Kickers Oxxenbach - Eintracht Frankfurt

Oberliga Süd 1949/50 - 14. Spieltag

6:2 (3:1)

Termin: 18.12.1949
Zuschauer: 8.000
Schiedsrichter: Schmetzer (Mannheim)
Tore: 0:1 Hubert Schieth (1.), 1:1 Baas (26.), 2:1 Wirsching (26.), 3:1 Schmidt (36.), 4:1 Picard (67., Handelfmeter), 4:2 Hubert Schieth (71.), 5:2 Picard (75.), 6:2 Picard (86.)

 

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Kickers Oxxenbach Eintracht Frankfurt



 

Trainer Trainer

 

Umgestelltes Offenbach, kopflose Eintracht

Eintracht-Spieler bezwangen die Eintracht

Kickers-Stürmer spielen und schießen wieder - Aber Eintracht führte 1:0

Man muß schon Einheimischer sein und die Verhältnisse am Main seit Jahr und Tag kennen, um zu wissen, welch große Bedeutung diesem Spiel zukam. Für Offenbach jedenfalls ging es nicht nur um Punkte, nicht nur um den Anschluß an das Mittelfeld oder an die Spitzengruppe, für die Offenbacher handelt es sich darum, nur ausgerechnet gegen die Eintracht nicht zu verlieren. Das Spiel ist nun einmal in Offenbach Stimmungssache und gerade bei dieser Begegnung herrschte Begeisterung schon Tage zuvor.

Am Samstag beinahe abgesagt

Das schlechte Wetter der Vortage hatte die neue Platzanlage fast unspielbar gemacht und am Samstag war man nahe daran, die Sache abzublasen. Aber zahlreiche tüchtige Hände, dazu ein sehr starker Wind, haben dann doch noch das schier Unmögliche zur Tatsache gemacht und am Sonntagnachmittag präsentierte sich das Hauptspielfeld in einer ganz beachtenswerten Verfassung. Es war jedenfalls der geeignete Untergrund für ein Spiel zweier technischer Mannschaften, wobei natürlich die Leichtgewichtler besser zum Zuge kamen.

Picards Wucht sehr belebend

Kickerstore waren zuletzt Mangelware geworden. Man haderte in Offenbach mit dem Sturm wegen dessen Ueberkombination. Picard, der Allroundkämpfer der Offenbacher, mußte in den Angriff. Das war kein Fehlgriff. Der Anton brachte Schwung und Rasanz in diese Reihe und wo vorher zimperlich hin und hergepaßt wurde, da sah man Wucht und kräftige Torschüsse. Die andere Umstellung der Offenbacher bewährte sich noch mehr, denn selten nat der linke Flügel so flüssig gespielt und so erfolgreich abgeschnitten wie diesmal, als ihn Baas und Wirsching bildeten.

Neue Namen: Magel, Kämmerer

Wenn man schon die Leistung der Offenbacher überhaupt ins rechte Licht rücken will, muß man sich vergegenwärtigen, daß vor wenigen Monaten noch sechs Spieler in der Meistermannschaft standen, die man ruhig als Asse bezeichnen durf'te und die teils aus diesen, teils aus jenen Gründen in den letzten Wochen ausgewechselt werden mußten. Es will schon verstanden sein, einen Schepper, Keller, Nowotny zu ersetzen und dazu noch innerhalb einer Woche auch auf Kaufhold, Buhtz und Weber freiwillig (und mit Absicht!) zu verzichten. Es spricht jedenfalls sehr für die gute Gesamtleistung der Offenbacher daß sie sich so rasch wieder gefangen haben es spricht aber auch für den Einsatzwillen derer, die seither nicht im Rampenlicht standen daß sie sich ebenso schnell nach vorn gespielt und durchgesetzt haben. Damit meine ich Magel, Kammerer und Keim, sowie im Sturm diesmal Wirsching und Baas.

Eintracht 30 Minuten überlegen

Die Frankfurter Eintracht hatte einen sehr guten Start und eine brillante erste halbe Stunde. Kein Mensch hätte in dieser Phase auch nur einen Deut für die Kickers gegeben. Nach dem Blitztor der Eintracht jedenfalls dominierten die Rotschwarzen eindeutig und führten auch auf dem schlüpfrigen Parkett ein Klassefußballspiel vor. Da gab es kein Ballhalten, da gab es kein Getändel, produktiv und rationell lief der Ball von Mann zu Mann und im gegnerischen Torraum wurde nicht lange gefackelt. Nur zu leicht hätte aus dem 1:0 das 2:0 werden können und damit denkt man zunächst einmal an den herrlichen Moment, den Schieth heraufbeschwor und an dem später seine Nebenmänner stark beteiligt waren, als bei einer Kanonade auf das Kickerstor zunächst Emberger und dann Magel auf der Linie stehend gerade noch abschlagen konnten. Wäre dieses 2:0 Tatsache geworden, wer weiß wie das Ergebnis am Ende gelautet hätte.

Unerwartet: Offenbacher Führung

Spiellaune und Tagesform aber waren doch bei den Kickers, vielleicht auch im entscheidenden Moment ein klein wenig Glück. Jedenfalls kamen die Offenbacher zum Ausgleich gerade in dem Moment, an dem man am wenigsten damit gerechnet hatte. Gewiß hatten sie einige Chancen, aber die Torgelegenheiten waren keineswegs zwingend. Da kam wie ein Blitz aus heiterem Himmel eine Kerze eines Frankfurters in den eigenen Strafraum, man sah einen rasch hinzueilenden Schreiner, der den Ball über Picard weiter leitete zum Linksaußen und Baas markierte das 1:1. Und nicht genug damit: Noch war die Eintracht recht depremiert, noch war sie unschlüssig und wiederum war der nächste Ball im Eintracht-Strafraum. Wiederum war Baas da und diesmal schoß Schreiner scharf und Wirsching vollendete. Zwei Tore innerhalb einer Minute, das war doch zu viel auch für eine bis dahin dominierende Mannschaft, wie die der Eintracht.

Offenbachs große Zeit

Sie erschrack offensichtlich über ihr eigenes Mißgeschick. Wo vorher zügig gespielt wurde, gab es nun Hemmungen. Das dritte Tor war ein wunderschöner Eckball von Adolf Schmidt und das wird wohl die meisten Zuschauer deshalb erfreut haben, weil Schmidt einer der besten Offenbacher war und am Umschwung seiner Mannschaft maßgebenden Anteil hatte. Selten jedenfalls hat man den Offenbacher Außenläufer in einer so offensiven Form gesehen, selten hat ein Außenläufer seinen Sturm mit Vortagen so überschüttet, wie es Schmidt diesmal tat.

Glaubte man nach der Halbzeit an einen Umschwung, so sah man sich darin sehr getäuscht. Die Offenbacher spielten zwar nicht wie sonst gegen ihr Trainingstor, sondern sie mußten die zweite Hälfte gegen Bieber zu spielen. Aber auch jetzt ließen sie sich nicht beirren und ihre Stürmerleistungen, insbesondere die des Innensturms, erreichten zeitweise die bestechende Form der entscheidenden Spiele des Vorjahres. Zwar mußte erst ein Elfmeter das vierte Tor vollenden, zwar gab es auch einen sehr schönen zweiten Treffer der Eintracht, den Schieth in geradezu mustergültiger Manier erzielte, aber der Rest gehörte ausnahmslos den Offenbachern, die durch ihren Sturmtank Picard noch zweimal ins Schwarze trafen.

Baas vertrat Weber glänzend

Die Offenbacher beherrschten klar das Mittelfeld und das war spielentscheidend. Neben Schmidt setzte sich Magel prächtig in Szene und nach anfänglicher Unsicherheit übertraf sich die Abwehr insbesondere nach der Pause, selbst und Emberger lieferte wiederum eines seiner besten Spiele. Und die Offenbacher freuten sich über die wiedergefundene Form ihrer Angriffsreihe. Hier waren Schreiner und Wirsching diejenigen, die Ball um Ball aufnahmen, verwendungsfähig weiterleiteten und sich im entscheidenden Moment prächtig einsetzten. Und das schein beachtlich zu sein, denn der Rechtsaußen Maier sah sich bei Bechtold ziemlich matt gesetzt, während aber Linksaußen Baas Weber tatsächlich vergessen ließ. Krönte das Offenbacher Mittelfeldspiel die Leistung einer Mannschaft, so verschaffte der Sturm dieser zahlenmäßigen Ausdruck durch saftige Torschüsse.

Eintracht taktisch schlecht beraten

Es will mir eigentlieh nicht recht einleuchten, warum eine Mannschaft, die im Zuge ist, plötzlich umschaltet und einen ihrer Stürmer in die Defensive beordert. Das war kein glücklicher Griff, Krömmelbein, einen der fähigsten Frankfurter Spieler in die Deckung zu verbannen. Für die Bewachung von Picard stand doch Kesper bereit und Krömmelbein hätte als Angreifer weit mehr leisten können. Ein ausgesprochener Ausfall bei der Eintracht war der rechte Läufer Wloka und auch von den Stürmern hätte man doch mehr kämpferischen Finsatz erwartet. Schieth stand allein auf weiter Flur. Er, der Mathematiker des Fußballspiels, machte auch diesmal seinem Namen alle Ehre. Nichts zu sagen auch gegen Kesper, diesen großen Schaffer, kein Wort gegen Kudras, der sich unermüdlich 90 Minuten lang abrackerte, aber auch nichts einzuwenden gegen Bechthold, der Maier lahm legte.

Schiedsrichter Schmetzer, der eine hervorragende Partie geliefert hat, meinte: „Ich bin zufrieden mit dem Spiel, aber auch mit den Spielern. Sie habin sich recht anständig und verständnisvoll benommen und jedenfalls viel mehr Weitblick und Vernunft gezeigt, als manche Zuschauer. Bester der Offenbacher war fraglos Adolf Schmidt und wenn Sie mich nach dem Besten der Eintracht fragen, nun, das ist schwer zu sagen." (aus dem 'Sport-Magazin' vom 21.12.1949)

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