Eintracht Frankfurt - SpVgg Fürth

Süddeutsche Meisterschaft 1927/28 - 11. Spiel

2:3 (0:1)

Termin: 01.04.1928 im Stadion
Zuschauer: 35.000
Schiedsrichter: Wilhelm Müller (Beiertheim)
Tore: 0:1 Frank (28.), 1:1 Karl Döpfer (46.), 2:1 Karl Döpfer (63., Elfmeter), 2:2 Frank (65.), 2:3 Rupprecht (70.)

 

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Eintracht Frankfurt SpVgg Fürth

 


  • Neger
  • Hagen
  • Knöpfle
  • Kleinlein
  • Leinberger
  • K. Krauß
  • Auer
  • Franz
  • Rupprecht
  • Frank
  • Kießling

 

Trainer Trainer

 

 

Sp.Vgg. Fürth 3, Eintracht Frankfurt 2

Wieder hat Frankfurt all das Drum und Dran eines Großkampfes durchgekostet und ist nach den Riesenaufregungen einer vollen Woche überraschend schnell zur obersten Pflicht des Bürgersmannes, zur entsagenden Ruhe, zurückgekehrt. Schuld an dem schnellen und reibungslosen Wechsel der Empfindungen mag wohl das Bewußtsein tragen, erstens einen rassigen, spannenden und schönen Kampf zweier kulturell und technisch sehr guter Mannschaften gesehen zu haben, zweitens die beruhigende Tatsache, daß der heimische Vertreter, die Frankfurter Eintracht, wenigstens heldenhaft und höchst ehrenvoll in diesem schweren Kampfe auf der Strecke geblieben ist, und schließlich der Umstand, daß die Fürther keinen unverdienten Sieg nach der durchaus zu Unrecht totgesagten Hochburg entführten. Das sind alles versöhnliche Momente, die die Gemüter samt und sonders schnell zur Ruhe kommen ließen. Um das Fazit des eisenharten Ringens vorweg zu sagen: Eintracht focht unter unglücklichen Begleitumständen. Ehmer war erkrankt und Schaller noch nicht wieder gesund. Wer Eintrachts Stärke in ihren letzten Spielen kennen gelernt hat, weiß, daß die Gefährlichkeit seines Sturmes in der Arbeit seiner Flügelleute begründet ist. Deshalb wog die Beeinträchtigung Schallers durch seine Münchner Verletzung so schwer, und da mit Ehmer auch Eintrachts bestes Schußtalent fehlte, konnten mehrfach gute Torgelegenheiten nicht zu Erfolgen ausgenützt werden. Das mag auch die eigentliche Ursache gewesen sein, weshalb sich die ganze Mannschaft in der ganzen ersten Halbzeit nicht recht finden konnte und den Fürthern bis zur Pause immer ein nicht allzu deutliches, immerhin aber unleugbar vorhandenes Plus überlassen mußte. Demgemäß ist auch der Halbzeitstand von 0:1 durchaus unantastbar. Uebrigens war dieses eine Tor, das Frank aus 20 Metern Entfernung placiert schoß, eine ganz hervorragende Leistung. Fürth hatte bis zur Pause klar und deutlich gezeigt, daß die Mähr vom angeblichen Niedergang der Hochburg anscheinend doch noch etwas zu früh in Umlauf gesetzt worden ist. Die Kleeblättler kombinierten sehr gut, wenn auch ihre präzise Ballabgabe nicht immer Bodengewinn brachte. Was der Mannschaft am meisten zustatten kam, war das ganz hervorragende Verteidigerspiel Hagens, der mit einem kategorischen „Muß!" immer wieder seine Leute nach vorne dirigierte.

Nach der Pause kam Eintracht sehr schnell in teilweise hervorragende Fahrt. Das treibende Moment war der Umstand, daß Döpfer sofort nach der Pause einen von Neger verfehlten Schuß Kissingers zum Ausgleich verwerten konnte. Gemäß den Erwartungen der Kenner kamen hierdurch die Fürther stark aus dein Gleichgewicht. Bei Hagen fing die Unruhe an, pflanzte sich schnell auf einige andere Leute fort, und schon lag durch einem berechtigten Elfmeter, den Döpfer verwandelte, Eintracht 2:1 in Führung. Lange dauerte allerdings der Siegesjubel der Frankfurter nicht, denn eine Kombination des rechten Flügels brachte den Ball zu Frank, der raffiniert täuschte und einen zweiten Prachtschuß unter die Latte setzte. Auch das Tor Rupprechts, das im Anschluß an die sechste Ecke für Fürth den Sieg ergab, war eine gute Leistung des jungen Sturmführers. Inzwischen war die Spielweise der Fürther wieder in geordnete Bahnen gelangt, die Eintrachtleute aber kämpften um jeden Zoll Boden und hätten es gar so gerne noch wenigstens zum Ausgleich gebracht, wenn Neger im Fürther Tor mit seinen Auskicks und allerhand unnützen Tändeleien die knappe Realzeit nicht so schnell zum Schwinden gebracht hätte. So blieb Eintracht mit ihrem löblichen Wollen beim Versuche hängen, konnte sich aber mit dem Bewußtsein trösten, zum mindesten nach der Pause eine durchaus überzeugende Leistung vollbracht zu haben.

Zwei Leute auf jeder Seite verdienten sich besondere Hervorhebung. Von dem Fürther Hagen ist schon das entsprechende gesagt, bleibt noch Frank zu erwähnen, der ein ganz gerissener Torschütze war. Bei Eintracht arbeitete Kübert so still bescheiden und doch so überaus wertvoll sein Pensum herunter, daß Kießling und Franz manchmal verwundert gewesen sein mögen. Weiterhin hat Döpfer bewiesen, daß die ungünstigen Berichte über seine Spielweise in den letzten Wochen nicht mehr am Platze sind.

Bleibt noch des Spielleiters zu gedenken. Wilhelm Müller vom FV. Beiertheim hatte keine leichte Aufgabe, denn der Kampf, der um so hohen Einsatz ging, war höllisch schnell und entsprechend hart. Müller war von Anfang bis zu Ende auf der Höhe der Situation. Man darf ihn ohne alle Einschränkung loben.      Ludwig Isenburger.

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Mit Fürther Augen gesehen ....

Trostloser Bindfadenregen am Sonntag ließ die Stimmung in beiden Lagern merklich abkühlen. Am meisten dürften sich die Kassierer geärgert haben, die durch das miese Wetter natürlich weniger Beschäftigung als erwünscht bekamen. Denn wenn auch 30.000 Menschen ein famoses Zuschauerergebnis sind, so rechnete man in Frankfurt doch allgemein mit einem Rekordbesuch bis zu 50.000. Daß die Zahl der Gäste doch noch auf 30.000 kam, war dem Namen „Fürth" und dem Nachlassen des Regens am Sonntagmittag zuzuschreiben.

Die Organisation war wie immer ausgezeichnet. Der Fahr-und Fußgängerverkehr nach dem Stadion und später zur Stadt war vorbildlich geregelt.

Der Massenaufmarsch wickelte sich reibungslos ab, zumal er schon um 1 Uhr begann, weil vor dem Meisterspiel ein Trostrundenkampf zwischen VfL.-Neu-Isenburg gegen FSV. 05 Mainz ausgetragen wurde, der immerhin viele Interessenten angelockt wenn auch nicht vollkommen zufriedengestellt haben dürfte und mit Punkteteilung 2:2 endete.

Der Großkampf

begann, nachdem beide Mannschaften mit entsprechendem Beifall begrüßt worden waren und Müller (Beiertheim) mit Hagen und Schütz das Los geworfen hatte, unter atemloser Stille. Das Publikum verhielt sich abwartend. Es schien — und später fand ich diese Annahme bestätigt — der Eintracht doch nicht die Begeisterung des Frankfurter Gesamtpublikums zur Seite zu stehen.

Die erste Halbzeit gehörte fast ausnahmslos den Fürthern. Sie gaben dem Spiel das Tempo — es war noch nicht überragend — und die Schönheit. Es wurde mitunter ganz prächtiges Stellungsspiel gezeigt, immer aber eine wertvolle Gesamtleistung herausgearbeitet, an der die Künste der Eintrachtelf scheiterten. Der nasse Grasboden bildete kein wesentliches Hindernis für die Fürther, die zielbewußt angriffen und sauber kombinierten. Wir fielen die versteckten Fouls von Dietrich (Frankfurt) und die des Läufers Maurichat unangenehm auf. Letzterer bezog in der 17. Minute als erster im Felde eine Verwarnung. Die Eintracht spielte fleißig, aber wenig erfolgreich. Ihre in Fürth gezeigte Schnelligkeit erreichten sie nicht. Als Dietrich im Uebereifer in der 24. Minute einen von Neger verfehlten Ball statt ins leere Tor außenhin knallte, gab's lebhaften Protest im weiten Rund. Franks Volltreffer in der 28. Minute war den Fürthern noch mehr als alle Ermahnungen vorher das Sturmsignal. Kießling triumphierte in einem Zweikampf mit zwei Frankfurtern und wurde applaudiert. Ein Lattenschuß von Frank in der 43. Minute bildete nochmals Grund zur Aufregung, aber sonst war die erste Halbzeit ruhig und ohne nervenerschütternde Momente Die technische Ueberlegenheit Fürths lag klar zutage.

Anders die zweite Halbzeit Sie brachte eine Unmenge von spannenden, ja dramatischen Augenblicken. Es ging an mit dem schwungvoll vorgetragenen Eintrachtangriff in der 46. Minute, aus dem durch Döpfer erzielt der Ausgleich resultierte, wurde durch einen von Hagen verschuldeten (von Dietrich aber offensichtlich provozierten) Elfmeter fortgesetzt und mit einem 2. Treffer durch Döpfer für Eintracht belohnt und steigerte sich dann zu erbittertem Ringen im Felde. Jetzt flogen die Fähnchen, hie weißrot — hier grünweiß (wer stiftete bloß die Fürther Farben?) und „Tempo, Tempo" erscholl es aus ungezählten Kehlen. Riesenbeifall bei den Eintrachterfolgen, erfreulich objektive Anerkennung aber auch beim Ausgleichstreffer 2:2, den wiederum Frank in sauberer Schußleistung durch 5 verteidigende Frankfurter hindurch erzielte. Und als der junge Rupprecht 20 Minuten vor Schluß den Stand auf 3-2 für Fürth brachte, war die Verblüffung fertig

Vom weiteren Spiel hatte Fürth wieder etwas mehr als Frankfurt, dennoch blieb eine nochmalige Ausgleichsmöglichkeit für Eintracht im Bereich der Möglichkeit.

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Ja wenn Eintracht den Elan aufgebracht hätte, den sie in Fürth beim siegreich durchgeführten Vorspiel zeigte! Er war nur selten und vorübergehend zu erkennen, im übrigen mußten sie den Fürthern die Direktion überlassen.

Fürth hat das Rennen verdient gemacht und sicher wären zwei Tore Unterschied, etwa ein 4:2-Sieg dem diesmal gezeigten Kräfteverhältnis eher gerecht geworden. Ganz hervorragend war der linke Sturmflügel, der erst nach Kießlings Verletzung in der 2. Halbzeit nachließ. Franz und Auer kamen nie recht zur Einheit auf, waren im Einzelspiel stets brauchbar. Rupprecht trieb zu viel Innenspiel; er muß die Flügel besser bedienen! Die Läuferreihe hatte in Krauß II ihren diesmal schwächsten Mann, was aber nichts Ungünstiges bedeuten mag, wenn man berücksichtigt, daß Leinberger im Zerstörungsspiel und Kleinlein als Zerstörer und Aufbauer der Angriffe sehr Gutes boten. Untadelig hielt sich das Verteidigerpaar, besonders Knöpfle als Offensivverteidiger. Hagen dagegen besorgte mit faszinierender Ruhe und Sicherheit die Klärung der rückwärts kommenden Angelegenheiten. Warum die beiden aber ihrem Tormann so wenig vertrauen? Neger bekam herzlich wenig zurückgespielte Bälle, seine beiden Vormänner setzten sich ihm lieber direkt vor die Nase, als daß sie mehr Augenmerk auf Abstellen der Gegner in Gefahrmomenten verwendeten. Das soll aber nicht heißen, daß deshalb die Tore der Gegenpartei fielen. Daran war Negers Unsicherheit anfangs der 2. Halbzeit schuld. Es erschien rätselhaft, wie schwer er die Bälle aufnahm, gegen sein sonstiges talentiertes Spiel. Aber zum Glück nur eine schwache Viertelstunde, der dann eine große letzte halbe Stunde — da das Ringen temperamentvoller wurde — folgte und gemachte Fehler des Hüters ausstrich.

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Müller (Beiertheim) hat mir gefallen. Er fuhr energisch dazwischen und entschied prompt und gerecht. Daß er Dietrich nicht schärfer beaugapfelte, mag einem Zufall zuzuschreiben sein.

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Außerordentlich schade, daß die Fürther unmittelbar nach dem Siege heimreisten. Denn sonst hätten sie sicher sein dürfen, daß ihnen die recht objektiven Frankfurter Sportler noch manche Sympathiekundgebung erwiesen hätten. So mögen den Siegern auf der Heimfahrt die Ohren geklungen haben über das viele, ehrliche Lob, das man in Frankfurt nach dem Kampfe den Fürthern zollte.      Ofi. (aus dem 'Kicker' vom 03.04.1928)

 

 

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