Fußballsportverein Frankfurt — Eintracht Frankfurt
0:6 (0:1).
Wir wollen dem besten unter diesen 23 Akteuren die wohlverdiente
Ehre erweisen und ihn eingangs und an erster Stelle unseres Berichts unserem
Gedächtnis neu einverleiben. Dieser „optimus omnium" war
Theo Maul aus Nürnberg, der ganz ausgezeichnete Schiedsrichter dieses
äußerst wichtigen Spiels. Wenn man sich vergegenwärtigt,
daß beide Vereine, statt die ihnen — ebenfalls aus Nürnberg
— angebotene freundschaftliche Vermittlung anzunehmen, ihre gegenseitige
„Wohlgeneigtheit" durch Zahlung einer Buße von je 300
Mark an die Verbandskasse zu bekunden für tunlich und unumgänglich
befanden, so weiß der Fernstehende sofort, unter welch besonders
schwierigen Umständen Theo Maul auch diesmal den Rasen des Frankfurter
Stadions betrat. Es war weder die abschreckende Gewalt noch die erzieherische
Wucht und noch weniger die vorbeugende Macht dieser ominösen 300
Mark, sondern lediglich die unbedingte Korrektheit und peinlichste Gerechtigkeit,
mit der dieses Treffen geleitet wurde, wenn diesmal nicht der leiseste
Mißton aufkam. Erst in zweiter Linie kann man mutmaßen, daß
auch die offenkundige Ueberlegenheit der einen Partei ihrem eigenen Anhang
den Grund, und der Gegenseite die Möglichkeit nahm zu demonstrieren.
Blau-Schwarz kapitulierte vor dem roten Adler. Die Losung des Weihnachtstages
entsprechend war also „Friede auf Erden und (allerdings nur zum
Teil!) den Menschen ein Wohlgefallen".
Der Großkampf zwischen Fußballsportverein
und Eintracht stand unter dem Einfluß der großen Glätte
des Bodens. Das darf nicht unerwähnt bleiben. Nach Witterungslage
war es absolut unmöglich, an der Beschaffenheit der Spielfläche
mehr, als geschehen, abzuändern. Aber während sich die Eintrachtler
dank ihrer überaus reifen Technik recht gut mit den Tücken des
„Rasens" abfanden, kamen ihre Gegner über Stürze
am laufenden Band nicht hinaus. Es war für den wahren Sportler bedauerlich,
daß ein Punktkampf von solcher Bedeutung keine Verschiebung auf
einen späteren Termin mit günstigerer Witterung vertrug. Terminnot!!
Wenn
man, was allerdings unbedingt notwendig ist, den Bornheimern die Bodenglätte
zugutehält und ihre unbefriedigenden Leistungen hiermit zum Teil
als entschuldigt betrachtet, dann muß man logischerweise das überlegene
Können der Eintracht umso nachdrücklicher loben. Die Situation
war klar vorgezeichnet: auf Spielfeldern mit Eisesglätte kann man
natürlich nicht in dem sonst gewohnten Maße rennen, hasten
und wuchten. Da muß man andere, feinere Behelfsmittel zur Verfügung
haben. Eintracht verlegte sich ganz auf ihre wundervolle Technik und auf
ihr haarscharfes Zuspiel, beides wirkungsvoll unterstrichen durch die
auffallende Harmonie, die der gesamten Elf eigen ist. Sie demonstrierte
Klassefußball. Diesen Kampfmitteln hatte der Fußballsportverein
nichts ähnliches und noch weniger etwas gleichwertiges entgegenzusetzen.
Demgemäß war er mit Ausnahme der ersten fünf Minuten und
etwa einer Viertelstunde Mitte der zweiten Halbzeit absolut und deutlich
unterlegen. Er verlor mit sechs einwandfreien und schönen Toren,
und an diesem 0:6 läßt sich nicht das geringste ändern.
Man sah einige versönlich stimmende Dinge, wie z. B. die unverkennbaren
Qualitäten des Torhüters ,Wolf, den bekannten Feuereifer des
Internationalen Knöpfle, dessen Riesenanstrengungen eines besseren
Erfolges würdig gewesen wären, man mutmaßte die unbestreitbare
Veranlagung Armbrusters, Heldmanns und des Rechtsinnen Gölz, aber
all dies waren diesmal nur leise, symbolische Andeutungen, überdies
überschattet durch das sichtliche Versagen der Verteidigung, der
Außenläufer usw., durch die unerwartet schwache Form der Mannschaft
als Totalität, hauptsächlich wiederum bedingt durch das Fehlen
jeglichen Zusammenhangs und aller Durchschlagskraft im Sturm. Man wird
nicht umhin können, der Mannschaft andere Gelegenheiten zu gewähren,
um ihren wahren Leistungsstand zu eruieren.
Die
Schwäche des Gegners änderte nichts an dem vollwertigen Großlob,
das sich die Eintrachtmannschaft insgesamt verdiente. Nach altem Grundsatz
hat auch diese Elf seither im eigenen Lande einen Berg voll Schwierigkeiten
gehabt, um die sachlich unbedingt berechtigte Anerkennung zu finden. Erst
die geradezu überschwänglichen Kritiken von weit und breit außerhalb
ließen in den letzten Monaten aufhorchen. Wenn die hiesige Presse,
trotzdem ihr der wahre Sachverhalt bekannt war, wenigstens zum Teil nur
zögernd folgte, dann, tat sie es, weil sie begreiflicherweise an
die Elf als Repräsentanten des eigenen Heimatgebietes besonders hohe
und strenge Anforderungen stellte und aus wohlerwogenen Gründen mit
ihrem Lob sparsam haushielt. Heute ist kein Grund mehr vorhanden, diesen
vorzüglichen Verkörperern wahrer Fußballkultur die rückhaltlose
Anerkennung zu versagen. Wer diese Präzisionsmaschine auf hoher Tourenzahl
gesehen hat, der sucht vergeblich die Superlative des Lobens und Rühmens
zu vermeiden. Gegen eine Eintracht in dieser Prunkform 0:6 zu verlieren
ist auch für den Fußballsportverein keineswegs eine Schande.
Jammerschade ist es lediglich, daß man eine so vorbildlich spielende
Elf mit einem vollkommen sinnlosen Punktspielprogramm überlastet,
daß man sie zu noch sinnloseren Verbandsspielen auf dem „flachen
Lande" zwingt. Um wie viel dienlicher wäre es für den gesamten
deutschen Fußballsport, wenn man diese Muster- und Paradeelf zu
Propagandaspielen in alle Teile des Reiches und auch in das Ausland ziehen
ließe, um neue Begeisterung, die nicht ausbleiben kann, für
den Fußballsport zu entfachen und das sportliche Prestige Süddeutschlands
zu mehren. Mag man den derben Ackergaul abrackern und die grobe Scholle
pflügen lassen; das edle Vollblut ist noch immer pfleglich geschont
und nur da eingesetzt worden, wo es darauf ankam! Wie herrlich wäre
es als Weihnachtsgabe gewesen, wenn man auf normalem Boden Eintracht und
München 1860 in seiner Kölner Form im Propaganda-Spiel gesehen
hätte!
Mir
persönlich gefiel der Benjamin der Mannschaft, Trumpler, noch eine
Nuance besser, als der vorzügliche Möbs. Zwischen beiden hatte
Ehmer seinen Vollwert als Mittelstürmer. Dann konzentrierte sich
die Aufmerksamkeit auf den guten Willy Pfeiffer, der trotz seiner 38 Lebensjahre
noch ungetrübte Jugendfrische und internationales Können besitzt.
Dann reihen sich diese Kellerhoffs, Schallers, Dietrichs, Gramlichs, Leiß'
und Stubbs an. Und Ludwig Schmitt, der Torhüter? Von ihm ist diesmal
nur zu sagen, daß er die einzige reelle Chance des Gegners während
des gesamten Spiels durch eine vorzügliche Parade aus der Welt schaffte.
Aber spricht es nicht vollauf für meinen Namensvetter Schmitt, wenn
er in einer elfgliedrigen Gruppe, in der erstklassige Torhüter sozusagen
Dutzendware find, bei weitem die wenigsten Tore passieren ließ? Ludwig
Isenburger. (aus dem 'Kicker' vom 01.01.1932)
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