SpVgg 03 Fechenheim - Eintracht Frankfurt

Bezirksliga Main-Hessen 1930/31 - 2. Spiel

0:4 (0:2)

 

Termin: 07.09.1930
Zuschauer: 4.000
Schiedsrichter: Albrecht (Mannheim)
Tore: 0:1 Walter Dietrich (3.), 0:2 Gehrmann (35., Eigentor), 0:3 Walter Dietrich (70.), 0:4 Fritz Schaller (80.)

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SpVgg 03 Fechenheim Eintracht Frankfurt

  • Lindner
  • Sohl
  • Nau
  • Erlenbach
  • Heidt
  • Gehrmann
  • Kitzinger
  • Kunzig
  • Wörner
  • Ewald
  • Pinther

 


 

Trainer
Trainer

 

Fechenheim

Sportvereinigung 03 Fechenheim — Eintracht Frankfurt 0:4 (0:2).

Die Zeiten sind nicht zu Ueberschwänglichkeiten angetan! Man wäre fast versucht, wenigstens wegen der vorzüglichen Fairneß des Verbandsspieles zwischen der Sportvereinigung 03 Fechenheim und Eintracht Frankfurt in einer einzigen Orgie von Superlativen zu schwelgen. Ja, diese arg gescholten, ,,bösen" Landvereine! Aber die SpVgg. 03 ist gar kein „Land"-Verein mehr, sondern wohlbestallter Großstadt-Oberligaverein und hat offenbar ihren Ehrgeiz darein gesetzt, ihren Gästen zu zeigen, wie man ritterlichen Fußball spielt, und mit geziemender Haltung verliert. Man kann sich den Verlauf eines Punktespieles wohl kaum ruhiger und vornehmer denken, als dieses Zusammentreffen des Neulings der Gruppe Main mit dem Gruppen- und Verbandsmeister. Kein Last störte die göttliche Ruhe, und selbst die Zuschauer bewahrten eine Haltung, wie man sie überall und jeden Sonntag treffen möchte.

Dieses Punktespiel erhielt bereits in den ersten drei Minuten eine Signatur. In diesen Zeitpunkt spielte sich Eintrachts Mittelstürmer, Ehmer, geschickt durch, sein linker Nebenmann, Dietrich, erfaßt blitzschnell das Gebot des Augenblicks, und mit seinem unhaltbaren Torschuß hatte der Süddeutsche Meister überzeugend zum Ausdruck gebracht, daß er Sieg und Punkte für sich allein beanspruchen wolle. Fechenheim fügte sich in das unerbittliche Diktat, griff nicht mehr nach Trauben, die nun doch einmal viel zu hoch hingen, und versuchte, so glimpflich als möglich davon zu kommen. Fechenheim wehrte sich, so gut es eben ging, und vermied peinlichst, an die Stelle spielerischer Unterlegenheit körperliche Wucht treten zu lassen. Da selbstredend auch Eintracht dieser modus vivendi nur angenehm sein konnte, gab es tatsächlich nichts, was diese vollkommene Harmonie gestört hätte. Viel mag auch hierzu der Umstand beigetragen haben, daß die Riederwälder sich mit einem sicheren Siege begnügten und darauf verzichteten, dem Gegner eine allzu derbe „Packung" zu verabreichen. Sie buchten in jeder Halbzeit zwei Tore eins davon allerdings als Selbsttor des Gegners, und ließen in all den vielen anderen Augenblicken aussichtsreicher Schußgelegenheiten Gnade für Recht ergehen. Nicht etwa, daß Eintracht nicht gewollt hätte. Aber immerhin gab sich die Mannschaft nicht aus, und außerdem hat der Fechenheimer Boden seine Tücken, und das Schießen ist dort wesentlich schwieriger, als auf den Feldern, auf denen die Frankfurter ihre Präzisionsarbeit erlernt haben.

Nach dem bereits erwähnten ersten Tore fiel vor der Pause nur noch ein Selbsttor des Fechenheimer linken Läufers Gehrmann, der einen Flankenwechsel Leis' abfassen und mit dem Kopf zu seinem Torhüter lenken wollte. Lindner aber verfehlte den Ball. Mitte der zweiten Halbzeit verwandelte dann Dietrich noch den 8. Eckball für Eintracht durch Kopfstoß, und zehn Minuten später führte eine geschlossene Kombination des Eintrachtsturmes den Ball auf dem Wege von Kellerhoff zu Dietrich, Ehmer und Schaller. Der Rechtsaußen erzielte dann das 4. Tor. Fechenheim, das in der Hauptsache auf Abwehr angewiesen war, hatte immerhin mit mehreren Vorstößen Schußmöglichkeiten genug herausgearbeitet, schoß auch vor der Pause gar nicht übel, ließ aber nach dem Seitenwechsel keine ernstgemeinten Versuche mehr sehen. Nur in den letzten 15 Minuten wurde die Platzpartei auffallend regsam und hätte in diesem Augenblick gut und gerne ein Ehrentor verdient.

Bei Eintracht hielt sich der Torwächter Schmidt sehr gut. Nur einmal, ganz im Anfang, zeigte er einem tiefen Ball gegenüber Unsicherheit. Seine beiden Vordermänner spielten diesmal unter Form. Auch Mittelläufer Goldammer hatte nach einer guten ersten Halbzeit eine wesentlich schwächere zweite Halbzeit. Soweit die Hintermannschaft in Frage kommt, wurde die Partie von den beiden Außenläufern Gramlich und Leis getragen, die beide vorzüglich arbeiteten. Die Angriffsreihe zeigte im großen ganzen recht gutes Spiel. Namentlich Kellerhoff und Ehmer erwiesen sich in alter Frische. Auch Schaller war produktiv im Vorstoßen, aber unglücklich im Schießen. Drei Eckbälle trat er meisterhaft und hatte die Genugtuung, einen davon durch Dietrich verwandelt zu sehen. Möbs kam anfangs schwer ins Rennen, aber nach der Pause hielt er den anderen Stürmern die Waage. Dietrich offenbarte diesmal deutlicher als je, was seine ausgeklügelte Strategie wert ist. Er dirigierte fast unübertrefflich und war auffallend regsam. Seine sichere Technik kam ihm natürlich noch zu Hilfe. Will man Eintracht in ihrer Gesamtheit eine Vorhaltung machen, dann nur die eine, daß sie sich zeitweilig die hohe Spielweise des Gegners aneignete und damit nicht recht vorwärts kam.

Fechenheims Angriffsreihe besaß recht brauchbares Zusammenspiel, aber es fehlte doch an ausreichendem Nachdruck. Die Innenkombination war einer Meistermannschaft gegenüber nicht recht am Platze. Die Flügelleute konnten allerdings auch nicht ausgiebig in Anspruch genommen werden, denn sie blieben gar zu gerne bei den Außenläufern des Gegners hängen. Die gesamte Hintermannschaft Fechenheims schlug sich mehr als gut. Es war nicht ihre Schuld, daß sie fast durchweg auf Abwehrspiel angewiesen blieb. Aber auf diesem Gebiete leistete sie das Menschenmöglichste, und man braucht hierin zwischen der Läuferreihe und der Vereidigung keinen Unterschied zu machen. Auch Torhüter Lindner zeigte sich von vorteilhafter Seite. Er wehrte in zahlreichen Fällen sehr geistesgegenwärtig und geschickt ab. Eines ist sicher: die derzeitige Form des Liganeulings übertrifft merklich seine Leistungen während der Zeit der jüngsten Aufstiegspiele. Wenn die Mannschaft sich erst einmal an die neue Gegnerschaft gewöhnt haben wird, wird sie auch noch zu den vorläufig fehlenden Punkten kommen. Vor allem muß man berücksichtigen, daß diesmal noch zwei Ersatzleute in der Verteidigung standen. Mit Schreiber und Otto auf diesem Posten wird Fechenheim sicherlich noch leidlich zur Geltung kommen.

Bleibt noch zu erwähnen, daß bei Eintracht Mantel und -wenn man das gelten lassen will — Stubb fehlten. Aber der Süddeutsche Meister kann es sich ja leisten, dem DFB. zwei seiner Spieler abzugeben und trotzdem noch siegreiche Punktspiele auszutragen.

Schiedsrichter Albrecht aus Mannheim, der übrigens seit Jahren nicht mehr in Frankfurt war, erledigte seine Aufgabe in vorzüglicher Weise. Er hatte freilich einen ziemlich leichten Stand, aber er konnte trotzdem mehrfach Proben seiner guten Eignung ablegen.      Ludwig Isenburger. (Aus dem 'Kicker' vom 09.09.1930)

 

 


 

 

Fechenheim 03 — Eintracht 0:4.

Der Süddeutsche Meister gehört zu jenen seltenen Vereinen (vielleicht ist er der einzige!), die sich den Luxus leisten können, zwei ihrer besten Spieler (Mantel und Stubb) zu einem Länderspiel abzugeben, ohne daß dadurch eine ins Gewicht fallende Schwächung der Mannschaft sich ergeben würde. In der Verteidigung standen diesmal Pfeiffer und Schütz. Da konnte natürlich Stubb nicht fehlen, denn einer von diesen drei Verteidigern kann natürlich immer nicht spielen, und wer der Unentbehrlichste ist, das wissen noch nicht einmal die Fußballweisen. Am wenigsten gern vermißt man immer noch den alten Pfeiffer, auf den der D.F.B, natürlich noch nicht zurückgegriffen hat... Diesmal war übrigens Schütz der Bessere, er gefiel ganz besonders gut.

In der Eintracht ist ein Mann immer noch der überragendste Spieler: der Schweizer Walter Dietrich. Er ist wirklich eine Größe, die unersetzlich ist. Seine Technik allein ist schon unendlich viel wert, aber sein taktischer Spielaufbau ragt noch weit darüber hinaus. Dietrich ist nicht nur ein Spieler, der seinen Posten in der Mannschaft voll und ganz ausfüllt, sondern der darüber hinaus die ganze Mannschaft dirigiert und ihr Spiel hebt. In Fechenheim hat der Sturm nicht das geleistet, was er sonst zu erreichen pflegt. Der Schützenkönig Ehmer vollbrachte trotz zahlreicher Gelegenheiten keinen Treffer. Dietrich bemühte sich infolgedessen selbst darum und erzielte auch seine zwei Tore (nebst einem Bombenlattenschuß). Er kann also noch stürmen! Dabei hatte Dietrich die schwere Aufgabe, den Ausfall des Mittelläufers Goldammer zu verdecken. Goldammer war gänzlich indisponiert. Der Grund ist mir unbekannt. Jedenfalls ist es natürlich eine Ausnahmeerscheinung. Neben ihm stand aber noch ein überragender Spieler: der rechte Läufer Gramlich. Dieser ist schon längst für die deutsche Ländermannschaft reif und sollte endlich berücksichtigt werden. Er wird bestimmt nicht enttäuschen. Auf der anderen Seite war der Ersatzmann für Mantel, der junge Leis, ein vollwertiger Spieler, der seine Aufgabe vollkommen zur Zufriedenheit lösen konnte. Die Verteidigung hatte auf der linken Seite einige Schwächen, wohl auch verursacht durch den Ausfall des Mittelläufers, so daß der Torwart Schmidt mehrfach eingreifen mußte. Er stellte aber dabei auch unter Beweis, daß irgendwelches Mißtrauen gegen sein Können nicht berechtigt ist. Er hat das Erbe eines schwachen Posten bei der Eintracht angetreten, aber er selbst ist durchaus nicht schwach. Im Sturm enttäuschte diesmal Ehmer, auch Schaller fand sich nicht mit den Bodenverhältnissen ab. Kellerhoff war gut. Sehr erfreulich arbeitete auch der Halbrechte Möbs, der viel taktisches Verständnis offenbarte und auch die rechte Sturmseite in die Dietrichschen Kombinationen einbezieht. Dieser aus der Kreisliga gekommene Spieler bedeutet bestimmt eine Verstärkung für die Eintracht. Er ist vielleicht nicht so wuchtig, im Feldspiel aber bestimmt wertvoller als Trumppler.

Fechenheim besitzt eine nicht allzustarke Mannschaft die jedoch auf ihrem Platze noch zu Punkten kommen wird. Ob sie sich allerdings in der Bezirksliga halten kann, ist fraglich. Am besten gefällt der Torwart Linden und der sehr talentierte Mittelläufer Heidt. Die Mannschaft hat gegen Eintracht anerkennenswert fair gespielt.

Die Tore fielen in der dritten Minute durch Dietrich, in der 35. Minute auf hohen Ball von Leis durch Selbsttor Germanns und nach der Pause in der 25. Minute durch Dietrich, der einen Eckball einköpfte, und in der 35. Minute durch Schaller auf Durchspiel Dietrichs. Albrecht, Mannheim, war ein guter Schiedsrichter. (Aus dem 'Fußball' vom 09.09.1930)

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