Eintracht Frankfurt - FSV Frankfurt

Bezirksliga Main-Hessen 1929/30 - 4. Spieltag

3:2 (2:1)

Termin: 15.09.1929
Zuschauer: 25.000
Schiedsrichter: Ernst Sackenreuther
Torschützen: 1:0 Knöpfle (1., Eigentor), 2:x Karl Ehmer, x:1 Böttner, 3:x Fritz Schaller, x:2 Böttner

 

>> Spielbericht <<

Eintracht Frankfurt FSV Frankfurt

 


  • Vollmerg
  • Furch
  • Hermann
  • Knöpfle
  • Böhm
  • Eschenlohr
  • Hensel
  • Bretteville
  • Böttner
  • Armbrüster
  • Brück

 

Trainer Trainer

 

Frankfurter Echo

Eintracht Frankfurt — FSpV. Frankfurt 3:2 (2:1).

Wieder einmal gehört Frankfurts größte Begebenheit im Verlauf eines Verbandsspieljahres der Vergangenheit an. Erneut zeigte sich das riesige Interesse, das weiteste Kreise der Bevölkerung diesem Spiel aller Spiele entgegenbringen. Etwa 25.000 Zuschauer füllten den Riederwaldplatz, auf den diesmal die Frankfurter Eintracht ihren Rivalen aus Bornheim, den FSpV. Frankfurt, eingeladen hatte. Der Riederwald mit seinem ganz beträchtlichen Fassungsvermögen ist immer noch ein durchaus würdiger Platz zur Austragung großer Fußballspiele, wenn auch aus Prestigegründen das herrliche Stadion zu bevorzugen wäre, wenn nicht -- die durchaus verkehrte Taktik des städtischen Sportdezernenten den Frankfurter Großvereinen gegenüber diese vorläufig begreiflicher- und berechtigterweise stadionmüde gemacht haben. Hoffen und wünschen wir, daß es einer so versöhnlichen Persönlichkeit, wie es der Herr Stadiondirektor Zeiß zweifellos ist, gelingt, das wieder gutzumachen, was sein hoher Herr und Gebieter aus dem Magistrat den Vereinen gegenüber gesündigt hat.

Seine Majestät, der Boxer-König Max Schmeling, gab auf Veranlassung des Herrn Direktor Bachenheimer vom Frankfurter Verkehrsverein dem Treffen die Ehre seines Besuches. Die Begeisterung, mit der der starke „Maxe" von Frankfurts Jugend begrüßt und bestürmt wurde, wird ihm zum mindesten gezeigt haben, daß er à la longue gar nicht nötig hat, sich in seinem Anmarsche auf die Weltmeisterschaft von den Yankees dauernd verschieben zu lassen. Wenn die dadrüben nicht wollen, Schmeling kann auch gegen Mark-Börse draufhauen. Fritz Rolauf sorgt dem Maxe für Zulauf. In diesem Sinne: Glück auf und hau drauf!

25.000 Zuschauer sahen am Riederwald einen ungemein fesselnden, von beiden Parteien restlos fair durchgeführten Großkampf. Vor der Pause technisch sehr schön, nach dem Wechsel etwas weniger gefällig für den Beschauer, dafür aber entsprechend deutlichere Betonung des Kampfcharakters eines solch wichtigen, vielleicht sogar entscheidenden, Verbandstreffens,

Eintracht siegte. 3:2 Tore bedeuten einen knappen Sieg, aber die geringe Tordifferenz entsprach dem Gesamteindruck der heiß durchkämpften 90 Minuten. Die Riederwälder hatten zunächst 15 Minuten unbedingter Ueberlegenheit, denen die berühmten kritischen 10 Minuten folgten, dann lagen die Platzherren wieder gut in Fahrt und meistens im Angriff. Auch nach dem Wechsel zog es die Eintrachtler noch etwas mehr nach des Gegners Tor, als sie dessen zahlreicher werdende Angriffe abzuschlagen hatten. Dann raffte sich FSpV. auf, mußte sich aber meistens mit ausgeglichenem Verlauf der nächsten 25 Minuten zufrieden geben. Aber die letzten 10 Minuten gehörten so eindeutig den Schwarz-Blauen, daß manche Zeugen des gigantischen Ringens an der Berechtigung des knappen Eintrachtsieges irre geworden sein mögen. In der Tat hing nach dem 3:2 der Ausgleich zuletzt beängstigend nahe in der Luft, aber ich meine, daß diese letzte Kampfesphase, so deutlich sie auch zweifellos für die Besiegten und ihren von je so fürchtenden Endspurt sprach, doch nicht dazu angetan war, die bessere Leistung der Eintrachtelf während der übrigen Spielzeit vergessen zu machen. Man darf also in dieser Mannschaft die glücklichen und verdienten Sieger begrüßen.

Glücklich? Gewiß, weil FSpV. in der ersten Spielminute durch ein Mißverständnis zwischen Knöpfle und Vollmerg ein Selbsttor verschenkte, das zum mindesten den Urheber, den Internationalen, zweifellos deprimierte. Ich führe es auf diese Beeinträchtigung seiner seelischen Verfassung zurück, wenn im weiteren Verlauf des Kampfes gerade Knöpfle wiederholt als unzureichend zu betrachten war. Da zugleich auch der andere Flügelläufer, Eschenlohr, nicht immer in gewohnter Weise seine Arbeit verrichtete, hatte FSpV. auf zwei äußerst wichtigen Posten sichtliche Schwächen. Es haperte in der Läuferreihe. Dies Manko wurde auch nicht durch die wesentlich gebesserte Arbeitsweise des Mittelläufers Böhm wettgemacht. Ich freue mich, dem ehemaligen Nürnberger endlich die von ihm gewünschte „gute Kritik" widmen zu können, selbstredend nicht als „bestellte Arbeit", sondern auf Grund des Eindrucks, den Böhm diesmal zu erwecken vermochte. Manche Mängel seitheriger Zeiten schien er plötzlich abgestreift zu haben. Er beherrschte zeitweilig sein Raumpensum sicherer, als sein Gegenspieler Goldammer, womit keineswegs gesagt sein soll, daß der Eintrachtmittelläufer im Schatten des anderen gekämpft hätte. Böhm zerstörte mit Fleiß. Meistens bevorzugte er Kopfspiel, das er gut beherrscht. Da auch sein Zuspiel fast immer flach gehalten wurde, war seine gesamte Arbeit produktiv. Insgesamt war die Läuferreihe der Bornheimer der der Eintracht unterlegen, trotzdem Mantel nicht immer genügend im Bilde war und im übrigen alle drei Läufer vorzeitig ermüdeten. Die Hintermannschaft des FSpV. mit Furch, Hermann und Vollmerg schlug sich überraschend gut. Nicht ganz so gut, als das elegante Paar Schütz-Pfeiffer, aber kaum bemerkenswert schlechter. Vollmerg darf sogar als der beste Mann seiner Partei bezeichnet werden. Uebrigens arbeitete auch Trumpp im Eintrachttore recht zuverlässig.

Sehr schwer läßt sich der Sturm der Bornheimer einheitlich beurteilen, weil es den fünf Leuten zu sehr an Einheitlichkeit fehlte. Den besten Eindruck machte der „Ersatzmann" Böttner, der auch die zwei Kopfbälle ins Tor beförderte. Er war recht lebendig and wichtig. Bretteville scheint bei dem „Krieg im Frieden", den er während des Sommers in seiner norwegischen Heimat spielte, mutiger aber nicht schneller geworden zu sein. Vorläufig ist er noch nicht der alte. Armbrüster lief fast zur Qualität Böttners auf, aber er tat sich gegen Mantel und Pfeiffer doch manchmal recht schwer. Hensel war technisch vorzüglich, es fehlt ihm jedoch an Wucht. Brück versagte in puncto Schnelligkeit.

Der Eintrachtsturm hatte in Kellerhoff einen ganz vorzüglichen Linksaußen, der Knöpfle zu unzähligen Malen das Nachsehen gab. Nicht viel schlechter, aber bei weitem nicht so kultiviert, arbeitete Schaller auf Rechtsaußen. Auch Döpfer und der wesentlich beweglicher gewordene Ehmer, der nur einen etwas schwachen Start in den ersten 15 Minuten hatte, spielten keine schlechte Rolle, während Dietrich stark abfiel. Anfangs verschuldete er fast bei jedem Kampf Mann gegen Mann einen Strafstoß, später ließ sein Zuspiel so stark zu wünschen übrig, daß man sich über die derzeitig schlechte Form des Schweizers wundern muß. Sein Vorteil bestand lediglich darin, daß er Knöpfle immer wieder auf sich zu ziehen wußte und somit seinem Linksaußen Kellerhoff gar manchmal freie Bahn schuf. Es mag Leute genug geben, die diese Fähigkeit immerhin als recht beachtliche Leistung von größtem Werte gerade in diesem Spiele bezeichnen werden, und ich werde ihnen nicht zu widersprechen wagen.

Goldammer forcierte von Anfang an das Tempo des ganzen Kampfes und unterlag schließlich der eigenen Taktik. Er hielt nicht durch. Aber er hatte auch wertvolle Eigenschaften genug in die Wagschale zu werfen. Auch seine beiden Nebenleute, Mantel und Leiß, gaben vor Spielende nach. Leiß ist ein guter Abwehrspieler geworden. Lebhaft und unerschrocken. Er bevorzugt immer sein sicheres Kopfspiel. Mantels Temperamentlosigkeit ist schwer zu beurteilen. Neben vorzüglichen Leistungen sah man Schwächen im Zuspiel, das sonst immer seine Stärke war. Alles in allem bot Eintracht den reiferen Eindruck, FSpV. war etwas mehr auf Energie eingestellt, während sich der Gegner auf sein technisches Besserkönnen verließ.

Ernst Sackenreuther leitete das für ihn recht schwere Treffen mit unbedingt diktatorischer Ueberlegenheit. Er ließ nicht einen Augenblick in seiner Konzentrationsfähigkeit nach, und somit gab es auch keine zweifelhaften Entscheidungen. Das hat natürlich recht wesentlich zur Befriedigung der großen Zuschauermassen beigetragen, die — wie immer — auch diesmal riesig lebhaft mit den Ereignissen auf dem Spielfelde mitgingen, sich aber durchweg vollkommen manierlich verhielten. Sehr anerkennenswert korrekt unterschied Sackenreuther zwischen absichtlichem und unabsichtlichem Handspiel, dagegen hätte ich mir etwas mehr die Beachtung der Vorteilsregel gewünscht. Sackenreuther darf auf alle Fälle auf diese neuerliche Leitung eines so große Anforderungen stellenden Großtreffens mit Recht stolz sein.      Ludwig Isenburger.

*

Ein knapper und glücklicher Sieg.

Im großen Frankfurter Lokalkampf blieb Eintracht nach einem schönen, spannenden Spiel glücklicher Sieger. Niemand wird ihren Spielern die größere Reife im Zusammenspiel, den besseren Gesamteindruck als Mannschaft absprechen wollen. Eintracht stellte sich vor als eine nun auch in dieser Saison schon recht weit gediehene Elf, kaum einen schwachen Punkt aufweisend, als den eines gewissen Zagens im Innensturm. Fußballsportverein war unfertiger aber nicht minder gefährlich. Man sah, welche entwicklungsfähigen Kräfte die Bornheimer jetzt in ihren Reihen haben. Bei Eintracht fiel die Routine der ihres Könnens bewußten Spieler auf, bei Fußballsportverein bewunderte man den persönlichen Mut und das instinkthafte Fußballwissen einiger Leute und die Opferwilligkeit der anderen. Es ist nicht abzustreiten, daß Eintrachts Hintermannschaft besser war. Nur ist ein Verteidigerpaar wie Pfeiffer und Schütz selten zu finden. Bei einem Vergleich mit ihnen fallen Furch und Hermann noch gar nicht so sehr ab. Deutlicher aber war schon der Unterschied in der taktischen Manövrierung der Abwehr. Knöpfle und Eschenlohr verstanden sich mit ihren Verteidigern nicht gut. Die so notwendige Ergänzung zwischen Verteidigern und Außenläufern war kaum zu sehen. Knöpfle hatte einen schlechten Tag und kam, von seinem unglücklichen Eigentor angefangen, nicht in Fahrt. Er stellte sich nicht richtig, ging zu sehr in die Mitte und die Folge davon war, daß Kellerhoff ihm immer wieder davon lief. Der alte Fuchs Dietrich, dessen Fouls übrigens einen unangenehmen Eindruck machen, zog Knöpfle immer wieder an sich und schickte dann den Außenstürmer fast ungefährdet auf die Reise. Auch Eschenlohr war taktisch nicht auf der Höhe. Schaller war ihm zu schnell und er konnte sich nicht angewöhnen, bei ihm zu bleiben. Vielleicht hatten beide Außenläufer zu sehr das Gefühl, dem Mittelhalf Böhm beistehen zu müssen. Diese Sorge war unnütz. Böhm zog sich brav aus der Affaire. Er war zeitweise sogar tonangebend im Mittelfeld und hält einen Vergleich mit Goldammer in seiner gegenwärtigen Form sehr wohl aus. Aber wie gesagt, die Abwehr in der überlegten Form war bei Eintracht klarer, besser. Lediglich Mantel vergaß gegen Schluß einen Teil seiner Pflichten. Wohltuend stach Leis' Eifer gegenüber Mantels bei aller Versiertheit zu großem Phlegma ab. Die Aufgabe also des Bornheimer Sturmes war schwieriger als die des Eintrachtangriffs. Eintrachts Außenstürmer hatten oft freies Feld, Bornheims Außenstürmer mußten immer mühselig kämpfen. Kellerhoff ist wegen seiner musterhaften Flanken bei Eintracht zuerst zu nennen. Schaller stand ihm kaum nach und alle Leute zeichnen sich durch Schnelligkeit aus. Ehmer ist beweglicher geworden und Döpfer zeigte so überlegte Arbeit, daß er seinen Platz in der „Ersten" sehr wohl behalten dürfte.

Von den Sportvereinsstürmern ist Böttner zuerst zu nennen. Er ist der schnellste und entschlossenste. Unverständlich nur, warum man ihn in der Mitte stürmen läßt. Brettville hätte da besser gestanden. Leider ist er in der Militärzeit sehr langsam geworden. Conditionstraining hat er notwendig wie fast noch nie. Armbrüster litt unter dem geringen Tempo des Nebenmanns, setzte sich aber gegen Schluß schön durch. Hensel ist bei aller technischen Fertigkeit noch zu zaghaft, und Brück mußte viel und mühselig mit seinem Läufer kämpfen.

Ein schönes und spannendes Spiel, das von Sackenreuther musterhaft geleitet wurde.      Dr. P. L. (aus dem 'Kicker' vom 17.09.1929)



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