Eintracht Frankfurt - VfL Benrath

Deutsche Meisterschaft 1929/30 - Achtelfinale

1:0 (0:0)

 

Termin: 18.05.1930 im Stadion
Zuschauer: 15.000
Schiedsrichter: Willy Peters (Hamburg)
Tore: 1:0 Karl Ehmer (75.)

 

>> Spielbericht <<

Eintracht Frankfurt VfL Benrath

 


  • Lochschmidt
  • Hoffmann I
  • Schnee
  • Hotze
  • Pehl I
  • Hoffmann II (Platzverweis)
  • Schmitz (Platzverweis)
  • Stoffels II
  • Hohmann
  • Stoffels I
  • Pehl II

 

Trainer Trainer

 

 

 

Unerfreuliches Spiel in Frankfurt a. M.

Eintracht Frankfurt schlägt Benrath 1:0 (0:0)

Ob es das drohende Gewitter, Fußballmüdigkeit oder sonst ein Grund war, jedenfalls blieb die erwartete große Zuschauermenge aus. Im Stadion waren höchstens 12—15 000 Zuschauer anwesend. Und dies, obwohl sich der D.F.B. durch allgemeines Spielverbot eine Monopolstellung verschafft hatte. Wozu dieses Spielverbot, das auch die Leichtathletik mit ergriff? Will denn der D.F.B. noch dem letzten Idealisten den Beweis liefern, daß der Sport zum reinen Geschäftsunternehmen heruntergesunken ist? Doch das nur nebenbei. Wenn Tausende von Fußballfreunden in der Vorahnung weggeblieben sind, daß sich der Besuch des Spiels nicht lohnen würde, so waren sie von einem richtigen Gefühl geleitet Es ist nur zu hoffen, daß D.F.B.-Endspiele dieser Art zu den Seltenheiten gehören.

Der Grund ist in einem Satz gesagt: Der wirklich allzu nachsichtige Schiedsrichter Peters aus Hamburg mußte zwei Spieler Benraths wegen unfairer Spielweise des Feldes verweisen! Die Platzverweise erfolgten einwandfrei zu Recht. Aber leider erfolgten sie zu spät, und zweimal leider trafen sie — wie so oft — gar nicht die Hauptübeltäter. Fast die ganze Mannschaft Benraths befleißigte sich einer derart üblen Spielweise, daß die meisten Spieler verdienen würden, ohne weiteres gesperrt zu werden. Benrath, hier völlig unbekannt, wurde als harte Kampfmannschaft mit glänzendem Zerstörungsspiel angekündigt Sie übertraf darin allerdings die Erwartungen, da sich das Zerstörungsspiel auch auf den Körper des Gegners richtete. Damit haben die Westdeutschen in Frankfurt aber gar keine Sympathien geerntet. Oft ertönte aus den Reihen der Zuschauer der Ruf „Holzhacker"! Nach der Pause wurden die Gäste sogar mit einem Pfeifkonzert empfangen, einer unschönen, doch durchaus zu verstehenden Gefühlsäußerung des Publikums, das keineswegs einseitig war.

Wenn die Eintracht ein Lob verdient, dann bestimmt dafür, daß sie die Tonart der Benrather in keinem Augenblick des Spiels erwidert hat. Der süddeutsche Meister war vorbildlich fair und verschuldete kaum einen Strafstoß, während Benrath den Schiedsrichter andauernd zum Eingreifen nötigte. Es ist nur schade, daß der Schiedsrichter die Tätlichkeiten nicht sah, die hinter seinem Rücken verübt wurden. Jedenfalls wurde aber das Spiel dadurch zu einer Holzerei degradiert.

Man kann es den Eintrachtspielern nicht verübeln, daß sie bei dieser Spielweise des Gegners schnell die Lust verloren. Trotzdem spielten sie von der ersten Minute an vollkommen überlegen. Stellenweise war es ein Spiel auf ein Tor, bei dem außer dem Torwart Trumpp alles in Benrats Spielhälfte stand. Die Westdeutschen begnügten sich damit, zahlreich zu verteidigen und gelegentlich mit nicht ungefährlichen Durchbrüchen aufzuwarten. Waren sie aber im Feldspiel technisch unterlegen, so war ihre Abwehr doch um so sicherer, je schwächer sich der Sturm der Eintracht erwies. Das 1:0-Ergebnis ist für den süddeutschen Meister beschämend mager, um so mehr, als es auf eigenem Gelände gegen schließlich nur 9 Mann erzielt wurde. Selbst wenn man berücksichtigt, daß ein Tor Goldammers in der ersten Halbzeit zu Unrecht nicht gegeben wurde, so entschuldigt das doch nicht die Schwäche des Sturms. Hier schien tatsächlich nur Ehmer schießen zu können, nur ihm traute man ein Tor zu. Dabei erwies sich auch die Aufstellung des Sturms als falsch. Kron, zuerst halblinks, ist doch nicht der richtige Mann für diesen Sturm, so oft man auch wieder große Hoffnungen auf ihn setzt. Zum Schluß landete er rechts außen. Trumpler dagegen, der typische Wühler, ist kein Außenstürmer. Er bewährte sich erst, als er in die Verbindung genommen wurde. Und Dietrich scheint sich doch halblinks am wohlsten zu fühlen. Schwach war auch Kellerhof, der zu lange zögerte und als Torschütze kaum in Betracht kommt. Unter diesen Umständen wurde „Bujo" Schaller am rechten Flügel doppelt vermißt, jener Schaller, der nur das eine Ziel kannte, dem Gegner einen furchbaren Schuß auf den Kasten zu setzen ...

Ich habe die Eintracht jetzt ein Vierteljahr nicht mehr gesehen. Sie hat mich stark enttäuscht. Zu der Schwäche des Sturmes gesellt sich nämlich immer noch eine beängstigende Unsicherheit des Torwarts Trumpp. Er bekam in diesem Spiele wirklich keine großen Aufgaben zu lösen. Aber es scheint ihm das Selbstvertrauen zu fehlen (nicht der Mut!). Er war einmal ein guter Torwart und könnte es auch wieder sein, wenn ihm die Nerven keinen Streich spielen. Ein Glück für ihn, daß vor ihm zwei so gute Verteidiger stehen. Hier spielte Pfeiffer für den jungen Internationalen Stubb. Schütz und Stubb bilden die bewährte Verteidigung der deutschen Ländermannschaft. Es mag daher paradox klingen, wenn ich behaupte, daß Pfeiffer für die Eintrachtverteidigung noch unentbehrlich ist! Tatsächlich wird man in Frankfurt vielfach meine Meinung teilen, daß die Verteidigung Schütz-Pfeiffer oder Stubb-Pfeiffer besser ist als Schütz-Stubb! Pfeiffer, immer noch schnell und sicher, dem man sein Alter nicht anmerkt, ist nämlich der Taktiker, den sowohl Schütz wie Stubb als Partner brauchen. Schütz besitzt weniger die Gabe, auf seinen Nebenmann einzuwirken, und Stubb fehlt noch die Erfahrung. Man denke an den fabelhaften Aufstieg dieses Spielers, der, bevor er für Süddeutschland gegen Österreich und für Deutschland gegen die Schweiz und England spielte, höchstens ein dutzendmal in der ersten Mannschaft seines Vereins gewirkt hat, wo man ihn vor seiner Berufung zum „Internationalen" immer noch als Ersatzmann ansah. Die Erfahrung muß er also erst noch sammeln. Pfeiffer dagegen, der auch die seltene Eigenschaft eines Spielers dieser Tage hat, sich restlos treu und fanatisch für seinen Verein einzusetzen, war mit der beste Mann auf dem Platze. Wenn die Eintracht dem großen Ziele der deutschen Meisterschaft noch näherrücken will, dann muß ihr alter Führer Pfeiffer in ihren Reihen stehen! Mit Pfeiffer ist noch ein anderer Spieler zu nennen, der bisher im Schatten des Internationalen Mantel stand: der rechte Läufer Gramlich! Auch dieser Spieler verdient es, in der Ländermannschaft berücksichtigt zu werden, die ja an Außenläufern keinen Überfluß hat. Die sichere Abwehr, Zähigkeit und das abwechslungsreiche Zuspiel Gramlichs macht ihn zu einem Läufer großen Formats. Leider war in diesem Spiele Goldammer nicht auf der Höhe. Auch Mantel kam nicht wie gewohnt zur Geltung. Das störte etwas den Eindruck der sonst erstklassigen Hintermannschaft des süddeutschen Meisters.

Von den Westdeutschen ist nicht viel zu sagen. Ihre Haupteigenschaft wurde bereits geschildert. Daneben zeigt die Mannschaft Ansätze zu gutem Fußballspiel. Aber nur Ansätze. Vielleicht hätte die Mannschaft einen viel besseren Eindruck gemacht, wenn sie mehr Aufmerksamkeit dem Spiel gewidmet hätte. Ein Spieler, der nur daran denkt, dem Gegner eins zu versetzen, spielt gewöhnlich nicht gut. Wenn die ganze Mannschaft aber dieses System pflegt, dann sieht man von ihr keinen „Fußball" ... Wirklich etwas gezeigt hat nur der Torwart, der ausgezeichnet war, und die Verteidigung. Stellenweise sah man auch den Versuch flachen Zusammenspiels. Ein guter Trainer (und ein guter Erzieher) könnte bei dieser Elf bestimmt etwas erreichen.

Zum Spiele selbst stellten sich folgende Mannschaften:

Eintracht: Trumpp; Schütz, Pfeiffer; Gramlich, Goldammer, Mantel; Trumpler, Dietrich, Ehmer, Kron, Kellerhoff.

Benrath: Lochschmidt; Hoffmann I, Schnee; Hotze, Pehl I, Hoffmann II; Schmitz, Stoffels II, Hohmann, Stoffels I, Pehl II.

Eintracht greift an. Kellerhoff bekommt sofort einen Tritt. Die Süddeutschen sind leicht überlegen. Ein Bombenschuß Ehmers wird in der 7. Minute gerade noch abgeklatscht. Benrath spielt sehr hart und verschuldet Strafstoß. Der Schuß Ehmers wird zur Ecke gelenkt. In der 12. Minute wird ein Ball an Goldammer zurückgegeben, der mit prachtvollem Fernschuß sofort ein Tor erzielt. Das Tor wird jedoch nicht gewertet, da Ehmer abseits stand! Diese Entscheidung des Schiedsrichters entsprach nicht dem Sinne der Abseitsregel, denn Ehmer griff nicht ins Spiel ein und behinderte auch den Torwart nicht. Der Schuß Goldammers kam sofort und war unhaltbar.

Die Frankfurter waren durch diese Entscheidung und die Spielweise des Gegners deprimiert. Kellerhoff, der wieder durchlaufen wollte, wurde vom rechten Läufer das Bein gestellt. Der Schiedsrichter verwarnte ... Dann trat der Halblinke nach Trumpp, obwohl dieser nicht am Balle war ... Ein Spieler Benraths nach dem anderen wird verwarnt. Alles nutzlos. Die Nachsicht des Hamburger Pfeifenmannes wird sträflich mißbraucht. Eintracht bleibt überlegen, kommt aber nicht zum Schuß. Es klappt etwas nicht in dem Räderwerk, so daß Dietrich mit Kron den Platz tauscht. Das Schwergewicht kommt dadurch auf die linke Seite.

In der 37. Minute greift Pfeiffer den Linksaußen Schmitz an, der ihm rücksichtslos in den Magen tritt. Pfeiffer bricht zusammen und wird herausgetragen. Jetzt ist auch die Geduld des Schiedsrichters zu Ende und er stellt Schmitz heraus. Die Benrather protestieren, während der Schiedsrichter eine Versammlung auf dem Felde abhält und dringende Ermahnungen ausspricht. Die Frankfurter bleiben nach wie vor ebenso überlegen wie unproduktiv. Sie erzielen nur Ecken. Keine schußreife Gelegenheit wird herausgearbeitet, es fehlt die Entschlossenheit. Goldammers Vorlagen sind schwach. Benrath wird einmal bei einem Durchbruch von Stoffels I gefährlich, doch kann dieser Spieler sich auch nicht durchsetzen.

Nach der Pause erscheint Pfeiffer wieder. Der alte Kämpe verläßt trotz großer Schmerzen seine Mannschaft nicht. Er erntet Sonderbeifall. Es ist wirklich schön, wie dieser früher viel umstrittene Spieler auf seine „alten Fußballtage" zu großer Popularität gelangt ist. Auch Treue wird belohnt, um so mehr, als sie heute Seltenheitswert hat!

Die Benrather beginnen die zweite Spielhälfte recht temperamentvoll. Ihr rechter Verteidiger verletzt sich bei einem Angriff auf Dietrich, kann aber bald weiterspielen. Sie erzielen sogar eine Ecke, die jedoch hinters Tor gegeben wird. Einige Durchbrüche der Mannschaft (es ist keine „Elf" mehr) sind nicht ungefährlich, aber gegen Pfeiffer und Schütz ist auch nicht leicht durchzukommen. Als dann die Eintracht den Spieß wieder umdreht und Kellerhoff mit guten Vorlagen davonzieht, kann ihn der rechte Läufer Hoffmann II wie gewohnt nur durch Beinstellen aufhalten. Da er bereits verwarnt ist, stellt ihn der Schiedsrichter in der 12. Minute heraus. Von jetzt ab spielen 11 gegen 9 ... Der Rest ist ein Spiel auf ein Tor. Daß dieses Tor von Dietrich und einem Kopfball Goldammers knappest verfehlt wird, ist Pech. Daß es aber die Mannschaft nicht versteht, den stark verteidigenden Gegner aus seiner Hälfte herauszuziehen, ist eine taktische Schwäche. Dazu ist Lochschmidt fast unüberwindlich, der Typ des flinken, vielbeschäftigten und erfolgreichen Torwarts. Der Eintrachtanhang verzweifelt und rechnet schon mit Verlängerung. Endlich, in der 30. Minute fällt die Entscheidung. Während sich Gewitterwolken am Horizont ballen, werden die Benrather nach rechts gezogen, so daß der nach links gelaufene Ehmer freisteht. Trumpler nützt die Gelegenheit und spielt ihm geschickt zu. Der Torschütze der Eintracht verfehlt auch die Gelegenheit nicht, den Ball scharf und flach in die rechte Ecke zu jagen. Das Spiel scheint entschieden; die Zuschauer flüchten bereits vor dem nahenden Gewitter.

In der 37. Minute kommt aber noch ein dramatischer Zwischenfall. Der Regen wird zum Sturm, zum Wolkenbruch. Alles flüchtet zur Tribüne. Der Platz ist von Menschen reingefegt, und der Schiedsrichter bricht ab. Die Benrather jubeln. Sie freuen sich jedoch zu früh. Der Regen läßt wieder nach, und der brave Stadionplatz hat schnell das Wasser aufgesogen und ist wieder spielfähig. Der Schiedsrichter läßt sich auch nicht von dem gewichtigen Reisebegleiter der Westdeutschen beirren. Er pfeift wieder an, obwohl Benrath nicht antreten will. Schließlich kommen aber doch acht von den neun noch spielberechtigten Spielern und spielen die restlichen Minuten nach. Auf dem nassen Platz leistet sich die Eintracht dann noch einige bedenkliche Sachen, so daß, als noch ein Abseits übersehen wird, die Benrather fast zum Ausgleich kommen ... Endlich ist auch das Spiel zu Ende, dem zum Schluß nur noch einige hundert Zuschauer beigewohnt haben!

Alles in allem eine sehr unerfreuliche Angelegenheit. Der Schiedsrichter Peters, Hamburg, ist allerdings nicht ganz schuldlos daran. Vielleicht ist er in Hamburg an solche Spiele nicht gewöhnt; er mußte aber wissen, daß D.F.B.-Endspiele gelegentlich schlimmer sein können als Kämpfe ländlicher Rivalen. Er mußte von Anfang an energischer auftreten und durchgreifen. Daß er sonst in der Regelanwendung gut war, sei ihm nicht bestritten. Die Frage des von Goldammer erzielten Tores war immerhin zweifelhaft, ebenso zwei Abseitsentscheidungen. Sehr gut seine Auslegung der Vorteilsregel und des unbeabsichtigten Handspiels. Zum Schluß rettete er das Spiel doch noch durch die Hinausstellung zweiter Benrather.

Benrath hatte keine Mannschaft, die berufen ist, in den Endspielen eine Rolle zu spielen. Und Eintracht? Schon eher, wenn auch hier ein überzeugender Eindruck ausblieb. Ich sah die letzten Monate in Berlin Hertha und Tennis-Borussia und war über die Schwäche dieser Vereine erstaunt. Dabei ging ich aber im Vergleich von einem süddeutschen Meister aus, wie er sich zu Beginn der süddeutschen Endspiele gezeigt hatte. Heute ist der Unterschied doch nicht so groß. Gegen Ende der Saison lassen eben alle Vereine nach, um so mehr die stark in Anspruch genommenen. Die Eintracht darf zu ihrer alten Schwäche (Torwart), die durch den Besitz von Deutschlands bester Verteidigung ausgeglichen wird, nicht noch eine Schwäche des Sturms hinzufügen. Dieser muß schießen! Dann allerdings könnte sie ins Endspiel kommen. Im Innentrio darf aber nichts geändert werden, es heißt: Dietrich-Ehmer-Trumpler. Wenn Schaller nicht spielen kann, dann mag an seine Stelle irgendein geeigneter Ersatzmann treten (Kron ist nicht geeignet), aber sonst ist jede Änderung von Schaden, das hat das erste Endspiel bewiesen.

Über eins aber freuen sich die Frankfurter: Ihre Eintracht, die erstmals eine süddeutsche Meisterschaft nach Frankfurt brachte, ist selbst erstmals in die Zwischenrunde um die „Deutsche" gelangt. Damit ist Süddeutschland gut vertreten worden. Alle Wünsche Frankfurts und Süddeutschlands begleiten den Meister zum nächsten Spiele. Das schlechte Spiel gegen Benrath ist noch kein Grund zum Pessimismus!

*

Sonst ist von Frankfurt nicht viel zu berichten. Fußballsportverein ist mehr oder minder erfolgreich auf Reisen, Rot-Weiß mit neuem Vorstande baut neu auf und hat in Bieber 4:1 gewonnen!

In einer der nächsten Nummern (wenn es am Main an Stoff mangelt) werden noch einige interessante Dinge zu erörtern sein, die sich in der Zwischenzeit ereignet haben. Es tut sich immer etwas. Wenn man — wie ich — drei Monate verreist war, erfährt man stets Neuigkeiten. Über ein internes Ereignis sind ja die auch hier immer zahlreicher werdenden Leser des „Fußball" in der letzten Nummer bestens unterrichtet worden. Andere Dinge verdienen noch besondere Aufmerksamkeit.

Was die Frankfurter Sportsleute aber für Sorgen und Humor haben, ersieht man daraus, daß mir von mehreren Seiten als wichtigstes Ereignis mitgeteilt wurde, es habe das unter dem Namen „Little Townley" bekannte Frankfurter Original mit seinem Freunde Meyer 05 (so bezeichnet wegen seiner Mitgliedschaft beim Sp.V. Mainz 05!) Krach bekommen und ein sportliches Duell vermittels eines Wettlaufes ausgetragen. Dieses Rennen „rund um die Hauptwache" hatte einen großen Erfolg, denn „Little" soll gelaufen sein wie ein Hase, das selbst die sportgeübte Schupo in Erstaunen geriet.      Dr. C. E. L. (aus dem 'Fußball' vom 20.05.1930)

 

 


 

 

Eintr. Frankf. - VfL. Benrath 1:0 (0:0)

In Frankfurt — Schlechter Eindruck der Westdeutschen

Genau acht Tage dauerte das Schweigen in den herrlichen Erinnerungen an die einzig-schönen Berliner Tage, an das blendende Spiel der englischen Nationalmannschaft und an den heldenhaften Widerstand und die vorzüglichen Leistungen der deutschen Elf. Acht Tage lang Jubel und Begeisterung in der Brust. Nun sitzt einem wieder der Ekel im Halse.

Das Vorrundenspiel um die Deutsche Meisterschaft zwischen Eintracht Frankfurt und dem VfL. Benrath war eine völlig verunglückte Sache: Wollte man seinen Unwillen in dem landläufigen Satze ausdrücken: „Ein Unstern hing über der Veranstaltung", dann würde dies ein Uebermaß schüchternster Zurückhaltung bedeuten. Es war schon ein ganzes Firmament von Ungestirnen erster Größe, das über der Begegnung zwischen dem Süddeutschen Meister und dem Vertreter des westdeutschen Spielverbandes waltete. Die 15000 Besucher des Stadions waren empört, mit Recht empört, und verließen zum Teil recht frühzeitig den Schauplatz einer Holzerei, wie man sie sich schlimmer kaum denken kann. Selbst Jupiter pluvius, dem langmütigen, riß schließlich der Geduldsfaden; mit Blitz und Donner fuhr er dazwischen und deckte diese Hölle auf Erden mit sturmgepeitschten Regenschauern zu.

Wie immer, wenn ein völlig unbekannter Gegner zu einem solch wichtigen Meisterschaftstreffen antritt, gab es auch diesmal in Frankfurt Menschen genug, die vor den Offenbarungen, die die Westdeutschen mitbringen sollten, eine gewisse Kleinmütigkeit, um nicht zu sagen Angst, empfanden. Nun, wir haben den VfL. Benrath in den ersten fünf Minuten dieses Vorrundenspiels mit viel Kampfeifer und Energie spielen sehen. Da schien es, als werde sich Eintracht ganz gehörig strecken müssen, um die Aufgabe, bei der er als Süddeutschlands erster Repräsentant unmöglich versagen durfte, ordnungsgemäß zu erfüllen. Dann zeigte es sich, daß die Gäste ihr bißchen Pulver bereits verschossen hatten, und dann begann eine solch unerhörte Holzerei, daß wir Frankfurter uns einig sind in dem Wunsche: „Nie wieder Benrath!".

Der Halblinke Stoffels II begann die vielgliedrige Kette grober Unsportlichkeiten und rücksichtsloser Fouls mit doppeltem Nachtreten gegen den Tormann Trumpp. Der rechte Läufer Hoffmann II, Mittelläufer Pehl I und Mittelstürmer Hollmann unter Assistenz der meisten übrigen machten daraus einen Roheitsakt in fast endlosen Fortsetzungen. Schließlich hatten sie die Eintrachtstürmer soweit, daß sie sich nicht mehr richtig an den Ball trauten. Inzwischen war allerdings auch der Spielleiter, Herr Willy Peters aus Hamburg aus seiner ganz unbegreiflichen Lethargie aufgewacht, schritt gegen den Linksaußen Schmitz, der sich bis dahin übrigens recht anständig benommen hatte, zum Platzverweis wegen eines gefährlichen Delikts gegen Pfeiffer, ermahnte die versammelten Spieler letztmalig und schickte schließlich mit Hoffmann II einen weiteren Westdeutschen vom Platze, diesmal einen von den größten Missetätern.

Dann kam der ganze Fluch des Himmels herab. Ein Wolkenbruch von größter Heftigkeit ging hernieder, starker Sturm peitschte endlose Wassermassen zur Erde. Das Spiel wurde auf zehn Minuten unterbrochen. Die spätere Abwicklung der restlichen acht Minuten sah bei den Gästen nur noch acht Mann Felde, da sich der Torwächter Lochschmidt durch Pehl II vertreten ließ.

Auch das sonstige Verhalten der Gastmannschaft war unsympathisch im Höchstmaß. Als sie bei Halbzeit ihre Kabine aufsuchte, beantwortete sie die Ausbrüche berechtigter Empörung des Publikums mit hämischem Lachen, und als das Spiel wegen des erwähnten Wolkenbruchs unterbrochen wurde, jubelten sie in der (allerdings irrigen) Meinung, der Kampf sei abgebrochen, eine Wiederholung rette sie von der bereits in diesem Augenblicke vorhandenen Niederlage mit 0:1-Toren. Das ist eine Denkweise, die mit sportlicher Gesinnung nicht in Einklang zu bringen ist.

Unter den besagten Umständen werden es die Leser des „Kicker" verschmerzen können, eine Einzelkritik der Benrather Mannschaft zu erfahren. Der Journalist hat auf die Strafgewalt der Verbands- und Bundes-Behörden keinen Einfluß, will ihn auch nicht haben. Aber er kann das seinige zur Abstellung grober Mißstände auf den Fußballfeldern dazu beitragen, indem er einer Mannschaft vom Schlage des VfL. Benrath eine kritische Würdigung vorenthält. Was hiermit geschehe! Nur dem Torwächter Lochschmidt, einem von den wenigen fairen Spielern, soll bezeugt werden, daß er über recht gutes Können verfügt und sein Möglichstes getan hat, die unvermeidliche Niederlage seiner Mannschaft auf dem Mindestmaß zu halten.

Eintracht war gut in jeder Hinsicht. Technisch waren Mängel ersichtlich. Sic hat in Anbetracht des Drum und Dran vollauf ihre Schuldigkeit getan. Daß sie nicht höher gewann, soll ihr nicht vorgehalten werden. Sic kämpfte zäh und verbissen ein hoch überlegenes, einseitiges Angriffsspiel durch. Ein Torschuß Goldammers aus dem Hinterhalt wurde wegen Abseits Ehmers zu Recht annulliert. Nur einmal fand Ehmer den Weg ins Netz, als er den Ball auf dem Umweg über Kron und Goldammer in guter Kombination erhalten hatte. Aber es ist belanglos, mit wie viel Toren der Süddeutsche Meister seinen weiteren Verbleib in der DFB.-Runde erkaufte. Die übrigen Teilnehmer in den Meisterschaftskämpfen ahnen nicht, welch großen Dank sie den Frankfurtern wegen der Ausschaltung des VfL. Benrath schulden.

Bei Eintracht spielte wieder Pfeiffer für den verletzten Stubb in der Verteidigung und Kron an Stelle Schallers Rechtsaußen. Erwartungsgemäß wurde noch während des Spieles der linke Flügel in seiner altbewährten Zusammensetzung Kellerhoff-Dietrich wieder zusammengebracht und hierdurch der Frankfurter Angriffsreihe die einzig richtige Form gegeben. Krons Ballbehandlung ist wesentlich besser als die Schallers, aber seine Flanken kommen vorläufig noch viel zu flach nach der Spielfeldmitte. Trumpler entwickelte namentlich nach der Pause größten Angriffsgeist, Ehmer zeigte gute Schüsse, Dietrich einige wohlgemeinte Kopfbälle. Eintrachts Stärke lag wieder in der Läuferreihe, wo Mantel, Goldammer und Gramlich, jeder auf seine Art, vorzügliches leisteten. Namentlich Gramlich erweckte erneut größte Beachtung. In der Verteidigung schien Schütz wieder vollauf disponiert. Pfeiffer hielt sich selbst nach seiner zum Glück glimpflich verlaufenen Verletzung sehr gut. Nur sein Abschlag hat nicht mehr die Reichweite früherer Zeiten. Trumpp hatte so gut wie nichts zu tun.

Schiedsrichter Peters war regeltechnisch sehr gut. Seine Langmut gegenüber den Fouls der Gäste war vollkommen fehl am Platze. Nur die ersten Regelverstöße waren für ihn schwer sichtbar, sein Nichteingreifen daher verständlich. Die Proteste des Publikums hätten ihn aber unter allen Umständen dazu bringen müssen, aufmerksamer als bis dahin die „Ereignisse" zu beobachten. Er entschloß sich viel zu spät zu strengen Maßnahmen. Löblich war seine Entscheidung, das Spiel nach angemessener Wartezeit wieder fortzuführen.      Ludwig Isenburger. (aus dem 'Kicker' vom 20.05.1930)

 

>> Spieldaten <<

 

© text, artwork & code by fg