Bayern München - Eintracht Frankfurt

Süddeutsche Meisterschaft 1929/30 - 4. Spieltag

5:1 (1:1)

Termin: 26.01.1930
Zuschauer: 25.000
Schiedsrichter: Walter (Ludwigshafen)
Torschützen: 1:0 Pöttinger (4.), 1:1 Bernhard Kellerhoff (Dietrich?) (35.), 2:1 Bergmaier, 3:1 Haringer (Elfmeter), 4:1 Schmid, 5:1 Pöttinger (Welker?)

 

>> Spielbericht <<

FC Bayern München Eintracht Frankfurt

  • Schwab
  • Kutterer
  • Hutsteiner
  • Naglschmitz
  • Heidkamp
  • Haringer
  • Hofmann
  • Schmid
  • Pöttinger
  • Bergmaier
  • Welker

 


 

Trainer
Trainer

 

5 Treffer gegen Eintracht, 1 gegen Bayern

Eintrachts besseres Feldspiel gibt nicht den Ausschlag — Stürmerelan entscheidet
— 20000 Zuschauer —

Die Richtigkeit uralter Binsenwahrheiten erstrahlt im hellsten Licht, der Torschuß entscheidet. Feldüberlegenheit ist eine schöne Sache, aber der energische Entschluß einer Sekunde wiegt schwerer, als 90 Minuten Dauerleistung.

Um mit beiden Beinen auf den Boden der Tatsachen zu springen

Bergmaier, der Bayern-Halbrechte,

den man in der zweiten Halbzeit nur als vierten Läufer fungieren sah, hat diese Sekunde gehabt.

In der zweiten Halbzeit, als der Kampf noch 1:1 stand.

Da, wo nach der ganzen Kampfsituation der linke Läufer stehen mußte, 30 Meter schräg links vor dem Eintrachttor, sieht er für den Bruchteil einer Sekunde eine Gasse in der Hintermannschaft der Eintracht, eine Gasse, die sich im Moment schließt, da sie sich öffnete. Einer jener Zufälle, wie sie jedes Spiel zu Dutzenden bietet, bringt ihm in diesem bedeutungsvollen Augenblick den Ball schußgerecht. Das Krümmen und pantersprungartige Zusammenziehen des Oberkörpers verrät, was kommt. Ein Satz, ein Schlag, und in einer geradezu unwahrscheinlichen Spirale fegt der Ball über Bayernstürmer, Eintrachtläufer und Verteidiger dahin — ehe man zum Denken kommt, ob er überhaupt aufs Tor geht, sieht man die zwei rotbeärmelten Arme des Eintrachttorwarts verzweifelt in die Luft greifen — Heulen, Toben und Rasen der Menge und das jauchzende Sichwenden der Bayernstürmer verrat das übrige:

Tor!!! 2:1 für Bayern

*

Manager und Pfleger eines Boxers, der in schwerem Kampf steht, errechnen sich in der zehnten Runde einen klaren Punktsieg ihres Schützlings, da schlägt die Faust des Gegners durch eine kaum beachtete Deckungsblöße, hat Glück, trifft haargenau den Punkt, und da der Punch nicht fehlte, liegt jener mitsamt seiner Punktsammlung am Boden. K. o.!

Was für diesen Boxer der eine Schlag war, war für die Eintracht dieser Bergmaierschuß, dem der Punch, das Schmalz, wahrhaftig nicht fehlte. Von diesem Schlag erholte sich die Mannschaft nicht mehr. Schütz und Pfeifer, die bis dahin mit virtuoser Technik und auffallend selbstbewußter Ruhe geschafft hatten, wurden nervös. Dieser Schuß paßte nicht in ihr Programm, das wohl alle möglichen taktischen Schachzüge des Gegners in Betracht zog, aber nicht diesen Schuß, der nach herkömmlichen Begriffen sinnlos sein mochte. — — — Beide Eintrachtverteidiger verloren jetzt ihr Selbstbewußtsein. Um ein ähnliches Vorkommnis zu verhüten, übertrieben sie ihr Abdrängspiel, sie rückten auf, griffen die Bayernstürmer in Regionen an, wo solche Gewaltschüsse nicht mehr möglich waren, aber so entstand hinter ihnen ein Glacis, das vom Maschinengewehrfeuer der Hofmann, Schmid, Pottinger, Welker in der Folge unablässig bestreut wurde. Die Stürmer fühlten freien Raum vor sich, ihnen ward die Sache zum billigen, aber willkommenen Fressen. Schon steuert Hofmann mit Ball am Fuß in den Strafraum herein, Pfeiffer kann ihm, als er zum Schuß ansetzen will, nur noch durch Angriff von hinten die Beine unterm Leib wegziehen:

Elfmeter. — 3:1 für Bayern

Haringer hatte scharf und flach verwandelt, damit ist die Partie entschieden, zumal die Uhr meldet, daß der Kampf soeben in sein letztes Sechstel tritt.

Das ganze war ungemein dramatisch, denn nur wenige Minuten vorher war Ehmer nach einer gewagten Kopfabwehr Hutsteiners zu einem Lattenschuß gekommen, der ebensogut zum zweiten Male den Ausgleich hatte bringen können. Womit gesagt sein soll, daß die Frankfurter nach wie vor ihre leichte Feldüberlegenheit behaupten konnten.

Zehn Minuten vor Schluß kann man feststellen, daß Frankfurts Hintermannschaft mit ihren Kräften fertig ist. Die Läufer, bis dahin in imposantem Fluß Offensive mit Defensive vertauschend, je nachdem, wie es die Gefechtslage erforderte, konnten die Strecke Weges vom gegnerischen bis zum eigenen Strafraum nicht mehr überbrücken. Schon ist Welker wieder auf und davon. Als Pfeiffer ihn attackiert, spielt er an Schmid II ab, der nur zwei Schritte braucht, um allein im Strafraum zu stehen. Trumpp hat die Wahl zwischen zwei Zügen, aber jeder muß das Schachmatt zur Folge haben: bleibt er im Tor, rückt Schmid ihm auf den Leib, um aus 5 Metern in eine Ecke zu schießen, läuft er heraus, muß der Schuß an ihm vorbei einschlagen. Er entschließt sich, herauszulaufen, und Schmid handelt konsequent. Man zählt noch sechs Minuten und 4:1.

*

Damit ist die Niederlage in ein Stadium getreten, das in der neueren Geschichte des süddeutschen Fußballsports eine bedeutende Parallele vorweist.

Es ist gerade ein Jahr und zwei Wochen her, daß eine Kombination von Klub und Spielvereinigung die österreichische Verbandsmannschaft 5:0 schlug, obschon die Halbzeit nach besserem Spiel der Wiener 0:0 auswies. Periodenweise haushohe Überlegenheit der Wiener brachte mangels Torschusses keinen Erfolg, als dann die Süddeutschen kämpften und mit Torschüssen aufwarteten, wo nach Wiener Schule die Kombination noch die vorletzte und letzte Phase durchlaufen muß, kam der Zusammenbruch.

Zwar kam die Eintracht nicht zu einer haushohen Überlegenheit, aber ein dauerndes Feldspielplus kann man nicht leugnen. Die Bayern scherten sich nicht drum. Drei Minuten vor Schluß kommt wieder Welker durch, der eine präzise Vorlage Pöttingers fein aufnehmen konnte. Die Aktion ging blitzschnell vor sich. Trumpp geht zu Boden und macht eine etwas unglückliche Figur, als der Ball zwischen seinem Oberkörper und der linken Torstange sich ins Netz schlängelt.

5:1. Nach dem ganzen Spielverlauf eine Katastrophe, wie jene der Wiener im Nürnberger Stadion am 6. Januar 1929.

*

Dieser Sieg der Bayern wird in Süddeutschland und im übrigen Reich Aufsehen erregen. Denn er wurde gegen einen Gegner erfochten, erkämpft, der sich auf Grund des tatsächlich vorhandenen und selbst erkannten Fortschrittes in der Spielkunst und nicht zuletzt wegen des glatten Sieges über den deutschen Meister für ebenbürtig der bis dahin souveränen bayerischen Extraklasse halten durfte. Aber der Bayernerfolg wird noch sensationeller aufgenommen werden, wenn man hört, daß in der Münchner Mannschaft ein Mann nicht weit davon entfernt war, ein glatter Versager zu sein, von dem man es nicht nur nicht erwartet, sondern von dem man es überhaupt nicht für möglich gehalten hat: Conny Heidkamp. Der Ausdruck „schwarzer Tag" trifft hier noch nicht das richtige. Man muß schon den Begriff „schwarz" in 10 Grade einteilen und dann den allerdustersten als Maßstab für die heutige Leistung des „Grenadiers" wählen. Das Resultat und der Erfolg an sich mögen ihn trösten, wenn er die heutigen 90 Minuten im stillen Kämmerlein im Geiste nochmals durchlebt.

*

Die anderen Bayernleute gut. Schwab ausgezeichnet, man will kaum glauben, daß bei Bayern vor kurzem Torwartkrise herrschte. Kutterer in großer Fahrt, Hutsteiner gewillt, sogar ihn noch zu übertreffen, Haringer und Naglschmitz spielten die alte Taktik des scharfen Abdeckens des Außenstürmers, als wollten sie für Beibehaltung dieses Modus demonstrieren. Alle Stürmer in Kampfstimmung und bei Spiellaune. Nichts kann die Durchschlagskraft dieser Reihe besser unterstreichen als die Tatsache, daß in diesem großem Kampf gegen einen großen Gegner jeder Stürmer ein Tor machte (wobei wir den Efmetererfolg in diesem Zusammenhang Hofmann gutschreiben wollen).

*

Die Eintracht wird es wohl nicht so bald fassen, daß dieser Kampf, obschon er so aussichtsvoll lief, in diesem Ausmaße verloren gehen konnte. Die Mannschaft hatte, wie man so zu sagen pflegt, mehr vom Spiel, und zwar deshalb, weil jeder Spieler, der am Ball und im Kampf war, automatisch und sofort Hilfestellung von einem oder zwei Kameraden bekam. So blieben 75 Prozent der Bälle an Frankfurter Beinen, die bei den Bayern, wo die nicht im Kampf stehenden Spieler abwarteten, wie sich die Sache entwickeln würde, totsicher verloren gingen. Aber diese Methode verlangt eine Kondition, die die Eintracht eben doch nicht hat. Die Bavern standen den Kampf besser durch, weil sie ihre Kräfte besser einteilten. Hervorragend war die Frankfurter Läuferreihe als Einheit, Goldammer der beste Mann am Platze, Mantels eigensinniges Dribbling gegen Welker gleich zu Anfang war Ursache des ersten Tors, das Pöttinger in äußerst raffinierter Weise gegen Trumpp, der eben den Ball aufnehmen wollte, machte. Die Verteidigung Schütz und Pfeiffer wurde durch Bergmaier uberrumpelt, der enorme Schuß hatte ihre Nerven knock out geschlagen. Trumpp hielt brave Sachen, Nr. 1 und Nr. 5 muß er haben.

So kommen wir zur Stürmerreihe, die den Raum von der Feldmitte bis zum Strafraum erschreckend schnell zudeckt, aber dann in Konvention erstarrt. Der Sturm spielt bei langandauerndem Drängen keine Chancen heraus, und wenn er mal eine herausgespielt hat, ist sie so durchsichtig, daß man kaum ein Schwab sein muß, um den genau zu berechnenden Schuß zu halten. Schaller ist der beste Mann, er kam öfter als den Bayern lieb war, an Naglschmitz und Kutterer vorbei. Der eine Treffer fiel auch durch eine seiner exakten Kurzflanken, typisch, daß Kellerhof, den man unbedingt nach ihm nennen muß, die Flanke verwandelte. Trumpler, Ehmer und Dietrich waren ein Innentrio vom bayerischen Durchschnitt, Kombination kurz und exakt, wenig Einfälle und gar kein Schuß. Dietrich fällt durch seine verblüffende Technik auf, seine Schüsse sind kräftig, aber selten placiert und nie unerwartet.

Die Mannschaft spielte fair, wenn auch hart, genau wie die der Bayern. Ein paar Temperamentsausbrüche auf beiden Seiten können diesen angenehmen Eindruck nicht verwischen.

*

Etwa 20 Reisebegleiter der Frankfurter brachten mächtiges Leben auf die Tribüne. Sie mußten sich von den 20000 Münchnern überschreien lassen. Und doch war Münchens Beifall beim Ausgleich (1:1) der Frankfurter sehr stark. Es darf aber kein Zweifel sein, daß sie die 20000 überboten hätten, wenn die Torserie bei Schwab eingeschlagen hätte. Nicht auszudenken! Nach alter Erfahrung legte sich ihr Eifer beim dritten Treffer. Ich möchte 35000 Frankfurter von dieser Qualität einmal hören.

Aber dieser Enthusiasmus, der so gar nichts bösartiges hatte, versöhnte in seiner Kindlichkeit. Man nennt den Frankfurter Geschäftsmann nüchtern und berechnend. Diese 20 Mann, durchwegs diesen nüchtern berechnenden Kreisen zugehörig, bewiesen den Münchnern, daß sie in der Lage sind, ihr Herz an eine Harmlosigkeit, an ein Spiel zu hängen. Freuen wir uns ob dieser Begeisterungsfähigkeit. Unser Sport braucht Enthusiasmus.

*

Schiedsrichter Walter, Ludwigshafen, war gut.     J.Hgn.

 

Es war eine Eintracht-Katastrophe

Aber weitermachen und nicht verzweifeln

Mit seinen mindestens 25000 Zuschauern hat sich das Meisterschaftstreffen Bayern - Eintracht den „Lehrspielen" überlegen gezeigt. Gestehen wir es ruhig: eigentlich sind die Zuschauerzahlen der Lehrspiele enttäuschend. Somit ist die Annahme naheliegend, daß volles Verständnis und wirkliches Interesse hierzulande erst durch die Teilnahme Fußball-Deutschlands an der Mitropa-Pokalkonkurrenz und die völlige Freigabe des Spielverkehrs mit dem „Osten" erreicht werden können.

Heute noch bedeutet ein gewöhnliches Meisterschafts-Schlußspiel der Masse fast dasselbe, wie das schönste „Lehrspiel", auch wenn von Ebenbürtigkeit der Gegner nicht recht die Rede sein kann, und entschieden mehr, wenn es sich gar um eine Gegnerin wie Eintracht handelt, der in den letzten Wochen namentlich nach ihrem Sieg über Sp.Vg. Fürth und der Pirmasenser Schlappe der Bayern so etwas wie die Stellung einer Favoritin im Endkampf eingeräumt worden war.

„Favoritin" Eintracht.

Inzwischen hat schon der Pirmasenser Tag der Eintracht gezeigt, daß auch sie verwundbar ist. Und nach dem unglücklichen Ausgang ihrer Expedition nach München wird wohl niemand mehr außerhalb Frankfurt geneigt sein, ihr einen Vorrang von den anderen prominenten Bewerbern einzuräumen.

Der Überspannung der Erwartungen ist in naturgemäßer Reaktion ihre Zurückfuhrung auf das normale Maß gefolgt. Und die meisten begnügen sich damit, den weiteren Verlauf der Endspiele abzuwarten.

Es hat im Publikum eine Minorität gegeben, die einen Sieg der Eintracht erwartete und sogar wünschte. Im zahlenmäßig überwiegenden Anhang der Bayern waren ein paar Gruppen vorhanden, welche solche Gefühlsregungen — denn anders können sie unmöglich bezeichnet werden - bespitzelten und bespöttelten, namentlich dann, als der Sieg der Bayern in seinem ganzen Ausmaß feststand.

Der Zeuge der sich so entspinnenden Wortgefechte vernahm eigentlich nichts, das dem Wert und der Einschätzung der Eintracht Abbruch getan hätte. Nun, wer verkleinerte auch die Bedeutung eines von den „Seinigen" errungenen Sieges.

Die Bedeutung des Sieges.

Tatsächlich kommt ihm auch eine enorme Wichtigkeit für beide Teile zu. Heißt es sonst immer nur aus einer Niederlage lernen, so gilt es diesmal für Bayern aus seinem schönen Siege zu lernen, wie für Eintracht die Folgerungen aus ihrem Mißgeschick zu ziehen.

Besser und immer besser muß es der Sieger machen. Vor allen Dingen wird er jene Momente allgemeiner Konfusion, die er vor Halbzeit hatte, ausschalten müssen, sollen nicht Katastrophen eintreten, wie deren eine diesmal Eintracht erlebte. Hier rannte fast alles Rotgraue durcheinander. Es hatte das Vertrauen auf das im allgemeinen so sicher durchgeführte Verteidigungs- und Bewachungsspiel verloren. Das gegenseitige Sichaushelfen, eine Neuheit im Bayern-Abwehr- und Läuferspiel, artete in gegenseitige Behinderung aus. Für Momente, die glücklich vorübergingen. Dann zeigte sich wieder das Bayernfeld in alter Geschlossenheit, an welcher die Gegnerin scheiterte.

Die "bewußte" zweite Halbzeit.

Niemand wird in Zukunft sich rühmen können, die Bayern geschlagen zu haben, sofern er sie nicht in der zweiten Halbzeit bändigt. Am summarischsten verfuhr mit ihnen der starke Club, der sie seinerzeit im Privatspiel nach Pause zur Hilflosigkeit verurteilte.

Aber sei es, daß die Bayern harmlos in Privat-, dagegen wie die „Teufel" in Schlußspielen sein können oder daß sie „ihre" zweite Halbzeit erst in Stuttgart gefunden haben, auf alle Fälle müssen ihre Gegner namentlich in der zweiten Spielhälfte auf der Hut sein.

Die Bayern selbst werden aber eine auf die Dauer solide zweite Halbzeit-Extrastärke nur dann erreichen und behaupten können, wenn sie zwei Voraussetzungen erfüllen: erstens die der Körperform und zweitens die des nötigen Luftquantums. Zur Gewinnung des nötigen Luftvorrates bedarf es aber eines recht häufigen Übens in frischer Luft. Denn nach einem alten, aber bisher unbekannten Gesetz hat der Mensch und insbesondere der Sportmensch nur soviel „Luft", als er (in den Tagen vor dem Wettkampf) Sauerstoff eingeatmet hat. In der Stadt und in Trainingshallen ist aber kein Ozon vorhanden. Da die Bayern bislang das Freiluft-Training stark vernachlässigten, ist mit Rücksicht auf ihre „starke zweite Halbzeit" ein solches dringend geboten.

Trotz seinen Erfolgen konnte sich der Bayernangriff an Geschlossenheit mit dem übrigen Mannschaftsteil nicht messen. Er verschuldete die Konfusionsmomente und war Ursache der vielfach beanstandeten Tätigkeit Heidkamps, der für seine Paßbälle keine Richtungspunkte fand. (Das Zuspiel der Bayernläufer war im allgemeinen zu hoch und ungenau und hätte trotz dem Nachdruck, der auf die Verteidigung gelegt wurde, viel besser sein müssen.)

Bergmaiers Spiel an allen Ecken und Enden hatte einige Male, als er nachhelfend in die Abwehrarbeit eingriff, ungefähr den Sinn eines Viertläuferspiels, obschon er gegen Förderer Fritz, den „4. Läufer des K.F.V.", sich notwendigerweise wie ein Zwerg ausnehmen mußte. Die schönste Leistung der Reihe fällt in die erste Halbzeit, als Pöttinger den Ball vortrieb und beide Außenstürmer bewacht sah. Das Publikum schrie: "Tempo! Zu Hofmann!" Pöttinger aber gab an Schmid zurück, dieser paßte wagerecht genau zu Bergmaier und dieser gab mächtig zu Hofmann hinaus, ihn in Trab setzend. Das war ein prächtiger Angriff, leider im Abschluß dem zuletzt erwähnten West Ham- und Wacker-Angriff nicht gleichwertig.

Weitermachen, Eintracht!

Weitermachen oder nicht weitermachen? Das ist die Frage, vor welche sich Eintracht nach ihrem Münchener Unglück gestellt sieht. Wie sie sich entscheidet, sie muß sich recht entscheiden. Der Kundige weiß, daß der heutige Spielbetrieb und die Zurüstung der Mannschaften darauf viel zu sehr im Banne des Rationellen, des Augenblickserfolges stehen. Das sicherste Mittel: grandiose Technik, die erst in langen Jahren erworben werden kann und erst die Ausflüge ins Gebiet hoher Taktik erlaubt, gilt nicht mehr viel, denn es wirkt sich erst später aus. Die Flieger, die Blender, die Überrascher sind an der Tagesordnung. Aber das alles ist nur ein Zeichen für die Umgruppierung, in der sich der Fußballsport aller Länder befindet. Da er sich nicht ins Primitive auflösen kann, so ist zu erwarten, daß sich eines Tages der wirkliche, reine künstlerische Spielstil neu entfalten werde. Denn künstlerisch ist nicht gekünstelt!

Der Eintracht hat diesmal das Publikum allgemein die höhere Einheitlichkeit bestätigt. Weil eben der Bayernsturm sich schlecht zum Ganzen fügte. Verderblich wurde ihr vor allem: gemeinschaftlicher Fehler Mantel-Trumpps beim ersten Tor (Selbsttor), der Spielraum, den rechte Wehr- und Deckungsseite Hofmann ließen, und zwar dadurch, daß sie diesen Hofmann nicht etwa frei vor, sondern hinter sich ließen. Somit war an Einholen nicht mehr zu denken. Dieser Fehler war ausschlaggebend bei 2. und 3. Tor. Denn der Elfer, der das letztere von beiden ergab, war bei richtigem Sichstellen vermeidbar. Ohne Grund braucht man nicht zu so verfehlten „Korrekturen" zu greifen. Beim 5. Treffer irrte sich wieder Trumpp, der schon bei Mantels deplaciertem Rückpaß aufs (!!) Tor im „Hechtsprung" den Ball verfehlt hatte, den er ruhig hätte aufklauben können. Es war fast derselbe Fehler, wie vor zwei Jahren auf der gleichen Stelle. — Der Sturm vermochte die Bayern-Wehr- und Wachmannschaft nicht zu sprengen. Es fehlte das schnelle Abspiel und zum Schluß ausgerechnet die Entlastung durch die Flanken. Trotzdem muß sie weitermachen und nicht verzweifeln.      J. Michler (aus dem 'Fußball' vom 28.01.1930)

 


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