Eintracht Frankfurt - Yorck Boyen Insterburg

Deutsche Meisterschaft, Gruppe 1 1937/38 - 5. Spiel

5:0 (3:0)

Termin: 08.05.1938
Zuschauer: 4.000
Schiedsrichter: Markert (Kassel)
Tore: 1:0 August Möbs (29.), 2:0 Fritz Linken, 3:0 Emil Arheilger (36.), 4:0 Albert Wirsching (49.), 5:0 Albert Wirsching (61.)

 

>> Spielbericht <<

Eintracht Frankfurt Yorck Boyen Insterburg

 


  • Turkowski
  • Actuhn
  • Matteit
  • Wilczek
  • Furche
  • Kuschel
  • Tittnack
  • Albrink
  • Schulz
  • Täger
  • Dominik

 

Trainer Trainer

 

 

 

An Eintrachts Innensturm lag's

Ein schöner 5:0 Sieg, der aber nicht ausreichte

Die Hoffnung ist ewig. Während in Hamburg schon der Gruppensieger gefeiert wird, rechnet man in Frankfurt mit Dezimalzahlen und spürt den Möglichkeiten nach, die ja wahrscheinlich doch nur fromme Wünsche bleiben. Aber im Fußball ist keine Möglichkeit unmöglich, und so hatte man der Eintracht gesagt: Ihr müßt gegen Insterburg 9:0 gewinnen, dann schafft ihr es mit einem 5:0 gegen Hamburg. Die Rechnung ging nicht auf, die Eintracht-Stürmer kamen mit dem Fahrplan in Konflikt, es wurde nur ein 5:0, und jetzt müßte man dem HSV. schon mit sechs Toren auf den Leib rücken. Unmöglich? meinen Sie, unmöglich ist es nicht, aber es müßte sehr seltsam zugehen ...

Mit dem Wörtchen „nur" tut man der Eintracht leicht Unrecht. Sie hat jetzt in zwei Spielen 10:0 Tore geschossen, sie hat zweifellos bessere Ergebnisse erzielt als der HSV., der vor acht Tagen gegen dieselben Insterburger nur 3:1 gewann (und nicht einmal so überzeugend, wie uns ein Insterburger erzählte). In ihrem begreiflicherweise unersättlichen Torhunger sahen die Frankfurter allzuviel darauf, wenn ein Torschuß nicht saß. Es ist ja immer nur ein Teil der Torchancen, die eine Mannschaft auszunützen pflegt. Ein 5:0 ist also auch dann ein gutes Ergebnis, wenn es nicht ausreicht, um den verlorenen Boden gutzumachen. Die wahren Enttäuschungen liegen Wochen zurück!

Die Chancen waren gering. Die Insterburger „zogen" nicht. Der Tag in Frankfurt war bis an den Rand mit Sportereignissen gefüllt, und viele lockte die so selten gewordene Sonne ins Weite. Trotzdem waren noch über 4000 Zuschauer gekommen. Der Stamm der Eintracht-Anhänger, der auch Enttäuschungen standhält, wie er sie in Stettin und Hamburg erleben mußte.

Es begann schon wenig vertrauenerweckend,

als man die Mannschaftsaufstellungen erfuhr. Der Tormann L. Schmidt und der Mittelstürmer A. Schmitt, ebenso der Rechtsaußen Röll, mußten bei der Eintracht ersetzt werden, da griff man eben wieder auf Peutler, Möbs und Ehmer zurück. Auch die Insterburger hatten umgestellt, es waren auch hier keine Ersatzleute, sondern Auswechselspieler, die die weite Reise mitgemacht hatten. Die Eintracht spielte daher mit Peutler; Groß, Stubb; Becker, Lindemann, Zipp; Ehmer, Wirsching, Möbs, Arheilger, Linken. Insterburgs Soldaten im schwarzweißen Dreß mit dem Hoheitsabzeichen standen mit Turkowski; Actuhn, Matteit; Wilczek, Furche, Kuschel, Tittnack, Albrink, Schulz, Täger, Dominik. Schiedsrichter war Markert-Kassel.

Wenn die Soldaten ...

... Fußball spielen, dann bekommt man einen strammen, harten Kampf zu sehen. Sie sind große, kräftige Leute, die mit ihrer Körperkraft bis zum letzten Sekündlein mit der gleichen Standhaftigkeit aushalten, wie ein Soldat auf seinem Posten auszuharren hat. Sie hatten den besten Willen, aber über diesen besten Willen ging das bessere Können der Frankfurter, die ihrem Gegner spielerisch eine Klasse überleben waren. Im Zuspiel sowohl wie in der Ballbehandlung, im Ballstoppen beispielsweise, wo es bei den Ostpreußen besonders hapert.

Und so nahm das Spiel seinen gleichförmigen Verlauf. Die Eintracht drängte, links und rechts kamen die Vorstöße. Die Insterburger, auf schmalem Raum zusammengedrängt, schlugen die Bälle, die meist gleich wiederkamen, hinaus. Hie und da ein plötzlicher Durchbruch, der war dann immer gefährlich und wurde oft nur mit Glück gestoppt, denn bei einem weiteren Gegentor war es ja noch mehr zu Ende als so schon!

Mit so einem Durchbruch fing das Spiel an. Rechtsaußen Tittnack, allerdings in Abseitsstellung, war vorgestoßen und schickte den Ball neben das Tor.

Planmäßig schnürte die Eintracht ihren Gegner ein.

Bei einem Gewühl waren soviel Menschen da, daß der Ball im Knäul verschwand, und ein neues Gewühl brachte nur einen Eckball. Dann kam ein neuer Durchbruch, Albrink schoß daneben, Linkens Strafstoß zischte auch vorbei, und dann hatte Möbs Arheilger freigespielt, aber der „schaufelte" den Ball über die Latte. Neue Kombination Ehmer—Linken—Arheilger, Arlheilgers Bombe wurde von Turkowski gemeistert. Nun zielte Wirsching neben den Pfosten. Es war schon zum Verzweifeln, da endlich leitete Ehmer mit einem Strafstoß das erste Tor ein. Ueber Linken und Arheilger kam der Ball zu Möbs, der ihn in der 29. Minute einschoß. Und weils so schön war, nützte Ehmer einen Abseits-Freistoß zu einem schnellen Flankenlauf, gab zur Mitte, wo alle möglichen Spieler am Ball waren, bis Ehmer selbst hinzukam und einköpfte. Gleich darauf schoß Ehmer haarscharf vorbei. Seine Flanke in der 36. Minute knallte Arheilger in der 36. Minute dann zum 3:0 ins Netz.

Kurz nach der Pause wieder ein neuer Angriff, ein Lattenschuß Arheilgers, und den Nachschuß hob Wirsching überweg. Aber in der 4. Minute schob er Linkens Vorlage (abseits stehend) zum 4:0 ein. In der 16. Minute sorgte Wirsching auf Flanke Ehmers mit wohl berechnetem Flachschuß für das Endergebnis. Arheilger und Möbs verschossen wenig später. Allmählich machte sich aber doch bemerkbar, daß die Insterburger im Stehvermögen besser dran waren, und nun hatte die Eintracht-Deckung wieder mehr zu tun. Es war wirklich Pech, wenn Schulz die Flanke Tittnacks auf den Mann knallte, wenn Schulz nochmals frei über die Latte feuerte. Bei den Frankfurtern köpfte Wirsching noch einmal daneben, einen Strafstoß zielte er auf den knienden Hüter, Bomben von Arheilger und Linken gingen in den zwei letzten Minuten links und rechts vorbei.

Bei der Eintracht gab es an der Hintermannschaft gar nichts auszusetzen, auch mit Peutler war man zufrieden. Der große Mann in der Läuferreihe war wieder Lindemann, neben dem Zipp und Becker tadellos arbeiteten. Im Sturm waren Ehmer und Linken lebendig auf den Außenposten, während im Innensturm diesmal das „große Feuer" ziemlich ausblieb.

Insterburg hatte gute Deckungsspieler, vor allem Turkowski hütete aufmerksam. In der Läuferreihe kämpfte Furche tapfer, im Sturm war der rechte Flügel am stärksten.

Markert-Kassel leitete das Spiel, von einigen Irrtümern abgesehen, ansprechend. (aus dem 'Kicker' vom 10.05.1938)

 

 


 

 

Eintracht Frankfurts später Endspurt

Eintracht Frkft. — York Insterburg 5:0

Frankfurt, 8. Mai

Ein begabter Mathematiker unter den Sportschriftleitern hat ausgerechnet, daß die Eintracht noch Gruppenmeister werden könnte, wenn sie Insterburg mindestens 9:0 und den HSV. 5:0 schlägt. Er hat sich umsonst den Kopf zerbrochen. Gegen Insterburg gab es nur ein 5:0 und gegen den HSV. ist bei diesen Leistungen an einen hohen Sieg nicht zu denken.

Der HSV. ist für uns Frankfurter allerdings auch noch ein Rätsel, denn sein mageres 3:1 gegen die braven Insterburger ist nicht gerade erschreckend. Alles in allem wird die Eintracht schließlich im letzten Spiel doch noch den Kassenerfolg haben, den sie dringend ersehnt und braucht. Weitergehende Hoffnungen sind Phantastereien.

Der Ostpreußenmeister zählt zu jenen Mannschaften, die noch viel zu lernen haben. Guter Wille und Kondition, die vorhanden sind, machen es allein noch nicht. Die Mängel liegen im Technischen. Das Ballgefühl ist nicht genügend ausgeprägt. Die Spieler haben noch zuviel Mühe, den Ball ihrem Willen zu unterwerfen, d.h. ihn genau zu stoppen, zuzuspielen, abzuschlagen und zu schießen. Erst wenn diese Mängel behoben sind, wird Insterburg auch der großen Konkurrenz im Reich gefährlich werden.

Die Eintracht dagegen hat diese elementaren Mängel natürlich nicht. Aber sie ist gegen früher doch sehr schwach geworden. Das genaue flache Zuspiel ist verlorengegangen. Oft fehlt es auch an der Übersicht. Die Taktik, überhaupt nicht Platz zu halten, ist nur dann brauchbar und sogar sehr gefährlich, wenn ein ständiger Stellungswechsel vor sich geht, wenn die Stürmer in den freien Raum laufen, auch ohne im Besitze des Balles zu sein. Sobald diese Taktik aber in Planlosigkeit ausartet, führt sie zu nichts Gutem.

Wenn der Eintrachtssturm seine Aufgabe, mindestens neun Tore zu schießen, nicht gelöst hat, so muß ihm zugute gehalten werden, daß zwei seiner besten Schützen, nämlich der Mittelstürmer Adam Schmidt und der Rechtsaußen Röll gefehlt haben. Sie haben sogar sehr gefehlt. Die Ersatzleute Möbs und Ehmer, zwei Spieler aus der alten Glanzzeit der Eintracht, waren nicht gerade ein Ausfall, aber doch zu langsam und nicht entschlossen genug. Dazu kam, daß Arheilger vor dem Tore nicht besonders geschickt spielte und Linken auch nicht übermäßig glücklich war.

Das erste Tor ließ eine Viertelstunde auf sich warten. Aus einem Gedränge heraus schoß Möbs aus wenigen Metern unhaltbar. Kurz darauf gab Ehmer den Ball gut herein, den er selbst hätte schießen können; Linken schoß erfolglos, vermochte aber dann doch noch den Ball mit dem Kopf einzulenken. In der 33. Minute war es dann Wirsching, der einen wirklich schönen Treffer erzielte. — Nach Halbzeit schien der Torsegen zu kommen, denn schon nach wenigen Minuten schoß Wirsching, allerdings aus Abseitsstellung, ein. Der junge Halbrechte war es auch, der zehn Minuten später das fünfte Tor erzielte. Aber damit war der Torsegen zu Ende. Man spielte ungenau, und es gelang nichts mehr.

Zu verzeichnen sind noch grobe taktische Fehler der Eintracht, die drei oder vier York-Stürmer mit fünf Abwehrspielern deckte, andererseits aber gegenüber der massierten gegnerischen Verteidigung zu engmaschig spielte und zeitweise mit allen fünf Stürmern im Strafraum stand, sich selbst den Weg versperrend.      Dr. C.E.L. (aus dem 'Fußball' vom 10.05.1938)

 

 

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