Eintracht Frankfurt - Germania
Bieber |
Bezirksliga Main-Hessen 1929/30 - 8. Spieltag
1:0 (1:0)
Termin: 20.10.1929
Zuschauer: Dr. Hans Gotzl (Mannheim)
Schiedsrichter: Maul (Nürnberg)
Torschützen: 1:0 Karl Döpfer
Eintracht Frankfurt | Germania Bieber |
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Trainer | Trainer |
Frankfurter Echo Eintracht Frankfurt — Germania Bieber.
Muß ich denn, wenn ich Ihrem "Kicker" schreibe, immer das olle Gequatsche von Fußball bringen, von Punktjagden, Foulspiel, Elfmetern, Schieberrufen und Publikümern? Darf ich mich mit Ihnen nicht einmal — ach, nur ein einziges Mal — auch von einem anderen, gemeinsamen Interessengebiet unterhalten, als da ist z.B. die „Internationale Kochkunstausstellung (Jka)", die zurzeit in Frankfurts Mauern Tausenden von bedauernswerten Leidensgenossen sämtliche Wässer im Munde zusammenlaufen läßt. Wer wird mir einen kleinen Gelegenheitsseitensprung aus dem kosmopolitischen Gebiet des Fußballs in das ebenfalls völkerversöhnende Reich des Herrn César Ritz, des anerkannten Meisters aller Küchenmeister, verargen, der übrigens einmal gesagt haben soll, daß gerade geistvolle, gebildete Menschen danach streben sollten, auch jm Essen Kultur zu zeigen, woraus gerade Sie, verehrtester Freund Bensemann, neuen Mut schöpfen und in Ihren „Wanderfahrten mit einem Schuß Fußball" fortfahren wollen, den empfänglichen Teil Ihrer Leser auf dem laufenden zu halten, was es Leckeres bei Herrn Richert und Freund Böhm in Nürnberg, bei Mutter Krause oder in Auerbachs Keller in Leipzig, bei Huguenin in Zürich oder im Grand National in Luzern zu tafeln gibt. Nur möchte ich Sie bei dieser Gelegenheit bitten, um heillosen Begriffsverwirrungen vorzubeugen, sich endlich einmal klar auszusprechen, ob Sie etwa an einen Elfmeter oder etwas ähnliches denken, wenn Sie von „einem Schuß Fußball" schreiben, oder ob Sie es so verstanden wissen wollen, wie etwa der Berliner seine „Weiße" mit „einem Schuß Himbeer" zu schlurfen pflegt. Ja, diese höhere „Ganymedrie" ist doch eine ganz ausgekochte Wissenschaft, und es ist erstaunlich, wie diese Herren Escoffier, Délant, Clairot, Deisler, Gottlob, Nägele und Konsorten mit ihrem zahlreichen Stabe von gardos-manger, chef-cuisiniers, sous-chefs, entremetiers rotiseurs, sauciers und patisseurs den „Dienst am Kunden" durch dessen Metamorphose vom „gourmand" zum „gourmet" in praktische Erscheinung treten lassen. Man muß diese Consommé de Volaille Rossini, dieses filet de Sole Wladimir, diesen caille au nid und diese poires mon désir gekostet haben, und man wird allenfalls in der Liebe noch à la carte speisen wollen. Man trennt sich nur schwer von diesen parisinettes, westphaliennes, carèmes, argenteuils, forestières und rositas, und dieses parfait von Humer, dieser Ostender Steinbutt nach reicher Leute Art, dieser jambon Vision de Printemps, dieses Kalbssattelstück, diese Lammnüßchen à la favorite, diese poularde belle rose oder en chemise und diese appetitlichen Birnenkrapfen à l'anglaise lassen einem plötzlich die Welt in rosigstem Lichte erscheinen. „Wie schade", dachte ich und ertappte mich gerade laut schmatzend, „daß jede sündige Orgie in Lucullus herrlichem Reiche noch einen Zentimeter mehr auf der lieblichen Rundung meines embonpoint bedeutet''. Aber schließlich war es doch eine von den unsterblichen Weisheiten keines Geringeren als des Fürsten von Talleyrand, die er in die Worte kleidete: „Donnez moi une bonne cuisine, et je vous ferai une bonne politique", wobei der geneigte Leser das Wort cuisine nicht etwa mit „Kusine" verdeutschen wolle, womit aber der außerordentlich erfolgreiche Minister des Aeußeren aus der Nachzeit der großen französischen Revolution schlagend bewiesen hat, daß er ein mindestens ebenso erfahrener Minister „des Innern" war. Wir Kleinen aber sollen von den illustren Vorbildern der Geschichte lernen, und so variiere ich meinen Lehrmeister Talleyrand und sage: „Gebt mir immer ta-a-a-dellos zu fr-ühstücken, und ich schreibe Euch immer fa-a-a-belhafte Berichte". * Eintracht Frankfurt mußte die bittere Erfahrung machen, daß sich eine so zäh kämpfende Mannschaft, wie sie Germania Bieber besitzt, auch auf fremden Plätzen schwer schlagen läßt. Die Frankfurter beherrschten das ganze Spiel in eindeutiger Ueberlegenheit, hatten auch eine Unzahl von recht gediegenen Torchancen, kamen aber nur einmal dazu, im Freudentaumel die Hände zu erheben. Das war kurz vor der Pause, als der kluge Dirigent Goldammer den wuchtigen Rechtsaußen Schaller auf die Reise geschickt hatte und Schallers Flankenball von seinem Nebenmanne Döpfer eingeschossen werden konnte. Alle übrigen Bemühungen brachten wohl mehr als 20 Torchancen, aber keine Netzschüsse. Teils stellten sich die Angreifer zu unbeholfen an, teils wehrten die Gäste zu aufopfernd. Eintracht spielte trotz Fehlens von Kellerhoff, Dietrich und Schütz nicht schlecht. Im Feldspiel imponierte sie recht nachdrücklich sogar, aber in Toresnähe muß die Arbeitsweise unbedingt zweckentsprechender werden. Die anfänglichen Schwächen Döpfers und Küberts glichen sich sehr bald aus, und beide Spieler fügten sich dem Mannschaftsganzen unauffällig ein. Eine sehr sympathische Figur machte Krämer, der jugendliche Ersatzmann für Schütz. Für ihn war es sicherlich nicht leicht, sich neben einem Manne wie Pfeiffer, der heute wieder ein ganz außerordentlich gutes Spiel lieferte, behaupten zu können. Bei Willy Pfeiffer weiß man in der Tat nicht, ob man seine Spielauffassung, sein technisches Können oder seine vorbildliche Fairneß zuerst loben soll. Trumpp machte einmal einen bei ihm unverständlichen Fehler, der seiner Mannschaft beinahe einen Punkt gekostet hätte, der ohnedies einige Male in größter Gefahr war. Die Germanen aus Bieber fügten sich nämlich gar nicht so gottergeben in das Schicksal, das ihnen viele Frankfurter prophezeit hatten. Sie kämpften zäh verbissen, manchmal allerdings nicht gerade schonend für den Gegner. Dies allerdings nur im Anfange, bis sie nach einer scharfen Verwarnung ihres Torwächters und dem Platzverweise ihres Mittelläufers wohl oder übel davon hatten Vormerkung nehmen müssen, daß der unerbittliche Schiedsrichter keinen Pardon gab. Schade, daß sich die Mannschaft auf diese Weise selbst um die Aussicht brachte, vielleicht einen Punkt ergattern zu können. Ihr heldenhafter Widerstand mit nur zehn Mann läßt diese Eventualität denkbar erscheinen. Im einzelnen besitzt die Elf lauter gute und sichtlich befähigte Einzelspieler, aber als Mannschaftsganzes bleibt die Wirkung schwach. Nur die unweigerlich sehr gute Verteidigung imponierte trotz Fehlens Zahns auch diesmal wieder restlos, wenn sie auch dauernd die Unterstützung ihrer gesamten Läuferreihe zu Hilfe nahm. Schade, daß es namentlich im Sturme an Zusammenspiel, im allgemeines aber auch an allen taktischen Erfordernissen fehlt. So blieben eben die Vorstöße der beiden eifrigen Außenstürmer zur Fruchtlosigkeit verdammt. Der Innensturm erwies sich bei den wenigen Gelegenheiten genau so unfähig im Schießen, wie die Angriffsreihe des Gegners. Herr Dr. Hans Gotzl vom VfR. Mannheim leitete aufmerksam und korrekt. Wenn auch im Uebereifer einige kleine Versehen unterliefen, war seine Leitung unbedingt als gut zu bezeichnen. Sein größtes Verdienst ruht in dem Umstand, daß er das Treffen, das einmal anfangs zu entgleisen drohte, mit energischem Rucke in geordnete Bahnen brachte. Allein hierdurch ist er für den m.E. zu Unrecht gegebenen Elfmeter wegen absichtlichen (?) Handspiels, den Bieber übrigens verschoß, wieder rehabilitiert. Ludwig Isenburger. (aus dem 'Kicker' vom 22.10.1929)
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