Eintracht/FSV - DFB B-Nationalmannschaft

Freundschaftsspiel 1932/33

2:4 (1:2)

Termin: 25.06.1933 im Stadion
Zuschauer: 35.000
Schiedsrichter: Weingärtner (Offenbach)
Tore: 0:1 Hohmann, 0:2 Hausmann, 1:2 August Möbs (35.), 2:2 Heldmann, 2:3 Heidemann, 2:4 Hohmann

 

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Eintracht/FSV DFB B-Nationalmannschaft

 


  • Buchloh (Speldorf)
  • Lorenzer (Phönix Karlsruhe)
  • Wendl (1860 München)
  • Strehb (Wacker München)
  • Münzenberg (Aachen)
  • Szaika (Schwarz-Weiß Essen)
  • Fischer (1. FC. Pforzheim)
  • Hausmann (Speldorf)
  • Hohmann (Benrath)
  • Besnoska (Hamborn)
  • Heidemann (Bonn)

 

Trainer
Trainer

 

[Die beiden Spiele waren Ersatz für das kurzfristig am 19. Juni von Österreich abgesagte
Länderspiel aufgrund der seinerzeit bestehenden Spannungen zwischen den beiden Ländern.]

 

Deutsche Fußballelite stellt sich vor

Zweimal 4:2

Als uns am Sonntagfrüh der Schnellzug durch die gesegnete schöne fränkische Landschaft nach Frankfurt führte, standen wir noch ganz unter dem Eindruck der machtvollen Veranstaltung, die am Wochenende der alten, lieben Noris ein besonderes Gepräge gab. Wir meinen hiermit die Meisterschaften der VII. (bayerischen) Division unserer Reichswehr, die unter großer Anteilnahme der Bevölkerung und der Jugend vom Freitag bis Sonntag im Stadion veranstaltet wurden. Ueber diese große, glänzend organisierte und ergreifend begeisternde sportliche Kundgebung werden wir in der nächsten Nummer des „Kicker" mehr zu sagen haben. Heute herrscht das Interesse für die Veranstaltung vor, die der Deutsche Fußball-Bund an Stelle des von den Oesterreichern abgesagten Länderkampfes in Frankfurt durchführen ließ.

Es war ein glücklicher Einfall, die Deutsche Nationalmannschaft gegen eine aus der Düsseldorfer Fortuna und dem Schalker FC. 04 zusammengesetzte Elf antreten zu lassen. Und noch glücklicher scheint uns der Gedanke gewesen zu sein, die Frankfurter Städtemannschaft gegen eine Nachwuchs-Elf des DFB. spielen zu lassen. Denn das Interesse für das erstgenannte Spiel war nicht groß, bis zum Freitag wurden für 27.000 Reichsmark Karten zurückgegeben, als der DFB. aber dann das Spiel der Frankfurter Städtemannschaft angesetzt hatte, stieg die Nachfrage nach den Karten, und der Erfolg war, daß wohl 35.000 Menschen im Frankfurter Stadion dem Doppelspiel beiwohnten.

*

Die vier Mannschaften:

B-Nationalmannschaft: Buchloh (Speldorf) — Lorenzer (Phönix Karlsruhe), Wendl (1860 München) — Strehb (Wacker München), Münzenberg (Aachen), Szaika (Schwarz-Weiß Essen) — Fischer (1. FC. Pforzheim), Hausmann (Speldorf), Hohmann (Benrath), Besnoska (Hamborn), Heidemann (Bonn).

Frankfurt: Schmitt (Eintracht) — May (Fußballsportverein), Stubb (Eintracht) — Leis (Eintracht), Wühler (Fußballsportverein), Tiefel (Eintracht) — Sadtler, Knapp (beide Fußballsportverein), Möbs (Eintracht), Heldmann, Haderer (Fußballsportverein).

Deutsche Ländermannschaft: Jakob (Regensburg) — Haringer (Bayern München), Busch (Duisburg 99) — Breindl, Goldbrunner (beide Bayern München), Oehm (1. FC. Nürnberg) — Trumpler (Eintracht Frankfurt), Lachner (1860 München), Rohr (Bayern München), Rohwedder (Elmsbüttel), Lindner (Eintracht Frankfurt).

Westdeutschland: Pesch (Fortuna) — Trautwein, Bornefeld (beide Fortuna) — Janes, Bender, Breuer (alle Fortuna) — Rosen, Szepan, Kuzorra (alle Schalke 04), Zwolanowski, Kobierski (beide Fortuna).

*

Im ersten Spiele siegte die DFB.-Mannschaft mit 4:2 Toren. Es war eine nette Partie, die manche Glanzleistung und manches fesselnde Kampfbild bot und von der DFB.-Elf dank deren besseren einheitlichen Arbeit verdient gewonnen wurde. Was der Leistung der Frankfurter am meisten Abbruch tat, war die Unterschiedlichkeit, mit der alle Elf, namentlich aber die fünf Stürmer arbeiteten. Während z. B. Haderer einen recht guten, man darf sogar sagen, den besten Start hatte und Heldmann ungewohnt schwer in Fahrt zu kommen schien, war es bald offensichtlich, daß der kleine Halblinke auf die Dauer den wertvolleren Teil des linken Sturmflügels verkörperte. Aehnlich war es auf der rechten Seite. Sadtler ließ nach der Pause stark nach und Knapp setzte sich von Anfang an körperlich nicht genügend ein. Nur Möbs behielt seine recht ansprechende Spielweise über die volle Zeit. Daß die aus drei Mittelläufern gebildete Frankfurter Läuferreihe nicht restlos befriedigte, war von vornherein anzunehmen, aber Leis, Wühler und Tiefel schlugen sich doch im ganzen nicht schlecht. Auch die beiden Verteidiger ließen berechtigte Wünsche offen. Stubb insbesondere war anscheinend nur auf befreienden Abschlag eingestellt. Er achtete überhaupt nicht auf die Genauigkeit und Zweckmäßigkeit seines Zuspiels, und in der Angriffstaktik versagte er ebenso oft wie sein Nebenmann W. May. Torwart Schmitt war sehr gut aufgelegt. Seine sichere Handarbeit und seine große Beweglichkeit trugen ihm viel Beifall ein. Mitte der zweiten Halbzeit verwischte er allerdings mit einem Schlage den bis dahin ausgezeichneten Eindruck durch einen Augenblick deutlichster Kopf- und Hilflosigkeit gegenüber dem allein anstürmenden Hausmann.

Trotzdem hinterließ Schmitt einen wesentlich günstigeren Gesamteindruck als sein Gegenüber Buchloh, dem man in merklich ausgeprägterem Maße die Fähigkeit wünschen möchte, auf die es für einen Torwächter am meisten ankommt, nämlich die aufkommende Entwicklung eines gegnerischen Angriffs zeitig genug und richtig vorauszuahnen, um sich mit seinen Abwehrmitteln entsprechend wirkungsvoll einsetzen zu können. Was Buchloh mehrfach zustatten kam, war die wirklich ausgezeichnete Verteidigungsarbeit seiner beiden Vordermänner Lorenzer und Wendl. Namentlich der Münchner bewährte sich vollauf. Keiner von beiden Schlußleuten versuchte sich als Wuchtprotze, aber sie glänzten durch das überlegte Abspielen des Balles. In der Läuferreihe fiel Münzenberg durch seinen Fleiß auf. Selbstredend hatte er sehr bald herausgefunden, daß er einem Manne wie Möbs seine besondere Aufmerksamkeit zu schenken hatte. Von da ab war es interessant, wie sich Münzenberg und die beiden Verteidiger in die gemeinsame Betreuung des gegnerischen Mittelstürmers teilten. Czeikas Stärke scheint in der Abwehr zu hegen. Er stellt sich gut und scheint ein sicherer Taktiker zu sein. Sein Zuspiel aber ist noch nicht genügend fein dosiert. Strehb war gerade hierin wirkungsvoller. Im Sturm war der Bonner Heidemann die angenehmste Ueberraschung; ein finessenreicher Linksaußen mit guten, verwertbaren Flanken, die auch aus bedrängter Lage gezeigt wurden. Die Seele des Angriffs war jedoch Hohmann, der als Mittelstürmer deutlich die größte Gewöhnung an ein „volles Haus" erkennen ließ. Im Schuß und in der Durchschlagskraft und Entschlossenheit war er weitaus der beste Mann. Auch seine beiden Nebenleute, namentlich der Halbrechte Hausmann, hatten ihren reellen Wert, während Fischer in Einzelhandlungen sehr ersprießlich arbeitete, jedoch den Zusammenhalt mit Hausmann nicht ausgiebig finden konnte.

Trotz der selbstverständlichen Undankbarkeit der Aufgabe muß schließlich noch ein Facit aus diesem Spiel gezogen werden. Von den zweiundzwanzig Mitwirkenden dieses Treffens könnte man sich Lorenzer, Wendl, Münzenberg, Strehb, Hohmann, Heidemann, Möbs und Schmitt unter gewissen Voraussetzungen in einer Ländermannschaft vorstellen.

Schon bald nach Beginn konnte Hohmann eine von Heidemann an der Latte abgeprallte Flanke einsenden, und Hausmann konnte durch Prachtschuß aus mehr als 20 Meter Entfernung auf 2:0 erhöhen. Zehn Minuten vor der Pause holte Möbs ein Tor für die Frankfurter auf, indem er kaltblütig auf engstem Räume drei Mann umspielte und ins leere Tor einschoß. Nach dem Wechsel gelang Heldmann überraschend der Ausgleich, und es sah dann eine Zeitlang gar nicht nach einer Niederlage der Frankfurter aus. Aber der kleine Heidemann brachte die B-Nationalmannschaft durch einen schönen Schuß aus unmöglichem Winkel wieder in Führung und Hohmann konnte, eine Flanke des Rechtsaußen direkt übernehmend, ein viertes Tor erzielen.

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In der Halbzeit des Spiels gab es für die Zuschauer ein ergreifendes Erlebnis: „Graf Zeppelin" erschien über der Kampfbahn und ließ sich, in größter Erdnähe und bei abgestellten Motoren, langsam und majestätisch über das Feld treiben. Die SA.-Kapelle intonierte das Deutschlandlied, Zehntausende von Taschentüchern winkten zu ihm hinauf, zu ihm, der für uns alle in schwersten Zeiten immer ein leuchtendes Symbol deutscher Unverwüstlichkeit und deutscher Tatkraft war.

*

Dann kam das Hauptereignis. Ich habe vor 14 Tagen Schalke und Düsseldorf im Kampf gegeneinander gesehen, und ich hatte gleich Bedenken, als ich die Aufstellung der westdeutschen Schar las. Diese Bedenken wurden heute gerechtfertigt. Das Kreiselspiel der Szepan und Kuzorra und das gradlinige Kombinationssystem der Fortunen vertrugen sich nicht miteinander. Hart im engen Raume rieben sich die verschiedenen Spielauffassungen aneinander, und dabei lief sich der westdeutsche Motor tot. Die deutsche Nationalmannschaft wäre heute gewiß zu schlagen gewesen -- darüber weiter unten --, aber nicht von dieser Staffel. Möglicherweise, ich selbst halte es für wahrscheinlich, hätte die komplette Fortuna unserer A-Elf das Nachsehen gegeben. Die Finalisten aber in ihrer heutigen Autstellung spielten so matt, daß sie selbst von einer alles andere als guten Fußball zeigenden Repräsentative glatt ausgeschlagen wurden. Szepan speziell spielte genau wie in seiner gewohnten Knappenvertretung, hing immer und stets hinten, fehlte in entscheidenden Momenten vor dem gegnerischen Tor und machte mit dieser merkwürdigen Methode nichts gut, sondern alles schlecht. Zudem war er selbst von seiner Normalform weit entfernt, und das gleiche gilt von Kuzorra, dem recht wenig gelang. Rosen ist, wie die andern Schalker Spieler alle, guter Durchschnitt.

Die Fortunen wurden nicht warm. Ihr Sturm ist im Vereinsteam der Diktatur der Läuferreihe unterworfen, von Janes-Bender-Breuer geht die Initiative aus. Heute bauten die Stürmer Szepan und Kuzorra von sich aus auf, die Läuferreihe der Fortunen tat das gleiche, kurz, es fehlte die Zentrale, von der aus die Mannschaft geleitet wurde, und daß das Nebeneinanderher von zwei grundverschiedenen Systemen zur absoluten Erfolglosigkeit führen mußte, war nach kurzer Zeit klar. Der beste Teil war vielleicht noch die Verteidigung, namentlich die beiden Backs, Bornefeld und Trautwein, wehrten sich wuchtig und hart gegen die Angriffe der weißen Stürmer. Von diesen beiden wurde auch, eine Zeitlang, eine etwa sehr scharfe Note ins Spiel gebracht, die schließlich in dem Elfmeter ihren Niederschlag fand. Der Torhüter Pesch hätte das zweite Tor, Lachners Weitschuß, verhüten müssen. Bald nach der Pause mußte Pesch übrigens ausscheiden, da er sich bei einem Zusammenprall mit Rohr verletzte. Für ihn sprang dann Mellage ein. Auch Bornemann, der mit Rohwedder zusammengeraten war, verließ das Feld, löste aber den inzwischen eingetretenen Zajons bald wieder ab. Alle Spieler arbeiteten recht brav, die Mannschaft aber als solche arbeitete schlecht.

Die Nationalelf enttäuschte gründlich. Erfreuliches zuerst: unsere Verteidiger waren glänzend! Haringer verblüffte einen förmlich mit seinen großartigen Leistungen, gegen Schluß machte er mit den Gegnern was er wollte und bekam mehrfach rauschenden Sonderapplaus; sein Partner Busch stand ihm würdig zur Seite, jung, schneidig, schlagsicher, intelligent, alles, was ein Klasseback braucht, ist vorhanden. Und damit müssen wir uns vom „Nurerfreulichen" leider schon wieder abwenden, weil der kleine Vorrat dieses Artikels bereits erschöpft ist — halt, ausgenommen den linken Läufer Oehm, der ein feines, unauffälliges, aber sehr wirkungvolles Seitenläuferspiel vorführte. Dann kommen wir zum „Gemischten" und beginnen mit Jakob. Der Riese aus Regensburg besticht durch sein einfaches, ungekünsteltes Spiel. Er kann auch sehr viel und rettete heute einige tolle Sachen in einer Weise, die seine Kunst deutlich werden ließ. Aber er hat eine große Schwäche für flache Rollbälle. Kuzorras Schuß rollte und hüpfte auf die Torecke zu, Jakob ging langsam, sich dabei drehend zu Boden, aber der Ball lag schon im Netz. Diese Schwäche haben wir bei Jakob schon öfters feststellen müssen, und so lange er sie nicht ablegt, wird seine Aufstellung als Nationaltorwart immer ein gewisses Risiko bleiben.

Die Läufer Beindl und Goldbrunner waren nicht schlecht, aber ihr Aufbau blieb zu wenig variabel und war oft von vornherein klar zu durchschauen. Immerhin war ihre Gesamtleistung recht beachtlich.

Und nun der Sturm, oh je, der Sturm! Die Außen Lindner und Trumpler waren noch die besten Pferde im Fünferstall, aber auch keineswegs von internationaler Klasse: das Spiel dauert 90 Minuten, und es genügt nicht, einige großartige Sachen von insgesamt nur wenigen Minuten Dauer zu bieten und im übrigen schlecht und recht seinen Stiefel zu spielen. Im Innensturm war Rohwedder lange Zeit der Hemmschuh, seine Langsamkeit und sein Starrsinn brachten das Volk allmählich so in Wallung, daß es pfiff und brüllte. Gegen Schluß wurde dann der gute Hamburger munter und spielte nun recht gut. Aber, wie gesagt, das Spiel dauert 90 Minuten ... Lachner war ausgesprochen schwach. Er wird wohl in dieser Verfassung nicht mehr in die engere Wahl gezogen werden. Rohr. Rohr, die große Erwartung vieler! Rohr in Hochform, überall, in München und in Rom und sonstwo, in Frankfurt auf keinen Fall. Einiges von ihm war glänzend, das meiste jedoch geriet daneben. Wohl war Rohr scharf abgedeckt und litt auch sicher unter dem schwachen Spiel der Halbstürmer, aber seine Arbeit ließ so sehr die große Linie und eine klare Führung vermissen, daß man diese Minusleistung nur auf außergewöhnliche Umstände zurückführen kann. Das war auf keinen Fall der Rohr, den die besten Fachleute vom Bau in der letzten Zeit mit glänzenden Kritiken geradezu eingedeckt hatten.

Alles in allem: wir wollen froh sein, daß unsere heutige Elf nicht vor die Stiefel einer guten ausländischen Mannschaft gekommen ist, es wäre bestimmt mal wieder betrüblich geworden. So aber: die deutsche Ländermannschaft hat seit langer Zeit gesiegt!

Lindner schoß das Führungstor mit einem unheimlichen Rechten dröhnend unter die Latte, ein Prachtgoal erster Ordnung, das schönste von den zehn Toren des Nachmittags. Kuzorra glich in der geschilderten Weise aus und Lachner schoß dann lang und für Pesch nicht unhaltbar ins Toreck. Darauf egalisierte Zwolanowsky mittels Kopfball als Abschluß einer schönen Kombination. Nach dem Wechsel sorgten Rohwedder und Rohr (berechtigter Foulelfer) für „Deutschlands" Endsieg. Das Spiel hatte in Fink-Seckbach einen recht guten Leiter, was man von Weingärtner-Offenbach, der das Vorspiel pfiff, nicht behaupten kann. Weingärtner läuft nicht mit dem Ball, er ist immer weit vom Schuß, und da müssen Fehlentscheidungen kommen.      Hanns J. Müllenbach. (aus dem 'Kicker' vom 27.06.1933)

 

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