Eintracht Frankfurt - FC Hanau
93 |
Bezirksliga Main-Hessen 1929/30 - 12. Spieltag
3:2 (2:1)
Termin: 01.12.1929
Zuschauer:
Schiedsrichter: Distler (Fürth)
Torschützen: 1:0 Rudolf Gramlich, 2:0 Karl Ehmer, 2:1 Philippi, 2:2 Philippi, 3:2 Rudolf Gramlich
Eintracht Frankfurt | FC Hanau 93 |
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Trainer | Trainer |
Frankfurter Echo Eintracht Frankfurt — 1. FC. 1893 Hanau 3:2. Die ewig gleichgestellte Uhr des Gewohnheitsfußballers hat für jeden Sonntag Nachmittag und alle übrigen Tage mit feiertäglichem Gepräge ein zünftiges Fußballspiel vorgesehen. Nur im Sonderbezirk Main-Hessen ist kein unbedingter Verlaß auf diesen festgefügten Fahrplan. Es gibt da preußische Bußtage und Totengedenktage, an denen der Spielbetrieb zu ruhen hat. Buße und Reue auf behördliche Anordnung und Pietät auf höheren Befehl scheint mir nicht das richtige für uns Fußballer, die man bei solchen Gelegenheiten immer wieder als schlimme Lustbarkeitswüstlinge brandmarkt und die man zwingen will, Sand und Asche auf ihr sündiges Haupt zu streuen. Ich vermisse bei den Verfechtern des behördlichen Spielverbotes, das uns ja bekanntlich noch an anderen Tagen des Jahres recht ungelegen kommt, die Toleranz, die gerade bei ihnen nie ausgehen sollte. Wir dürfen keine Gelegenheit versäumen, immer wieder zu betonen, daß unsere sportlichen Veranstaltungen nicht das geringste mit den Lustbarkeiten gemein haben, die das Verbot treffen zu wollen behauptet. Vielleicht gelingt es dann doch noch einmal, eine unbegründete Gleichstellung mit Dingen aus der Welt zu schaffen, mit denen wir nie etwas zu tun hatten. Eintrachts neue Gruppenmeisterschaft steht seit vierzehn Tagen unantastbar fest. Von den restlichen Spielen konnte das diesmalige gegen den 1. FC. 93 Hanau nicht recht erwärmen. Die Frankfurter hatten sich mit ihrer Mannschaftsaufstellung auf gewisse Experimente eingelassen, die sie sich nach dem Tabellenstande leisten konnten, die Hanauer ließen durch die Unproduktivität ihrer Angriffsreihe kalt. Man sah ein ziemlich temperamentloses Treffen, das in den ersten 45 Minuten von den Riederwäldern technisch stark überlegen durchgeführt wurde und erst etwa eine Viertelstunde nach dem Seitenwechsel verbandsspielähnliche Züge annahm, als Hanau ganz gegen alles Erwarten zum Ausgleich gekommen war. Erst von da ab, gingen beide Parteien etwas mehr aus sich heraus, Hanau, weil es den Siegeslorbeer doch nicht ganz unerreichbar hoch hängen sah, Frankfurt, weil es plötzlich anfing, um seinen guten Ruf als ungeschlagene Mannschaft zu bangen. Trotz allem verlor das zahme Hin und Her auch in dieser letzten halben Stunde niemals den Charakter eines geradezu übertrieben fairen Privatspiels. Man mag kaum glauben, daß um Punkte so fair gespielt werden kann. Eintracht kam nach zehn Minuten durch Gramlich, kurz vor der Pause durch Ehmer zu zwei Toren, die beide von dem gut disponierten Mittelläufer Goldammer eingeleitet worden waren. Aber noch vor dem Seitenwechsel holten die 93er ein Tor auf, indem des Linksaußen Dorn plötzlicher Vorstoß und Flanke zum Halbrechten Philippi viel zu spät die Aufmerksamkeit der Frankfurter Hintermannschaft erweckt hatte. Genau auf dieselbe Weise fiel dann später auch der Ausgleich. Aber Eintracht setzte sich sofort wieder durch Gramlich in knappe Führung und hielt diesen Vorsprung bis zuletzt. Allerdings sah es zeitweilig gar nicht so überzeugend nach einem doppelten Punktgewinn des neuen Mainmeisters aus, denn seine Gegner wurden zuletzt manchmal recht bedrohlich. Alles in allem war Eintracht in recht guter Form. Aber die Mannschaft pochte doch etwas allzu sehr auf den unantastbaren Besitz einer wohlgeborgenen Meisterschaft. Sie tändelte mit dem Balle, mit dem Gegner und mit dem Sensationsbedürfnis der Zuschauer. Neben Stubb ist nun auch in Leis ein neues Verteidigertalent entdeckt worden, und Willi Pfeiffer schickt sich auf seine alten Tage noch an, die Rolle als Mädchen für alles zu übernehmen. Sein Feldspiel als Linksaußen war hervorragend, seine Flanken allerdings viel zu flach. Hanau hat eine sehr zuverlässige Hintermannschaft Selbst die Läuferreihe hat als gut zu gelten, wenigstens, soweit sie Abwehrtätigkeit verrichtet. Sie sollte jedoch unbedingt ihr Augenmerk weit mehr nach vorne richten, wo der Sturm mangels unentbehrlichem Rückhalt absolut nicht' zur Einheit gelangen konnte. Dorn und Philippi waren wenigstens gelegentlich mit Tatendrang geladen, die übrigen kümmerten sich zu wenig um Gemeinschaftsunternehmungen. Auch das Schußvermögen erwies sich als unzulänglich. An Torgelegenheiten fehlte es auch den Gästen nicht, aber Netzschüsse sah man eben nur von Philippi. Herr Distler aus Fürth hatte als Schiedsrichter eine beneidenswert leichte Aufgabe. Er erledigte sie gewissermaßen im Spazierengehen, fast mit sächsischer Gemütlichkeit. Ludwig Isenburger. (aus dem 'Kicker' vom 03.12.1929)
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