Eintracht Frankfurt - FSV Mainz 05

Gauliga Südwest 1933/34 - 6. Spiel

2:1 (1:0)

Termin: 29.10.1933
Zuschauer: 2.500
Schiedsrichter: Becker (Ludwigshafen)
Tore: 1:0 August Möbs (13.), 1:1 Scherm (56.), 2:1 August Möbs (59.)

 

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Eintracht Frankfurt FSV Mainz 05

 


  • Lautner
  • Schildge
  • Schatz
  • Schneider
  • Decker
  • Weilbächer
  • Burkhardt
  • Karst
  • Engel
  • Scherm
  • Gegenheimer

 

Trainer Trainer

 

Frankfurter Echo

Eintracht Frankfurt — Fußball- und Sportverein 05 Mainz 2:1 (1:0).

Aus der großen Ehrenloge auf dem Eintracht-Sportplatz am Riederwald hatte man eine Art Ehrenhof gemacht, rechts und links flankiert von den beiden Reichsflaggen. Der Winkelmannsche Männerchor präludierte das „Heilig, heilig...", Albert Pohlenk, das älteste Ehrenmitglied der Eintracht, sprach ergreifende Worte. Der Mainzer Gastverein legte ein Blumengebinde mit Schleife in den Vereinsfarben auf den Platz, von dem aus der nunmehr verstorbene Führer der Eintracht die Leistungen seiner Mannschaft mit kritischem Kennerblick zu verfolgen pflegte. Die Winkelmanner schlossen mit dem „Ich hatt' einen Kameraden" und eine Minute Gedenkens in Trauer folgte. So ehrte noch einmal der Riederwald-Verein ihren so jäh dahingegangenen, unvergeßlichen Grafen von Beroldingen.

*

Es ist schwer, von dieser Totenehrung gleich den Uebergang zu finden zu dem pulsierenden Leben eines Liga-Spieles. Pulsierendes Leben? Ja! Und doch manchmal auch: Nein! Dann und wann lief das Treffen seinen erfrischenden, mitreißenden Gang. Dazwischen aber stockten die Handlungen, erlahmte der Fluß. Kein oder richtiger gesagt zu wenig spielerisches Temperament bei den meisten Spielern. Bei den Frankfurtern nur Trumpler, Leis und Stubb, bei den Gästen nur Scherm und die beiden Verteidiger von so rassiger Spielweise, daß man ihnen immer gerne zuschaut, auch wenn sie im Uebereifer Fehler machen. Alle anderen Spieler wesentlich farbloser. Zugegeben, daß das manchmal nur Aeußerlichkeiten sind. Aber: vielleicht wäre doch manches besser, wenn...!

Im übrigen darf nicht übersehen werden, daß Spiele vor mehr als halbleeren Rängen selten Gipfelleistungen zeigen. Die Frankfurter, die früher in hellen Scharen kamen, haben es deshalb nicht zuletzt selbst in der Hand, ihre Mannschaften zur Hergabe des Letzten anzustacheln. Nur müssen sie auch an einem dunstigen Sonntagvormittag den Gang zum Fußballplatz nicht scheuen. Irgend etwas Anregendes, irgend etwas Spannendes gibt es doch immer zu sehen, und hintennach ist es schade, wenn man dann nicht dabei war.

So war z.B. diesmal die Eintracht anfangs in wirklich guter Form. Aber ihre klare Ueberlegenheit hielt nur etwa dreißig Minuten an. Dann offenbarte sich die Schwäche, die Mittelstürmer Behning verriet und die sich leider später noch erheblich steigerte. Mit dem Nachlassen der Leistung der Frankfurter Mannschaft wuchs der Tatendrang der Gäste. Zugegeben, daß der Begriff des Tatendrangs auch hier nicht ganz oder nicht immer restlos erfüllt wurde. Aber immerhin behaupteten sich die Leute um Scherm sehr nachdrücklich gegenüber den Eintrachtlern, die den Vorteil des eigenen Platzes hatten. Ihre Vorstöße waren teilweise so gefährlich, daß vielleicht die Mainzer Schlachtenbummler den doppelten Punktverlust ihrer Elf als unglücklich ansahen. Man soll die erste halbe Stunde und die häufigeren Torgelegenheiten der Frankfurter aber nicht vergessen.

Durch das Fehlen Posselmanns auf dem linken Sturmflügel und der beiden Verteidiger Kast und Draisbach hatten die Mainzer strategische Umgruppierungen in erheblichem Maße vornehmen müssen. Das muß berücksichtigt werden. Nunmehr wird man ihnen die Note „durchschnittsmäßig gut, teilweise besser" nicht vorenthalten wollen. Auffallend aktiv der Halblinke Scherm, der seine Nebenleute mitreißt, aber trotzdem mehr erreicht, wenn er auf eigene Faust durchzubrechen versucht. Scherm, zwischen Gegenheimer und dem aus der Universitätself in Frankfurt nicht unbekannten Engel, gab dem Spiel seiner Elf die Note. Die Läuferreihe stabil, aber nicht immer agil genug. Sehr ansprechend die drei Schlußleute, trotzdem das erste Eintracht-Tor von jedem von diesen dreien hätte verhindert werden müssen.

Bei Eintracht überragte Stubb, namentlich in der ersten Halbzeit. Aber auch später blieb er in „Nerz"-Form. Nicht viel schlechter sein neuer Nebenmann Otto. Torwart Schmitt gut und — glücklich. Nur mit seinem Abschlag ist er anscheinend wieder in seinen alten Fehler verfallen: er schaut auf den Ball, statt sich im Gelände zu orientieren. Infolgedessen werden fast alle seine Bälle eine leichte Beute des Gegners. Eintrachts Mittelläufer Leis war einer der besten Spieler auf dem Felde. Von seinen beiden Nebenleuten trat Graulich erheblich weniger hervor als Tiefel, der Hugo Mantels Platz sehr gut ausfüllte. In dem Sturm fielen Möbs und Trumpler sehr angenehm auf. Lindner und Berger II, die beiden Flügelleute, hätten noch erheblich mehr beschäftigt werden müssen. Beide waren sehr gut, aber man ließ sie zu oft rasten. Und rasten bedeutet auch hier nicht viel anderes als: rosten. Behning war diesmal schwach, sehr schwach sogar.

Schiedsrichter Becker-Ludwigshafen tat seine Schuldigkeit.      M.

 

 

Graf von Beroldingens letzter Gang

Die Beisetzung des so jäh dahingeschiedenen Grafen Egon von Beroldingen am vergangenen Mittwoch auf dem Stuttgarter Pragfriedhof wurde zu einer gewaltigen Trauerkundgebung, die Zeugnis davon ablegte, wie vielseitig dieser stets so frische und starkgeistige Mann tätig gewesen war. Trotz des wolkenbruchartigen Regens waren Tausende vor dem Krematorium versammelt und vor Beginn der Trauerfeierlichkeiten erwiesen zwei Geschwader des Böblinger Flugplatzes ihrem toten Fliegerkameraden die letzten Ehren. Schon am frühen Vormittag hatte der VfB. Stuttgart, dessen Ehrenvorsitzender der Graf gewesen war, durch seine erste Mannschaft in Sportkleidung die Ehrenwache an der aufgebahrten Leiche des Grafen übernommen.

Der Trauerkondukt und die vielen Kranzniederlegungen galten einem Mann, der sich schon vor vielen Jahren für das neue Deutschland eingesetzt hatte, der seine Kraft in den Dienst des deutschen Flugwesens stellte und der dem deutschen Sport ein Führer und Vorkämpfer geworden war, wie es nur wenige gibt. Aber auch die persönlichen, menschlichen Eigenschaften des Grafen brachten ihm viele Freunde und seine nimmermüde Tätigkeit für alles Ideale, die Begeisterung, mit der er alles anpackte, zeugten von der Energie, die gerade in diesem Manne steckte, dem das Leben manches herbe Geschick auferlegt hatte. Der Verstorbene fand auch noch Zeit, sich als Fürsorger und Betreuer zu betätigen und eine von ihm gegründete Kleinkinderschule am Ort seines Stammtisches, der Gemeinde Hochberg, ist ein beredtes Dokument für die soziale Einstellung dieses weitblickenden und stets vornehm denkenden Mannes.

Neben den Familienmitgliedern sah man viele Angehörige des alten Heeres, dann fast sämtliche prominenten Vertreter der heutigen deutschen Luftfahrt unter den Trauergästen. Selbstverständlich begleiteten der VfB. Stuttgart geschlossen und die Frankfurter Eintracht in großer Anzahl ihren Vorsitzenden auf seinem letzten Gang. Der Führer des VfB., Hans Kiener, gedachte besonders ausführlich der Verdienste dieses Besten, der von uns gegangen ist, dessen Andenken der VfB. nicht besser ehren kann, als daß er seinen Namen mit ehernen Lettern in das Gefallenen-Denkmal auf dem VfB.-Platz eingräbt. Für die Frankfurter Eintracht sprach der stellv. Führer Hans Söhngen. Niemand hätte daran gedacht, als sich Graf von Beroldingen vor 4 Wochen zu einem kurzen Erholungsaufenthalt in die Berge verabschiedete, daß diese starke Natur nicht mehr nach Frankfurt zurückkehren würde. Auch in Frankfurt hatte sich der Graf, wie man ihn dort kurz nannte, bereits in allen Kreisen nur Freunde erworben. Er war nicht nur der Berater der Stadtgemeinde in Flug- und Sportsachen, sondern er war auch den einzelnen Fliegerorganisationen der Kamerad, auf den die deutsche Luftfahrt bauen konnte. Kranzniederlegungen bewiesen diese Anhänglichkeit der Flieger aus dem Weltkrieg und der heutigen Luftfahrt. Ein Fliegerkamerad selbst, Pfarrer Ißler von der Gedächtniskirche in Stuttgart, hielt die Gedenkrede und entwarf ein Bild des Toten als eines Freundes der Kunst und Musik, des Sportes und eines tiefsinnigen Menschen, der gerade bei seinem Münchner Schmerzenslager sich angesichts des Todes von einer heroischen Seite gezeigt habe. Der Deutsche Fußballbund ließ einen Kranz niederlegen, Christof Bauer-Stuttgart war der Sprecher und selbst der Reichsstatthalter Sprenger von Hessen hatte einen Vertreter entsandt. Der Fußballsportverein Frankfurt als Bruderverein war ebenfalls an der Bahre des toten Grafen vertreten, ebenso viele einflußreiche Führer der NSDAP., zu der sich Graf von Beroldingen schon lange bekannt hatte. Seine Tätigkeit in Stuttgart im Dienste des Sportes wird unvergessen bleiben, der VfB. kann sein Andenken nicht besser zum Ausdruck bringen, als wenn er im Geiste seines Ehrenvorsitzenden weiter wirkt.      Wingo.

(aus dem 'Kicker' vom 01.11.1933)

 

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