Eintracht Frankfurt - Wormatia Worms

Süddeutsche Meisterschaft 1929/30 - 5. Spieltag

5:3 (2:1)

Termin: 02.02.1930 im Stadion
Zuschauer: 5.000
Schiedsrichter: Müller (Beiertheim)
Torschützen: 1:0 Theodor Trumpler, 2:0 Karl Ehmer, 2:1 L. Müller, 2:2 Winkler, 3:2 Walter Dietrich, 3:3 L. Müller (Elfmeter), 4:3 Walter Dietrich, 5:3 Walter Dietrich

 

>> Spielbericht <<

Eintracht Frankfurt Wormatia Worms

 


  • Gispert
  • Volker
  • Closet
  • Winkler
  • Gölz
  • L. Müller

 

Trainer Trainer
  • Ludwig Philipp

 

Eintracht wieder auf dem zweiten Platz.

Das Rad dreht sich. Diesmal mußten Bayern München und Pirmasens die Segel streichen, so daß Eintracht gleich hinter Fürth rangiert. Das ist ein Zeichen dafür, daß der Kampf in München wohl ein Spiel, jedoch sonst noch recht wenig entschieden hat. Es ist ebensogut möglich, daß am Ende der Vorrunde die Eintracht den Punkt Vorsprung vor den Münchnern behält und Fürth vielleicht in Pirmasens oder Freiburg zurückfällt, wie daß es in Waldhof oder gegen Stuttgart eine unangenehme Überraschung für die Eintracht gibt. Am Main hofft man natürlich unverdrossen weiter. Warum auch nicht?

Eintracht Frankfurt schlägt Wormatia Worms 5:3 (2:1).

Die Tatsache, daß die Eintrachtverteidigung reichlich ,,porös" geworden ist, läßt sich nun nachgerade nicht mehr leugnen. Während sie bis fast vor Schluß der Mainmeisterschaft nur drei bis vier Tore aufgebrummt bekam, ist das jetzt fast in jedem Spiele der Fall. Vorsprünge sind auch nie ganz sicher. Schon vor zwei Jahren gegen Waldhof konnte man das beobachten. Aber allmählich beginnt das chronisch zu werden, sehr zum Mißvergnügen der Anhänger des Mainmeisters, die dann immer eine böse Viertelstunde zu verleben haben.

Jede Wirkung hat ihre Ursache. Die Ursache der Schwächen in der Verteidigung der Eintracht ist nicht so leicht zu erkennen. Es wäre übertrieben, allein dem Torwart die Schuld zu geben, wenn auch Schwächen des „Portiers" sehr auf die Nerven der Vorderleute gehen können. Es hat dabei anscheinend nicht viel gebessert, daß man an Stelle von Trumpp einen neuen Spieler namens Hausmann eingestellt hat. Ein abschließendes Urteil über einen neuen Spieler, der nicht vollkommen versagt oder ganz groß einschlägt, ist stets verfrüht. Die Frage, ob der Mann weiter Trumpp vorzuziehen ist, kann daher am besten dem Eintrachtspielausschuß Kopfzerbrechen bereiten, denn er ist dafür verantwortlich, wie es auch schief gehen mag. Aber daß der neue viel besser ist als der langjährige Torhüter Trumpp, erscheint wenig wahrscheinlich. Man rühmt den weiten Abschlag und den Mut Hausmanns. Das macht aber allein noch keinen Torwart aus. Für die Eintracht ist das Problem allerdings recht heikel, denn ein dritter Torwächter scheint nicht zur Verfügung zu stehen. Vielleicht kommt aber auch Trumpp wieder in Form, wenn er etwas ausgesetzt und neu trainiert hat. Was aber sonst die Verteidigung angeht, so weiß man, daß Pfeiffer sehr gut, Schütz sogar international ist. Der Internationale war im Spiele gegen Wormatia krankheitshalber durch Stubb ersetzt worden, der der beste der vier Verteidiger war. Auch das ist bemerkenswert. Die Läuferreihe ist bekannt genug, ja sogar hervorragend. Worin liegt dann die Schwäche der Abwehr? Man wird sie wohl in taktischen Mängeln zu suchen haben. Es fehlt zuweilen das Verständnis zwischen Verteidiger und Torwart, der Zusammenhang zwischen Läufer und Verteidiger. Bei der Eintracht rächt es sich doch, daß der Fußballehrer fehlt. Diese Bemerkung ist in München ganz richtig gemacht worden. Die Eintracht hat zwar — was man auswärts weniger wissen wird — einen sogenannten Trainer, d.h. einen Sportlehrer der Hochschule für Leibesübungen; das mag auch für die Überwachung des allgemeinen Trainingsbetriebs des ganzen Vereins recht förderlich sein, für die Fußballmannschaft reicht es kaum aus. Die Erfolge der Eintracht gründen sich auf dem Können der einzelnen guten Spieler. Soll noch hinzugelernt werden, soll vor allen Dingen die Mannschaftsarbeit gesteigert werden, so muß die Eintracht das Training irgendeinem bewährten Fußballtrainer übertragen, sei es auch nur ein erstklassiger Spieler aus ihren eigenen Reihen; ich nenne z. B. Dietrich, doch der wird wahrscheinlich keine Zeit haben.

Der Sturm der Eintracht arbeitet auch nicht fehlerfrei. Ehmer kultiviert das Zusammenspiel zu wenig. So kommt es, daß im Innentrio drei hervorragende Einzelspieler zu stehen scheinen, die aber alle auf eigene Faust arbeiten. Das kann deshalb nur an Ehmer liegen, denn Dietrich ist ein Kombinationsspieler. Man kann deshalb der Eintracht hier den Versuch empfehlen, Dietrich und Ehmer die Plätze tauschen zu lassen. Dietrich ist ein ausgezeichneter Sturmführer, der sich den modernen Erfordernissen eines Mittelstürmerspiels besser anzupassen weiß als Ehmer. Die W-Formation hat sich nämlich wieder überlebt. Man versucht den Angriff in seiner Wirksamkeit zu steigern, indem mindestens vier Stürmer vorne bleiben und nur einer etwas zurückhängt. Dieser führt. Die gegebene Rolle für Dietrich. Jedenfalls wurde der Frankfurter Sturm viel erfolgreicher sein, wenn er mehr Aufbau treiben würde.

Gegen Worms wurden fünf Tore erzielt und drei hingenommen. Da nach anfänglicher Führung der Eintracht Worms auf einen 3:3-Gleichstand kam, ist damit deutlich gezeigt, daß das Spiel umstritten war. Die Wormser hätten sogar Gelegenheit gehabt, die Eintracht noch ernstlicher zu gefährden, wenn ihr Torwart Gispert nicht ebenfalls bedenkliche Schwächen gehabt hätte. Auch die Verteidigung war nicht recht hasenrein. Dabei spielte erstmals Volker wieder, der es nur der Nachsicht von Müller-Beiertheim zu verdanken hat, daß er nicht sogleich wieder erneut mit einem „Zwangsurlaub" bedacht worden wäre. Ebenso hat Closet gezeigt, daß er auch erhöhter Schiedsrichteraufmerksamkeit würdig ist. Mit diesen Methoden hat Wormatia schon einmal schlechte Erfahrungen gemacht. Man sollte daher von seiten der zuständigen Vereinssteilen im eigenen Interesse etwas zu dämpfen versuchen. Die Läufer von Worms sind Durchschnitt. Dagegen muß der Sturm ernstlich bewacht werden, denn da wird jede Gelegenheit genützt, um zum Erfolg zu gelangen. Die berühmten Innenstürmer L. Müller und Winkler haben ihre frühere Gefährlichkeit wieder erlangt. Dazu kommt, daß Gölz als Mittelstürmer den alten Philipp mehr ersetzt und sich auch zu einer Schußkanone auszuwachsen scheint. Das ist nicht ungefährlich, wenn auch das ganze Innentrio sich auf mehr als Durchbrüche und Torschüsse kaum zu verstehen scheint. Auch hier fehlt die Kombination, die Stärke aller ersten bayerischen Mannschaften, deren Vorbild doch nachgestrebt werden soll! Auch sind keine überragenden Flügelstürmer da.

Ein betrübliches Zeichen der Auswirkung der Münchener Niederlage war der schwache Besuch des Spiels. 5000 Zuschauer, das ist sehr mager. Die Frankfurter sind nur noch hinterm Ofen hervorzulocken, wenn sie glauben können, daß auch etwas geboten wird. Das war der Fall bei Fürth, das wird auch zur Folge haben, daß Bayern München ein ausverkauftes Haus geben wird. Aber Worms zog nicht und Eintracht nach dem 1:5 auch nicht viel... Es ist eigenartig, wie sich die Fußballanhänger aber auch von einem Resultat täuschen lassen. Der Einfluß ist doch nicht so groß, daß eine Mannschaft deshalb nun gar nichts mehr zu zeigen vermag, während sie noch einige Wochen früher Zehntausende begeisterte.

Die Eintracht war von Anfang an überlegen und kombinierte flach. Worms versuchte durch konstantes Hochspiel zu stören. Das hinderte Eintracht nicht, durch Trumppler nach etwa zwanzig Minuten in Führung zu gehen, um bald darauf durch Ehmer auf Vorlage Trumpplers den Vorsprung zu erhöhen. Noch vor der Pause konnte aber Worms durch L. Müller einen Treffer aufholen. Nach Halbzeit gelang Worms sogar der Ausgleich. Winkler hatte wieder einmal mit einem Bombenschuß eines jener Glanztore geschossen, wie man es im Fußball gerne sieht. Es war Dietrich, der Eintracht den Sieg sicherstellte. Der ausgezeichnete Schweizer zeigte allen denen, die ihn schon aus der Mannschaft heraus haben wollten, wie wenig Fußballkenntnisse sie haben. Einen Spieler, der so gut ist wie Dietrich, stellt man nicht kalt, wenn ihm in zwei bis drei Spielen einmal nicht alles in Bestform gelingt. Dietrich war wie gegen München wieder der beste Mann im Sturm. Daß er drei Tore erzielte, ist ein besonderes Verdienst in den Sportzeiten, wo nur der zahlenmäßige Erfolg gilt. Worms konnte das Resultat nur durch einen Strafstoß, den Müller verwandelte, auf 3:3 stellen, dann sorgte Dietrich für das endgültige 5:3.

Damit ist für die Einzelkritik des Siegers schon gesagt, daß Dietrich der beste im Sturm war, nach ihm Trumppler und Kellerhoff, der Techniker am linken Flügel. Ehmer spielte unterschiedlich, Schaller ist augenblicklich nicht in Bestform. Die Läufer waren ausgezeichnet, wenn auch der schwere Boden an die großen Spieler besondere Anforderungen stellte. Mantel war der beste. Sein hervorragendes Spiel verdeckte sogar einige Unsicherheiten Pfeiffers, der keinen besonders guten Tag hatte, über die Wormser ist bereits alles gesagt, Schiedsrichter Müller, Beiertheim, hätte ruhig energischer sein dürfen.      Dr. C. E. L. (aus dem 'Fußball' vom 04.02.1930)


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