Rot-Weiss Frankfurt - Eintracht
Frankfurt |
Freundschaftsspiel 1929/30
4:3 (3:1)
Termin: 25.06.1930
Zuschauer:
Schiedsrichter:
Torschützen: 1:0, 2:0, 3:0, 3:1, 4:1, 4:2, 4:3 (Walter Dietrich (2), Theodor Trumpler)
Rot-Weiss Frankfurt | Eintracht Frankfurt |
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Trainer |
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Frankfurter Echo Rotweiß — Eintracht Frankfurt 4:3 Daß Eintracht von Rotweiß — namentlich auf dem gegnerischen Platze — geschlagen wird, war noch nie eine Ueberraschung. Aber die Art, wie dies am vergangenen Mittwoch abend in einem sehr gut besuchten Freundschaftsspiel geschah, erregte doch mit Recht einiges Befremden. Der Süddeutsche Meister muß sich im klaren sein, daß allein schon das 3:0 und später das 4:1, mit dem die Bockenheimer zweimal in Führung lagen, einen weithin sichtbaren Schönheitsfleck auf der Meisterschaftshemdenbrust bedeutet und daß das Endergebnis mit seiner 3:4-Niederlage zwar etwas versöhnlicher ausschaut, über die Tatsache einer äußerst peinlichen Schlappe (daher also der Name: Schlappen-Stinnes?) nicht hinwegtäuschen kann. Im Grunde genommen ist es keine Schande, vom Sportklub Rotweiß, der tatsächlich viel mehr kann, als allgemein anerkannt wird, besiegt zu werden, aber ein mit wohlerworbenen Titeln geschmückter Verein sollte auch in punktlosen Wochentagskämpfen mit seinem Ansehen sorgfältig, wie mit einem Seidentüchlein, umgehen. Was tut's, daß Eintracht durchweg ein gutes Feldspiel, in der letzten halben Stunde sogar eine ganz große Leistung zu Wege brachte, was tut's, daß Eintracht technisch den besseren Eindruck machte, und was tut's schließlich, daß sie mehr im Angriff lag, als ihr Gegner, da dieser die Tore schoß und den einmal errungenen Sieg in der Hand behielt? Zwei Umstände trugen am meisten zum Spielverlust bei: die Unsicherheit der Verteidigung, die erst mit dem Eintritt des alten Praktikers Pfeiffer ihrer Aufgabe gerecht wurde, und der schon oft bemängelte Umstand, daß der Eintrachtsturm nicht schießen kann. Ein Stürmer, der den Ball nicht aus jeder Lage aufs Tor pfeffert, verliert jedesmal gerade das eine bißchen Zeit, das dem Gegner die Abwehr ermöglicht. Kellerhoff rafft sich überhaupt viel zu selten, sogar fast nie, zu einem Schusse auf. Dietrich bevorzugt Kopfbälle. Ehmer kann nur rechts schießen, und die übrigen, mehr oder weniger ständig im Eintrachtsturm mitwirkenden Spieler haben alle ebenfalls ihre Eigenheiten und Schwächen. Sie bilden den Grund, aus dem die im Feldspiel so überragende Elf so oft schon „in Schönheit gestorben" ist. Noch ein großer Mangel soll in diesem Zusammenhange wiederholte Erwähnung finden: außer Ehmer kann kein Eintrachtstürmer einen brauchbaren Eckball treten. Auch diesmal wurden 12 Eckstöße fast ausnahmslos mangelhaft ausgeführt. Rotweiß dagegen hatte nur zweimal Gelegenheit zu Eckbällen, und schon der erste davon führte zum 4. Tor für die Bockenheimer. Im einzelnen: der Sturm, wie oben geschildert. Im Feldspiel blendend, im entscheidenden Schußmoment versagend. Die Läuferreihe sehr gut. Vor der Pause Leis recht schwach, nach dem Wechsel auffallend gut. Die Verteidigung Schütz-Stubb schwach, die Verteidigung Schütz-Pfeiffer beruhigend. Torwächter Schmitt ließ taktische Fehler erkennen. Er verschuldete durch grundfalsches Verlassen seines Tores den 3. Erfolg des Gegners. Rotweiß ist zur Zeit recht gut in Fahrt. Die Mannschaft hat den Süddeutschen Meister einwandfrei und verdient geschlagen. Die Tatsache spricht für sich. Nach der gegenwärtigen Sachlage ist Rotweiß der berufene Tabellenzweite der Maingruppe geblieben. Torhüter Kreß — angesichts seines sicheren Sieges — nicht immer streng sachlich, aber im Grunde doch der große Internationale. Vor ihm die beiden in langen Jahren aufs beste eingespielten Verteidiger Kornrumpf-Engelhardt. Gewiß, beide dürften wesentlich genaueres Zuspiel haben, aber das kann leicht hinzugelernt werden. Alle übrigen Grundlagen guten Verteidigerspiels sind vorhanden. Otto Nerz sollte die beiden einmal unter seine Fittiche nehmen. Ob es dann zu internationalen Ehren reicht, mag der Fachmann Nerz selbst entscheiden. Schlimmstenfalls bliebe den beiden begabten Spielern und ihrem Verein der nicht zu verachtende Nutzen reichstrainerlichen Feinschliffs. Uebrigens besitzt die Maingruppe noch einen weiteren Anwärter auf die Teilnahme am nächsten DFB.-Trainingskurs in dem schußgewaltigen Stürmer Duchscherer von der Spielvereinigung 02 Griesheim. Die Läuferreihe von Rotweiß litt unter der mangelnden Ausdauer der beiden Außenhalves. Mittelläufer Dietermann, den ich kürzlich schon lobend erwähnen konnte, schmiß wieder den ganzen Laden. Im Sturm fiel der linke Flügel mit den Namensvettern Kraus I und Kraus II auf. Auch Scheuermann spielte eine gute Rolle. Die rechte Sturmseite wurde zu wenig beschäftigt. Ludwig Isenburger. (aus dem 'Kicker' vom 01.07.1930)
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