1860 München - Eintracht
Frankfurt |
Oberliga Süd 1952/53 - 26. Spieltag
1:1 (1:0)
Termin: 15.03.1953
Zuschauer: 25.000
Schiedsrichter: Reinhardt (Stuttgart)
Tore: 1:0 Mondschein (42.), 1:1 Werner Heilig (80.)
1860 München | Eintracht Frankfurt |
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Trainer
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Eintracht auf dem Meisterweg Henig in phantastischer Form In München hofften die Anhänger des TSV 1860 bis zum Sonntagnachmittag immer noch auf ein Wunder. Die Frankfurter Eintracht aber, auf ihre einmalige Kampfkraft vertrauend, machte nun allen Theoretikern einen Strich durch die Rechnung. Die „Löwen" sind endgültig abgeschrieben. Spitzenreiter gegen den Vorletzten der Tabelle, hieß das auf dem Papier ungleiche Duell. Daß sich die Frankfurter der Schwere dieses Kampfes bewußt waren, lohnte sich. Ja, sie liebäugelten zunächst auch tatsächlich nur mit einem Unentschieden. Jetzt, nachdem es geschafft ist, werden wiederum viele Beobachter behaupten, die Eintracht habe ein unverschämtes Glück gehabt, denn tonangebend waren die Gastgeber. Ihre beste Zeit hatten die Gäste zweifellos in der ersten Halbzeit, als sie mit dem Wind im Rücken spielten. Hervorstechend waren zu diesem Zeitpunkt die exakten Paßzüge, die selbst über Entfernungen von dreißig Meter genau den Mitspielern auf den Fuß serviert wurden, So stand das Tor von 1860 mehrmals im Brennpunkt des Geschehens. Flachschüsse von Mittelstürmer Schieth, der den Stopper Sommer schwer beschäftigte, strichen nur um Millimeter an dem Pfosten vorbei. Im Mittelfeld diktierten Heilig und Dokter das Tempo. Der blonde, etwas füllige Halbrechte stand stets dort, wohin die Münchener abspielten. Nach Kräften setzte auch Pfaff seinen Außen Ebeling ein. Der linke Flügel war es dann auch, der sich die größte Chance herausarbeitete. Ebeling gab eine Steilvorlage zu seinem Halblinken, ein rasanter Antritt, und schon hatte Pfaff die gesamte 1860er Abwehr überlaufen und stürzte allein dem Münchener Torwart zu. Aber an der Strafraumgrenze erreichte ihn das Bein des Verteidigers Hasenstab. Pfaff stürzte bis zur Elfmetermarke. Der an der Sechzehnmeterlinie verhängte Freistoß landete in den Photographen. Allmählich kamen die Gastgeber auf Touren. Eine Umstellung (Knauer als Läufer und Link als Stürmer) zeitigte ihre Früchte. Mit vereinten Kräften hielt die Eintrachtabwehr dem Ansturm stand. Aber drei Minuten vor dem Halbzeitpfiff mußte sie sich geschlagen geben. Die Ursache: Verteidiger Bechtold rückte zu weit auf, weit in der Hälfte der „Löwen" verlor er einen Zweikampf, Münchens Linksaußen Zausinger zog mutterseelenallein mit dem Leder davon. Kudraß spurtete vom anderen Ende heran und versuchte noch die Notbremse zu ziehen. Doch Zausinger erkannte die Chance, paßte zu dem frei gewordenen Rechtsaußen Mondschein, der Henig aus sechs Meter das Nachsehen gab. Nach Seitenwechsel spielte eine halbe Stunde lang nur 1860. Unaufhörlich rollten die Angriffswellen über die Eintrachtdeckung heran. Pfaff und Dokter kamen nicht mehr über die Mittellinie hinaus. Mutig warfen sich immer wieder die Frankfurter Verteidiger in die Schüsse. Heilig schuftete für drei. Aber alles hätte nichts geholfen, wenn nicht ein Mann seinen besten Tag gehabt hätte: Torwart Henig. Er brachte die „Löwen" und mit ihnen die 25000 Zuschauer schier zum Verzweifeln. Ein 3:0 hätte dem Spielverlauf durchaus entsprochen. Doch die Eintracht konnte warten. Je länger sich das Spiel hinzog, desto mehr kamen die Gäste wieder auf: Das Geheimnis einer hervorragenden Kondition. Die 80. Minute brachte dann doch das unerwartete Remis. Dokter wurde im gegnerischen Strafraum gefoult, Ebeling trat den fälligen Freistoß und bluffte die „Löwen"-Abwehr, welche eine vielbeinige Mauer gebildet hatte. Anstatt des erwarteten Schusses aufs Tor, folgte ein kurzer Paß zum freistehenden Dziwocki, der Rechtsaußen kurvte aufs Münchener Tor. Reaktionsschnell parierte Torhüter Strauß seine Bombe, aber den hochgestiegenen Ball köpfte der nach vorne geeilte Außenläufer Heilig zum 1:1 ein. Daß in der Schlußminute für die Eintracht der Pfosten rettete, sei nicht verschwiegen. Hat die Eintracht in München enttäuscht? Viele
Besucher dieses temperamentvollen Kampfes mögen die Frage bejahen.
Sie erwarteten sich vom Spitzenreiter auch überlegenes Feldspiel,
das jedoch die Münchener vorführten. Dem Fachmann war es aber
von der ersten Minute an klar, daß die Frankfurter mit der taktischen
Einstellung eines Unentschiedens auf den Rasen kamen. Diese Aufgabe erfüllten
sie hundertprozentig. Sie war allerdings nur zu lösen, weil Henig
so prächtig hielt. Selten sah man an der Isar einen klügeren
Schlußmann als Henig. Lobenswert war auch das Spiel des Verteidigers
Kudraß, der ohne Zweifel mit zu den Besten Süddeutschlands
zählt. Weitere Spielerpersönlichkeiten der Eintracht: Heilig
und Schieth. (aus 'Der neue Sport' vom 16.03.1953) |