Kickers Oxxenbach - Eintracht Frankfurt

Oberliga Süd 1952/53 - 27. Spieltag

2:0 (1:0)

Termin: 29.03.1953
Zuschauer: 30.000
Schiedsrichter: Eberle (Stuttgart)
Tore: 1:0 Kraus (43.), 2:0 Baas (62., Elfmeter)

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Kickers Oxxenbach Eintracht Frankfurt

  • Zimmermann
  • Emberger
  • Magel
  • Schreiner
  • Kämmerer
  • Keim
  • Kaufhold
  • Kraus
  • Kircher
  • Baas
  • Weber

 


 

Trainer
  • ??
Trainer

Dramatische Zuspitzung im Süden

Zu lange waren die Kickers zum Gespött ihrer Anhänger geworden, zu lange hatte man sie nicht mehr ernst genommen, einmal mußte die Wendung kommen. Mochten die Scherzworte im Omnibus den Bieberer Berg hinan noch zwischen den „feindlichen" Lagern hin- und herfliegen, in Frankfurt wußte man, dies wird das schwerste Spiel für die elf Männer im Eintrachtdreß.

Schonungslos nahmen die Kickers der Eintracht den Nimbus des Tabellenführers. Gewiß, auch nach diesem 0:2 nimmt der Riederwaldclub den ersten Platz ein, aber die heimwärtsfahrenden Frankfurter Anhänger hatten düstere Mienen aufgesetzt. Ihre Zuversicht war dahin, die Offenbacher hatten aus dem Spitzengast eine x-beliebige Mannschaft gemacht. Wenn man ganz ehrlich sein will, zeichnete ein Kickersmann dafür verantwortlich: Kurt Schreiner — trefflich unterstützt von seinen zehn Freunden im Kickerstrikot.

Es ist schon so, mit Kurt Schreiner stehen und fallen die Kickers. Erinnern wir uns doch, wie war es im Vorjahr, als ein mächtiger Endspurt die Kickers fast an den Club und den VfB heranführte. Nicht zuletzt dank des Spielaufbaues Schreiners. In den letzten Wochen glitten die Kickers immer mehr in ein Form tief hinab, und wer zu dieser Zeit Schreiner spielen sah, der erkannte ihn nicht wieder. Der Palmsonntag brachte den begeisterten Offenbachern den alten Kurt Schreiner zurück und ließ sie die Wiederauferstehung der Kickerself miterleben.

Vom Anpfiff an fanden die Offenbacher ihr Spiel, Schreiner und Keim warfen über die Eintracht ein Kombinationsnetz, aus dem sich die Frankfurter bis zum Schlußpfiff nicht mehr befreien konnten. Auf dem Rücken trug Schreiner die Nummer Vier, aber man konnte ihn als Offenbachs sechsten Stürmer bezeichnen, so oft drang er in Wlokas Strafraum ein. Wenn Pfaff jedoch gedacht hatte, er könne daraus Vorteile ziehen, so hatte er sich geirrt. Denn Schreiner vernachlässigte die Deckung keineswegs, er ließ Pfaff gar nicht zur Entfaltung kommen — ohne ihm auf den Fußspitzen zu stehen — und raubte dem sonst so listigen Frankfurter so die Laune, daß Pfaff späterhin die Bälle oftmals verärgert irgendwohin spielte.

Mit dem bisher Gesagten soll es jedoch nicht so aussehen, als hätte Schreiner alles allein geschafft. Die Kickers waren vom Willen beseelt, die Eintracht zu bezwingen und dem Spitzenreiter zu zeigen, daß eine Offenbacher Mannschaft von Format ihm immer noch das Wasser abgraben kann. Das Vorhaben ist restlos geglückt: Offenbach spielte so, wie wir es aus der vergangenen Saison her gewöhnt sind und wie wir es vor über zwanzig Jahren von ihrem heutigen Gegner gezeigt bekamen. Die Schwächen in der Abwehr schienen wie weggeblasen. Magel markierte Dziwoki messerscharf, Emberger wurde mit Ebeling gut fertig und Kemmerer gewährte Schieth kein Pardon.

Die Eintracht kam einfach nicht dazu, ihr Spiel aufzuziehen. Wo blieb das Zuspiel der Außenläufer? Sie konnten bis zur Pause an keinen Spielaufbau denken, so sehr hatten die herrlichen Kombinationen des Kickerssturmes den Krömmelbein und den Heilig in die Abwehr verbannt. Wloka hatte mit dem ständig rochierenden Kircher erhebliche Schwierigkeiten, und hätte Weber nicht seine Dribblings endlos in die Länge gezogen, wie leicht wäre die Eintrachtabwehr schon früher ausgebootet worden.

So schien man die erste Halbzeit gut zu überstehen, als doch noch die Offenbacher die Führung erzwangen. Von Anfang an hatten sie die Herrschaft im Mittelfeld übernommen, die Zahl der Eckbälle stieg zu ihren Gunsten rasch an, und bei Henig durfte man sich im Eintrachtlager bedanken, daß es bis zur 43. Minute immer noch 0:0 stand. Schon in der 3. Minute mußte er einem Schuß Schreiners aus dem Hinterhalt gerade noch über die Latte lenken. Kniend riß er in der 17. Minute einen Scharfschuß von Baas in seine Arme. Im Sprung bekam er in der 31. Minute einen jähen Drehschuß Kaufholds zu fassen, weil kein Druck hinter diesem Schuß steckte.

Immer seltener konnte sich die Eintracht aus der Umstrickung freimachen. Das Offenbacher Spiel geriet immer mehr in Fluß, nur noch schneller mußte der Ball weitergeleitet werden. In der 36. Minute wurden die Eintrachtanhänger kreidebleich: Kircher flankte nach einem Lauf an der Außenlinie entlang, Kaufhold schoß wie ein Torpedo dem hereinschwebenden Ball entgegen, und Henig stellte sein gutes Reaktionsvermögen unter Beweis, als er den scharfen Kopfball noch mit einer Hand herunterschlagen konnte. Wloka besorgte vor dem heranstürzenden Baas den Rest. Immer stärker hetzten die Offenbacher die Eintrachtabwehr hin und her. Henig bekam bei einem Schuß Kirchers gerade noch eine Faust an den Ball und lenkte zur 6. Kickers-Ecke ab.

Fast mit dem Pausenpfiff kam die Eintracht erst zu ihrem ersten Eckball. Zu diesem Zeitpunkt stand es 1:0. Krauß erhielt den Ball von Kircher, ließ mit einer raffinierten Hüftdrehung Krömmelbein, Wloka und Heilig ins Leere laufen und drang mit dem Ball in den Strafraum ein. Henig beging den Fehler, die Torlinie zu verlassen und sah den Flachschuß nur noch an sich vorbei ins Netz zischen.

Hatte Offenbach an dem 1:0 genug? Fast schien es so, denn Schreiner ging nach der Pause weniger aus der eigenen Hälfte heraus. Man ließ der Eintracht mehr Raum. Hatte man schon erkannt, wie unzureichend heute der Frankfurter Sturm war? Nun, in der 62. Minute erhöhte Offenbach auf 2:0, und jeder wußte, diesen Vorsprung holt die Eintracht nicht mehr auf. Die Vorgeschichte zum zweiten Kickerstreffer war wenig schön. Heilig zog dem im Strafraum eingedrungenen Kircher die Beine weg, und Kudraß trat dem am Boden liegenden Mittelstürmer in die Verlängerung des Rückens. Eberle pfiff und deutete auf den Elfmeterpunkt. Als Vollstrecker lief Baas an und gab Henig keine Chance.

Gewiß, einmal jubelte der Eintrachtanhang auf, als Ebeling in der 65. Minute ein Tor erzielte, und etliche wurden bitterböse, als Eberle diesen Treffer nicht anerkannte. Doch Dokter hatte als fliegender Sandsack Zimmermann zu Boden gerammt, ehe Ebeling zum Schuß kam. Zu einem Endspurt hatte die Eintracht keine Kraft mehr. Zu sehr hatte die Ueberlegenheit und das bessere Können der Kickers den Spitzenreiter erschüttert. (aus 'Der neue Sport' vom 30.03.1953)

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