Eintracht Frankfurt - Stettiner Sport Club

Deutsche Meisterschaft, Gruppe 1 1937/38 - 4. Spiel

5:0 (1:0)

Termin: 30.04.1938
Zuschauer: 4.000
Schiedsrichter: Pfeiffer (Hanau)
Tore: 1:0 Adam Schmitt (12.), 2:0 Karl Röll (47.), 3:0 Karl Röll (69.), 4:0 Adam Schmitt (71., Elfmeter), 5:0 Emil Arheilger (75.)

 

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Eintracht Frankfurt Stettiner Sport Club

 


  • Kutz
  • Thienemann
  • Drews
  • Behrens
  • Gahren
  • Hermann Schneider
  • Liedtke
  • Schmoll
  • Feth
  • Palinski
  • Bonsack

 

Trainer Trainer

 

5 Tore und nicht zufrieden !

Eintracht Frankfurt hätte gegen Stettiner SC. höher gewinnen müssen

In der Halbzeit trug sich folgendes kurze, inhaltsschwere Gesprach zwischen zwei Eintrachtanhängern zu:

„Na, was hältste devon?"
„Net viel!"
„Ich gornix!"

Ich habe nur noch hinzuzufügen, daß „gornix" in reinem Deutsch ausgedrückt „garnichts" heißt.

*

Es war kaum für möglich zu halten. Die Eintracht hockte vor des Gegners Tor. Die Eintracht trat neun Ecken. Die Eintracht kombinierte, schob hin, schob her, eng, vertrackt. Die Eintracht portugieselte mitunter, indem sie es auf halbhohe Weise versuchte — und alles, alles ging auch gut. Alles ging gut, bis man in den Strafraum kam. Dann kriselte es. Denn dann kamen die Männer in den weißen Hemden und mit den kirschroten Hosen, die berühmten Verteidiger von der Ostsee. Sie stoben und stießen in diese langweiligen Angriffswellen der Eintracht hinein, daß nichts mehr übrig blieb. Und da der Tüchtige auch noch Glück hat, ging das Ganze 1:0 aus. Mehr gab es bis zur Pause nicht.

Denn man muß auch bedenken, daß die Gäste drei kleine, resolute Blondköpfe hatten, von denen Behrens der wuchtigste war, und da sie einen Linksaußen hatten, Bonsak, der um ein Haar den Ausgleich geschossen hätte, als der brave Ludwig Schmitt ungeschickt eingegriffen hatte. (Bei dieser Gelegenheit rettete nur der heute überragende Eintrachtspieler Lindemann die Lage.)

*

Pause. Die Zuschauer schauen über das Feld, aus dem schon leise die Dämmerung eines trüben Tages hochsteigen will. Aus den gegenüberliegenden Reihen kommen die blauen Wölkchen erregter Raucher. Die grünen Spitzen von Laubbäumen gucken aus den Kiefern am Riederwald heraus. Die Stimmung ist trübe. „Ei!", sagt da einer hinter, „jetzt kann ich dere verstehe, daß die in Hamborch 5:0 verlore hawwe!"

*

Dann ging es weiter. Und schon nach zwei Minuten war alles gut. Röll schoß das 2:0. Ausgerechnet Röll, der Wackere der mit grauem Wollschal um den Hals seine Angina beschützte. Er besorgte auch das 3:0, als er mit Linken zusammen aufs Tor gelaufen war, er blieb auch ferner auf dem Damm. Als Linken etwas allzuhart gelegt wurde und es Elfer gab, weil solches im Strafraum geschah, schoß Adam Schmitt, Eintrachts bester Stürmer, das 4:0, Arlheilger machte schließlich ein fünftes Tor. Die Zahl der Vorbeischüsse und schlecht gezielten Schüsse ist Legion.

*

Die Stettiner verteidigten zuerst viel, aber sie waren nie eine Mauer. Sie spielten die ganze zweite Hälfte offen. Jene zwei großartigen Durchbrüche, die ihnen vor der Pause gelangen, waren gefährlicher als alle Eintracht-Spielereien. Nur Feth ... Wissen Sie, wer Feth ist? Feth, wie Fath, nur mit "e". Ein breiter, schwarzhaariger Spieler. Schoß in Stettin drei oder vier Tore gegen die Eintracht. Stammt aus Enkheim und macht seine Militärzeit in Stettin ab. Als er einmal hart angegriffen wurde, kamen empörte Aufschreie aus einer bestimmten Ecke des Eintrachtplatzes; nämlich dorther, wo die Enkheimer standen. Ja so, dieser gefährliche Feth wurde völlig kalt gestellt. Lindemann nahm sich seiner an.

Lindemann, der mit Adam Schmitt, Röll, Zipp zusammen das Quartett der Besten bildete.

*

Der Mensch ist nie zufrieden. Der Fußball-Anhänger schon gar nicht. "Es hätten zwölf sein können", sagten die Heimkehrer. Natürlich, aber auch zwölf hätten die Eintracht nicht mehr retten können. Sie haben sich ihre Suppe selber versalzen. Sie haben in Stettin und Hamburg zu viel hineinbekommen. In dem Kampf gegen die Stettiner zeigten sie, daß ihre anständige Fußballkunst genügt, um eine solche, verteidigungsstarke Mannschaft klar zu schlagen. Klarer noch, als es der HSV. vermochte.

*

Es ist ein kleiner Trost.

Zugegeben: ein kleiner.

Aber es wird auch einmal besser werden.     r. o. k. (aus dem 'Kicker' vom 03.05.1938)

 

 


 

 

„Eintracht" kam schwer auf „Touren"

Eintracht Frankfurt — Stettiner SC. 5:0

Frankfurt. 30. April

Ich glaube, einzelne Eintrachtspieler werden heute noch nachts gelegentlich mit Angstschweiß auf der Stirn wach. Dann träumen sie davon, daß sie in Stettin 6:2 geführt hatten und plötzlich wie durch ein rätselhaftes Donnerwetter, noch drei Tore hineinbekamen. Dieser Tag von Stettin hat das Torverhältnis der Frankfurter schon so gründlich verkuhwedelt, daß es gar keiner Katastrophe in Hamburg mehr bedurfte. Es war diese Stettiner Mannschaft, die sich in Frankfurt am Vorabend des 1. Mai einstellte und sich zum erstenmal in ihrem Leben in unserer Stadt vorstellte. Sie kam, spielte und wurde zwar 5:0 geschlagen, aber sie hinterließ doch etwas: einen Respekt vor ihrer beinahe artistischen Verteidigungskunst.

Es war den Anhängern der Eintrachtmannschaft himmelangst, als ihre Elf bei der Pause nur 1:0 führte. Wie war das möglich? Da kam eine Elf von der Ostseeküste, geriet auf einen weitläufigen und ein wenig aufgeweichten Platz, genau in die Räder eines sehr geschickten und flott laufenden Kombinationsspiels, bekam schon in der ersten Viertelstunde zwei tolle Schüsse an die Latte geflatschert, nach zwölf Minuten durch Adam Schmitt ein verteufeltes Tor hineingehext — und brach doch nicht zusammen. Verteidigte kaltblütig, sicher und, wenn es sein mußte, auch zahlreich, ihren Ruf und ging erst unter, als die Ausdauer nachließ.

Und als man die falsche Taktik anwandte. Denn, ermuntert durch die Erfolglosigkeit der Eintracht, entschloß sich die Elf des SC. Stettin, selber offensiv zu spielen. Auf dem bräunlichen Rasen hob sich plötzlich grell kirschrot und schlohweiß die alte klassische Formation ab: fünf Stürmer in einer Reihe, drei Läufer in einer Reihe, nebeneinandergestellt die beiden Verteidiger. Und dahinein brauste nun, von selber zu größter Intensität gezwungen, die Eintracht. Nach zwei Minuten stand es durch Röll 2:0, nach 24 durch Röll 3:0, nach 26 durch Elfmeter Adam Schmitts 4:0, nach 30 durch straffen Schuß Arheilgers 5:0.

Die letzte Viertelstunde lief wieder leer.

Wenn man daran denkt, daß der HSV. daheim gegen Stettin nur 2:0 spielte, kann man zufrieden sein. Wenn man überlegt, daß alle Überlegenheit eigentlich in Toren ausgedrückt sein will, dann muß man die Eintrachtelf vor der Pause schelten. Aber Lattenschüsse sind doch wohl Pech? Einem Rechtsaußen wie Röll ist zu verzeihen, daß er unkonzentriert spielt, wenn er eine Halsentzündung hat. Und die vier Tore nach der Pause beweisen immerhin, daß die Eintracht kann, wenn sie will.

Sie war übrigens zu einer umgestellten Mannschaft gezwungen, Gramlich fehlte, Fürbeth fehlte, Zipp spielte und Becker aus der Reserve.      E. (aus dem 'Fußball' vom 03.05.1938)

 

 

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