Eintracht Frankfurt - FK Pirmasens |
Süddeutsche Meisterschaft 1929/30 - 9. Spieltag
7:2 (4:0)
Termin: 09.03.1930
Zuschauer: 8.000
Schiedsrichter: Schmitt (Offenburg)
Torschützen: 1:0 Bruno Goldammer (30.), 2:0 Karl Ehmer (32.), 3:0 Bernhard Leis (33.), 4:0 Karl Ehmer (43.), 5:0 Karl Ehmer (50.), 5:1 Hergert (57. Elfmeter), 5:2 Michel, 6:2 Bruno Goldammer (68.), 7:2 Karl Ehmer (85.)
Eintracht Frankfurt | FK Pirmasens |
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Trainer | Trainer |
Eintrachts Chancen im Steigen Pirmasens mit 7:2 abgefertigt. — Fußballsportverein enttäuscht seine Anhänger. — Wie spielt Eintracht in Fürth?... Das Länderspiel hatte die ganze letzte Woche die Gemüter der Frankfurter Fußballer beschäftigt. Erst jetzt, nach den Ergebnissen des letzten Sonntags, wendet man sich wieder anderen Dingen zu. Denn jetzt beginnen sich sogar die Pessimisten allmählich mit dem Gedanken zu beschäftigen, daß die Süddeutsche Meisterschaft in diesem Jahr doch eventuell nach Frankfurt... Nein: ganz wagt man es noch nicht auszusprechen. Die neue Lage sieht die Eintracht mit drei Punkten Vorsprung vor Fürth und Bayern in Führung. Das will schon etwas heißen. Man darf als sicher annehmen, daß sich die Eintracht unter den ersten beiden befinden wird. Denn: Selbst wenn Eintracht beide Spiele gegen Fürth und Bayern verlieren sollte, dann ist sie immer noch einen Punkt vor — dem Verlierer des Spieles Bayern-Fürth. Voraussetzung ist, daß die Eintracht ihre drei übrigen Spiele gewinnt. Das sind: gegen Freiburg und Waldhof in Frankfurt und gegen Worms in Worms. Gefährlichkeit scheint nur das Worrnser Spiel in sich zu bergen. Aber bis dahin ist ja noch Zeit. Wenden wir uns näherliegenden Dingen zu. Das Gastspiel des FK. Pirmasens endete erwartungsgemäß mit einem klaren Sieg des Mainmeisters. Das 7:2-Ergebnis drückt aber den Verlauf des Spiels nicht richtig aus. Pirmasens war nicht so unterlegen, wie man auf den ersten Blick glauben könnte. Fürth und Bayern, die beide Pirmasens noch zu Hause haben werden, seien vor Unterschätzung der Spielstärke der Pirmasenser gewarnt. Die Mannschaft zeigte in Frankfurt überraschend viel, sie führte ein Spiel vor, das über dem Durchschnitt stehendes Können verriet und war dazu sehr kampfkräftig. Angesichts des Ergebnisses erscheinen diese Behauptungen paradox. Aber sie stimmen. Das Ergebnis kam auf ziemlich seltsame Weise zustande und ist für die Beurteilung der beiden Mannschaften nicht maßgebend. Beweis: Der Spielverlauf. Eintracht brachte in der ersten halben Stunde gar nichts auf die Beine und spielte so zerfahren wie schon lange nicht mehr. Die Pirmasenser dagegen drückten stark nach vorne und arbeiteten einige gute Gelegenheiten heraus, die nur mit Pech nicht zu einem Tor führten. Die Eintracht hatte dann das Glück, innerhalb von drei Minuten — zwischen der 30. und 33. Minute — drei Tore schießen zu können, die dem Spiel natürlich die entscheidende Wendung gaben. Das Rückspiel hatte also große Ähnlichkeit mit dem Vorspiel in Pirmasens, wo die Eintracht ebenfalls in der ersten Halbzeit kurz hintereinander zu drei Toren kam, die sie dem Verlauf nach nicht verdient hatte. Goldammer brach den Bann mit einem wundervollen 25-m-Schuß, Ehmer erhöhte zwei Minuten später nach Vorlage Dietrichs auf 2:0 und Leis konnte nach einer weiteren Minute nach einem von Kellerhoff gut getretenen Strafstoß mit direktem Schuß auf 3:0 erhöhen. Pirmasens hatte nach dem ersten Tor der Eintracht eine Ausgleichschance, als Hergert prachtvoll mit dem Hinterkopf aufs Tor köpfte, doch Trumpp warf sich katzenartig auf den Ball und hielt ihn. Zwei Minuten vor der Pause erhöhte Ehmer auf 4:0, er hatte den Ball jedoch in klarer Abseitsstellung aufgenommen. Nach Halbzeit waren die Leistungen der Eintracht besser. Pirmasens hatte zuerst nicht viel zu bestellen. Nach fünf Minuten erhöhte Ehmer auf 5:0, mit scharfem Flachschuß aus 16 Metern Entfernung. Einen Mißton erhielt das Spiel dann, als in der 12. Minute der durchbrechende Hartmann von Pfeiffer unfair genommen wurde und für den Rest der Spielzeit ausscheiden mußte. Den Strafstoß schoß Hergert sehr placiert zum ersten Gegentreffer ein. Die Eintrachtverteidigung mußte einige unsichere Minuten mit einem weiteren Pirmasenser Tor büßen, das von Michel nach einer Flanke von links an dem herauslaufenden Trumpp vorbei erzielt wurde. Die Eintracht-Läuferreihe bekam aber das Spiel schnell wieder in die Hand, obwohl die Pirmasenser für den Rest der Spielzeit auch mit ihren zehn Mann gefährlich blieben. In der 23. Minute schoß Goldammer nach einem Zusammenspiel mit Dietrich ein zweites Tor, das sechste dieses Spiels. Pirmasens hatte bei einer guten Gelegenheit Pech, als ein von Michel geschossener Ball, der über Trumpp hinweggegangen war, von der Querlatte des verlassenen Tores zurückprallte. Dagegen konnte Eintracht noch ein weiteres Tor erzielen, als Ehmer fünf Minuten vor Schluß eine Flanke Kellerhoffs aufnahm und aus 16 Metern unhaltbar unter die Latte schoß. Das Spiel der Eintrachtmannschaft gab zu einiger Kritik Anlaß. Die Mannschaft fand sich fast die ganze erste Halbzeit nicht in ihr System hinein, was in Anbetracht der noch kommenden schweren Spiele bedenklich stimmen kann. Es ist aber möglich, daß das auf die Pause von zwei Wochen, die die Mannschaft hinter sich hatte, zurückzuführen ist. Nach der Pause lief das Spiel zwar besser, aber da befriedigten nicht alle Spieler restlos. Besonders auffallend waren die Schwächen, die sich in der Verteidigung bemerkbar machten. Pfeiffer ging das Ausscheiden von Hartmann scheinbar stark an die Nerven, denn von diesem Augenblick an leistete er sich Schnitzer, die man von ihm nicht gewohnt ist. Aber auch vorher hatte er nicht begeisternd gespielt. Auch Stubb zeigte Schwächen, besonders vor der Pause, wo sein Stellungsspiel viel zu wünschen übrig ließ. Nachher rettete er in einigen brenzlichen Situationen sehr gut und verwischte diesen Eindruck damit. Der Sturm zeigte erstmalig erfreuliche Ansätze zur Innenkombination. Die Initiative dazu ging von dem geistvoll spielenden Dietrich aus, der Ehmer glänzend ins Gefecht schickte. Die vier Tore, die Ehmer schoß, fielen sämtlich auf Vorlagen von Dietrich. Dagegen mußte auffallen, daß Ehmer seinen Nebenmann Trumpler im Zuspiel sträflich vernachlässigte. Seine Vorlagen an die Flügel waren dagegen sehr gut. Die Außenstürmer der Eintracht traten diesmal nicht so stark in Erscheinung. Kellerhoff war sehr gut bewacht und kam erst gegen Schluß einige Male durch. Leis war nicht schnell genug um an seinen Gegnern vorbeikommen zu können, dagegen waren seine direkten Hereingaben recht gefährlich. Trumpler zeigte einige vorzügliche Einzelleistungen. Das beste der Eintrachtmannschaft war die Läuferreihe, die sich immer mehr verbessert. Goldammer beherrschte das Spielfeld vollkommen. Er zeigte Variationen in seinen Vorlagen, die deutlich bewiesen, wie sehr sich dieser Spieler verbessert hat. Von den beiden Außenläufern zeigte Mantel das bessere Zuspiel, Gramlich die zweckmäßigere Zerstörungsarbeit. Beide fanden sich mit Goldammer in seltenem Verständnis zu einer seltenen Einheit zusammen. Man lache mich aus: Diese Läuferreihe ist die beste in Deutschland ... Pirmasens hatte seinen besten Mann in Hergert. Weilhammer, der im Vorspiel gegen Eintracht eine solch gute Figur gemacht hatte, fiel schon nach einer halben Stunde ab und mußte nach der Pause in den Sturm genommen werden. Hergert ging als Mittelläufer zurück und kam auch hier viel mehr zur Geltung als vorher auf dem Mittelstürmerposten. Sehr gut waren die beiden Verteidiger, besonders Germann hielt den Eintrachtangriff immer wieder auf. Schaub im Tor hat von seinem früheren Können viel eingebüßt. Nicht daß er einige der Tore hätte halten können (was vielleicht auch möglich gewesen wäre); in vielen Situationen zeigte er sich von einer sehr unsicheren Seite. Von den Stürmern gefiel Michel sehr gut. Er war schnell und spielte auch gut zu. Schöne Einzelleistungen sah man auch von Hartmann. Beide hatten aber nicht den entschlossenen Schuß, sonst hätten sie die eine oder andere Chance, die sich ihnen bot, ausgenutzt. Von den beiden Außenstürmern sah man wenig. Das Spiel war über Erwarten gut besucht. Fast 8000 Zuschauer bildeten den Rahmen. Das ist erstaunlich, denn in Bornheim spielte der Sportverein, und man hatte allgemein erwartet, daß dort mehr Zuschauer sein würden als am Riederwald. In Frankfurt betrachtet man es als eine kleine Sensation, daß die Eintracht mehr Zuschauer hatte als der Sportverein. Schiedsrichter Schmitt, Offenburg, war peinlich genau, sehr korrekt, aber nicht immer sehr glücklich in seinen „Vorteil"-Entscheidungen. Seine Leitung war, im ganzen genommen, gut. (aus dem 'Fußball' vom 12.03.1930)
Frankfurter Echo Eintracht Frankfurt — FC. Pirmasens 7:2. Dreimal stand an diesem torreichen Sonntag die Frage: hie Maingruppe — hie Saargruppe auf dem Programm der süddeutschen Verbandsspiele. Hätten wir unseren Mainmeister nicht, wir Frankfurter hätten ob dieser Probe aufs Exempel eine zünftige Gänsehaut kriegen können. FSpV. Frankfurt ließ sich in Bornheimer Gemarkung von den Sportfreunden Saarbücken mit 2:3 Toren die erste Niederlage beibringen, und Rotweiß hatte bei einem 0:2 gegen den FV. Saarbrücken immerhin die Entschuldigung, als reisende Mannschaft besiegt worden zu sein. Eintracht aber rettete die Ehre der Mainmetropole. Zwischen ihr und dem Saarmeister erbrachte auch die zweite Begegnung einen wahren Segen an Toren. Während jedoch das Vorspiel mit 4:4 zur Punkteteilung geführt hatte, endete das Rückspiel mit einem sehr hohen Siege der Riederwälder. Mag der Punktgewinn für Eintracht noch so sehr verdient und berechtigt sein — und er ist es ohne allen Zweifel — die hohe Tordifferenz läßt die Gäste bei weitem zu kurz kommen. Um einen Klassenunterschied, wie er aus 5 Toren Differenz herausleuchtet, waren die Saarleute gewiß nicht schlechter, namentlich der Halbzeitstand von 4:0 Toren tut ihnen bitter unrecht. Anfangs verstanden es die FCler sogar sehr gut, mit ihrem auffallend hohen Spiele die Frankfurter ihren gewohnten Bahnen abzuhalten, und erst als etwa eine halbe Stunde nach Beginn fast wie von ungefähr innerhalb drei Minuten ebenso viele Tore gefallen waren, machte sich ein Könnensunterschied bemerkbar, aber auch dann immer noch nicht in annähernd der Höhe, wie ihn ein Fernstehender dem Endergebnis entnehmen könnte. FC. Pirmasens ist der Eintracht von heute nie und nimmer gewachsen. Das stimmt sicherlich. Aber ein 4:2 für Frankfurt hätte sich doch sachlicher ausgenommen. Schade um die Gäste. Sie imponierten nicht durch ihre Methode, denn sie spielten sehr hoch, was dem Frankfurter Geschmack nicht im geringsten entspricht. Aber sie fielen um so angenehmer auf durch die ritterliche Art ihres ganzen Gebarens. Sie kämpften hart, sehr hart, aber anstandslos fair. Ihr Spiel war niemals ein männermordender, wohl aber ein Männer erfordernder Sport. So aber soll Fußball gespielt werden; so, und niemals anders. Noch eins kann gar nicht genug am FC. Pirmasens gerühmt werden. Die bereits bei Halbzeit mit 0:4, kurz darauf sogar mit 0:5 aussichtslos im Hintertreffen liegende Elf, ließ selbst in dem Augenblicke nicht locker, als ihr Halblinker Hartmann, einer der besten des nicht ungefährlichen Angriffs, kurz nach der Pause verletzt ausscheiden mußte. Sie erzwang sogar mit ihren 10 Mann die große Genugtuung, plötzlich den Spielstand auf 2:5 hinaufgeschraubt zu haben, und leistete auf alle Fälle bis zur letzten Spielminute zähesten Widerstand. Das verdient ein uneingeschränktes Lob, unbekümmert um die technischen und taktischen Mängel, die die Mannschaft ihrem heutigen Bezwinger gegenüber zweifellos besitzt. * Eintracht lag volle 30 Minuten lang in Gefahr, sich das ungewohnt hohe Spiel des Gegners aufzwingen zu lassen. Erst nach Ablauf dieser ersten halben Stunde fanden sich die Leute vom Riederwald, kamen mit ihrer zügigen Kombination zu drei blitzschnellen Toren und hatten von nun an den Gegner und das gesamte Spiel in der Hand. Selbst die kurze Schwächeanwandlung nach der Pause, in der die beiden Erfolge für Pirmasens fielen, ändern nichts an dem Eindruck, daß Eintracht niemals eine Wiederholung der Vorfälle aus der ersten Begegnung geduldet hätte, in der sie anfangs 3:0 geführt hatte, dann aber mit einem 4:4 hatte zufrieden sein müssen. Eintracht schien sich bereits vor ihrem ersten Tore durchaus „über der Situation" gefühlt zu haben und ist vielleicht aus diesem Grunde nicht früher, als geschehen, zu diktatorischen Maßnahmen geschritten. Einzelheiten ließen zu wünschen übrig, aber es war doch das bewußte beruhigende Gefühl, das der ortskundige Zuschauer den Aktionen dieser Goldammers, Dietrichs usw. entnahm. Gewiß, das Schlußtrio machte manchmal in Unsicherheiten, aber die Läuferreihe betätigte sich umso gewissenhafter wie ein Bügeleisen, das alle Falten der Besorgnis aus der Stirne des Eintrachtanhängers plättete. Sehr gut arbeitete Gramlich, der rechte Flügelläufer, der beste Mann auf dem Platze, und es ist weder für Goldammer noch für Mantel eine Herabsetzung, etwas im Schatten dieses ruhigen und überlegten Halfs gestanden zu haben. Auch im Sturm gab es einen überragenden Mann: den Linksaußen Kellerhoff. Sein Nebenmann Dietrich blieb der Dirigent, Ehmer der Goalgetter, Trumppler der Drängler und Wühler. Leis auf dem ungewohnten Platz rechtsaußen, benötigte einige Zeit, war dann aber der Urheber vieler guter Flankenschläge. * FC. Pirmasens hatte in Hergert und dem leider ausgeschiedenen Hartmann seine gefährlichsten Angriffspieler. Der Rechtsaußen Fuhrmann verlegte sich ausschließlich auf seine Schnelligkeit. Die gesamte Läuferreihe deckte vorzüglich ab, auch die Art der Zerstörung erwies sich als zweckdienlich, aber für den Spielaufbau und die Verlegung des Schwergewichts nach vorne, via Eintrachttor, hatte diese Reihe wenig Geschick und noch weniger Verständnis. Trotz vieler Minustore hielt auch die Verteidigung in annehmbarer Weise stand, soweit dies bei den blitzschnell aufkommenden Gefahren, wie sie dem Raffinement eines Kellerhoffs entsprangen, denkbar war. Das gleiche kann auch von dem Torhüter Schaub gesagt werden, der eben das Pech hatte, sich siebenmal der vis major, der „höheren Gewalt" gegenüber befunden zu haben. Vier Tore schoß Ehmer, zwei stammten bemerkenswerter Weise vom Mittelläufer Goldammer, einmal bemühte sich der Rechtsaußen Leis mit Erfolg. Pirmasens ließ durch Hergert einen Strafstoß famos verwandeln. Kurz darauf vollbrachte der Halbrechte Michel ein schönes Tor. * In dem Schiedsrichter Schmitt aus Offenburg wollten viele Eintrachtler anfangs, als die Sache nicht vorwärts kommen wollte, ihren bösen Feind sehen. Das war nicht richtig und berechtigt. Ich fand, daß Schmitt seine Sache vor allem sehr korrekt, dann aber auch ohne wesentliche Schnitzer hinter sich gebracht hat. Ludwig Isenburger. (aus dem 'Kicker' vom 11.03.1930)
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