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Eintracht Frankfurt - Hessen
Kassel |
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Oberliga Süd 1953/54 - 5. Spieltag
2:0 (1:0)
Termin: 13.09.1953
Zuschauer: 10.000
Schiedsrichter: Heuß (Aschaffenburg)
Tore: 1:0 Richard Kreß (6.), 2:0 Erich Dziwoki (88.)
Eintracht Frankfurt | Hessen Kassel |
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Trainer | Trainer
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Hessen Kassel kämpfte mit Löwenmut Dziwokis befreiender Meisterschuß Das wird ein lustiges Schützenfest, dachten die 12000 am Riederwald, als das Quecksilber Kreß schon nach fünf Minuten einen Musterpaß Dziwokis unter die Latte schmetterte. Sie dachten falsch. Die Rechnung ging nicht auf, weil sie nicht mit dem alten Schlauberger Gellesch gerechnet hatten. Der Trainer des Neulings aus Kassel tat, was wahrscheinlich jeder andere, erfahrene Mannschaftsbetreuer in seinem Fall auch getan hätte. Er schickte seine Elf mit der festen Anweisung aufs Spielfeld, den Grundsatz".Angriff ist die beste Verteidigung" über Bord zu werfen und sich von Kopf bis Fuß auf die Abwehr einzustellen. Daß gegen den Meister nichts zu gewinnen war, darüber waren sich auch die Kasselaner von vorneherein einig. Für sie gab es daher nur eine Losung: Sich so gut wie möglich aus der Affäre zu ziehen. Also beauftragte man den Internationalen Metzner, der offiziell als Halbrechter fungierte, mit der Beschattung des Eintracht-Internationalen Pfaff. Hellwig, der kräftige Halblinke und der stämmige Dinger übernahmen die Bewachung des Flitzers Kreß und der Hüne Zimmer, der als Stopper wirken sollte, wurde mit der Rolle des Auskehrers betraut. Die drei vornegebliebenen Stürmer, der schlacksige Siebert, der kleine, pfiffige Bründel und der spurtschnelle Schmidt blieben sich selbst überlassen. Sie sollten die Brotsamen aufklauben und auf Durchbruchschancen lauern. Diese Maurer-Taktik war das Gegenteil von dem, was man landläufig als schön bezeichnet. Aber sie machte sich bezahlt. Bei dem „schnellen Führungstreffer der Eintracht blieb es buchstäblich bis zur allerletzten Minute. Erst als Erich Dziwoki, der diesmal wieder den alten Angriffsschwung entwickelte, einen Freistoß Geiers erwischte und das Leder aus spitzem Winkel über Laues Hände hinweg unter die Latte schmetterte, mußte sieh Kassels Schlußmann noch einmal geschlagen bekennen.
Daß bei dieser rein defensiven Haltung der Kasselaner langsam, aber mit tödlicher Sicherheit alle Schönheit zum Teufel ging, war logisch wie der pythagoräische Lehrsatz. Eine Zeit lang sahen die 12000 ruhig zu. Dann fingen sie an zu murren, und am Ende begleitete die Gäste ein gar schrilles und lautes Pfeifkonzert in die Kabinen. Es war ebenso unschön wie das ganze Spiel — aber man konnte es den Massen nicht verübeln. So sehr auch im Fußball der Zweck die Mittel heiligt — wenn alle Spiele so verlaufen, macht es kein Vergnügen mehr, zuzuschauen. Der Dreimannsturm der Hessen stand natürlich bei der aufmerksamen Deckung der Eintracht auf verlorenem Posten. Aber man muß es Bründel, Siebert und Schmidt lassen: Sie griffen immer wieder unverdrossen und unverzagt an, der kleine Bründel tauchte überall auf und packte einige famose Tricks aus, und Henig mußte sich bei einigen Schüssen Hellwigs und Sieberts schon mächtig strecken, um eine — bei aller Ueberlegung der Eintracht — mögliche Ueberraschung zu verhindern. Bechtold fühlte sieht als rechter Verteidiger sichtlich wohler als auf der linken Seite, Wloka bremste Siebert genau so energisch wie den später in die Mitte gewechselten Schmidt (ein großes Talent), und Heilig spielte als Linksverteidiger und Kudraß-Ersatz so klar und sicher, als sei er als Verteidiger geboren worden. Laues Meisterleistung war die blitzschnelle Faustabwehr
einer unheimlichen Pfaff-Bombe. Sonst wirkte er reichlich unsicher. Aber
Hutfleß, Zimmer und Oettler assistierten ihm glänzend —
jeder der drei holte das Leder noch auf der Linie heraus, als Laue schon
kapituliert hatte. Der Aschaffenburger Schiedsrichter Heuß hatte
die Ruhe des Bundespräsidenten weg. Aber er schien eine panische
Angst vor Feldverweisen und vor Eckbällen zu haben und machte keine
sehr gute Figur. (aus 'Der neue Sport' vom 14.09.1953) |