Oberliga Süd 1953/54 - 14. Spieltag

0:2 (0:1)

Termin: 29.11.1953
Zuschauer: 29.000
Schiedsrichter: Jakobi (Mannheim)
Tore: 0:1 Richard Kreß (44.), 0:2 Erich Dziwoki (47.)

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1. FC Nürnberg Eintracht Frankfurt

  • Fösel
  • Kapp
  • Kraft
  • Bergner
  • Baumann
  • Schober
  • Schiffer
  • Schweinberger
  • Schade
  • Winterstein
  • Kallenborn

 


 

Trainer
  • ??
Trainer

So spielte eine Meisterelf

Eintracht wie aus einem Guß

Woran wohl wenige unter den 27000 Zuschauern im Nürnberger Zabo gedacht hatten, traf ein: Der Club, der in den letzten Wochen imponierend aufgespielt hatte (5:0 gegen Bayern und ein aufsehenerregendes 3:3 in Wien gegen die österreichische Nationalelf), unterlag der Frankfurter Eintracht zu Hause mit 0:2.

Wenngleich viele der manchmal höchst unobjektiven Zuschauer anderer Meinung waren, so muß doch festgestellt werden, daß dieser Sieg der Frankfurter durchaus verdient war — verdient deshalb, weil sie das mannschaftlich stärkere Spiel zeigten, mehr Raffinessen im Stürmerspiel offenbarten, gelöster und freier in den Kombinationen waren. Schade, daß beim Club Herbolsheimer und Morlock fehlten. Sie hätten in das Spiel der Nürnberger vielleicht mehr Selbstvertrauen und mehr Schwung gebracht. Schiffer und Kallenborn konnten sie nicht ersetzen.

Eintracht-Abwehr bombig

Der Club begann mit erstaunlichem Schwung das Spiel. Schober als linker Läufer fädelte durch seine großartige Balltechnik und seinen Blick für den nächsten freistehenden Nebenmann geschickte Angriffe ein. Aber schon zu diesem Zeitpunkt zeigte sich, daß die Frankfurter mit Wloka, Bechtold und Kudraß eine Abwehr hatten, die durch die etwas schematisch wirkenden Clubangriffe kaum vor unlösbare Aufgäben gestellt wurde. Schiffer, ohne Spielwitz, hielt als Rechtsaußen zu wenig seinen Platz. Er versuchte ein um andere Mal, durch Flankenläufe in die Mitte Unruhe in die Frankfurter Abwehr zu tragen — es gelang ihm nicht. Immer wieder sprang ihm der Ball vom Fuß oder Kudraß fegte mit befreiendem Schlag dazwischen. Schweinberger, der noch in Wien ein so überragendes Spiel als Vertreter von Morlock geliefert hatte, enttäuschte. Er war wohl fleißig und von überraschender Kondition, blieb aber in den Kombinationen des Clubs der Spieler, der nicht schnell genug den Ball weiterleitete, sondern zuviel Zeit brauchte, um das Spiel im Fluß zu halten.

Schade allein, der sich zudem noch bei Wloka in sicherer Hut fand, konnte die Partie nicht entscheiden. Er hatte die größte Chance, als er Mitte der zweiten Halbzeit allein durchlief und von Bechtold gefoult wurde, aber Schiedsrichter Jacobi ließ den Vorteil gelten. Als Schade dann den entgegenstürzenden Henig nicht umspielen konnte und so die einzige, offensichtliche Chance der Nürnberger vergeben war, empörten sich die Zuschauer zu Unrecht über Jacobis Entscheidung (Abstoß). Sie pfiffen, johlten und brachten dadurch von außen eine Unruhe ins Spiel, die gefährlich hätte werden können, wenn die Frankfurter im Gefühl ihres sicheren Sieges (zu diesem Zeitpunkt führten sie bereits 2:0) nicht mit Selbstsicherheit und Ruhe aufgespielt hätten.

Und brillantes Innentrio

Die Hintermannschaft des Clubs mußte auf der Hut sein. Weilbächer, Kreß und Pfaff zeigten, daß sie in der Tat ein Innentrio bilden, das durch seine Schnelligkeit, durch seine Wucht und auch durch sein technisches Können eine ungeahnte Gefahr bedeutet. Dieser Mannschaftsteil ist heute Frankfurts Stärke. Pfaff hing ziemlich weit zurück. Beinahe als vierter Läufer zog er von hinten ein gefälliges Spiel auf. schickte Weilbächer und Kreß mit Steilpässen in den freien Raum und sorgte dafür, daß der Clubsturm bei seinen Angriffen ohne Erfolg blieb; denn Pfaff markierte, gerade noch einen Vorstoß ausführend, im nächsten Moment einen der Nürnberger Stürmer vor dem eigenen Strafraum. Schweinberger und Winterstein sahen sich jedesmal mehr Deckungsspielern gegenüber als sie erwartet hatten. Kreß war der wuchtige, zielstrebige Mittelstürmer, wie wir ihn nach allen vorangegangenen Kritiken erwartet hatten. Er setzte dem routinierten Baumann schwer zu, brach nach allen Seiten aus und versuchte durch wuchtige Weitschüsse zu Erfolg zu kommen. Er sicherte auch Frankfurts wichtige l:0-Führung, als er von Pfaff geschickt eingesetzt wurde und aus spitzem Winkel Torhüter Fösel überwand. Technisch brillant, schnell und mannschaftsdienlich empfahl sich Weilbächer, ein großes Talent. Wie er mit Pfaff geschickt die Bälle nach vorn trug, nichts ohne Sinn und Ueberlegung machte, das war eine großartige Leistung.

Kaltschnäuziger Wloka

Man kann verstehen, daß Nürnbergs Läuferreihe die nach 15 Minuten durch die Verletzung Schobers viel an Stärke verlor, nicht zu jenem eleganten Spielaufbau kam, den man sich erhofft hatte. Das war auch die Erklärung dafür, daß der Club nie Aussicht hatte, den 2:0-Vorsprung der Frankfurter noch aufzuholen, auch dann nicht, als er nach Jacobis richtiger Entscheidung mehr mit Kraft und mit stürmischem Einsatz kämpfte, als den Ball elegant zuzuspielen und sein Glück in wirklichen Kombinationen zu suchen. Der Club verlor die Linie und stärkte damit Frankfurts Selbstvertrauen. In der Frankfurter Abwehr überragte Wloka. Kaltschnäuzig und ehrgeizig, ließ er Schade keinen Meter freien Raums. Immer wieder spritzte er tollkühn in an Schade adressierte Vorlagen und zeigte auch im Stellungsspiel seine große Klasse. Insgesamt sah Nürnberg eine Eintracht, die dafür prädestiniert ist, zum zweitenmal hintereinander süddeutscher
Meister zu werden. Die Elf war stärker und schneller als Offenbach, spielte ungehemmter auf und inszenierte Angriffe, die nie mit Planlosigkeit oder mit überhasteter Eile zu Ende geführt wurden.

Kurz zum Spielverlauf: Schobers Verletzung nach 20 Minuten dämpfte den ungestümen Offensivdrang des Clubs. In der 39. Minute rettet Bergner auf der Linie, als Dziwoki zum Schuß gekommen war. In der 44. Minute kam die Frankfurter Führung: Kreß übernahm eine Vorlage Pfaffs, schoß, der Ball prallte von einem Nürnberger Abwehrbein zum 1:0 ins Netz. Nach dem Wechsel fiel die Entscheidung in der 47. Minute durch Pfaff bei einem Freistoß. Er bediente den hinter ihm stehenden Weilbächer, ein kräftiger Schuß, Fösel konnte den Ball nicht festhalten, und Dziwoki vollendete. Die große Chance des Clubs vergab Schade in der 60. Minute. (aus 'Der neue Sport' vom 30.11.1953)

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