Eintracht Frankfurt - Wormatia
Worms |
Süddeutsche Meisterschaft 1927/28 - 7. Spiel
4:3 (3:1)
Termin: 26.02.1928 im Stadion
Zuschauer: 15.000
Schiedsrichter: Erwin List (Stuttgart)
Tore: 1:0 H. Kissinger (13.), 2:0 Karl Döpfer (18.), 3:0 Fritz Schaller, 3:1 W. Müller (45. Handelfmeter), 4:1 Fritz Schaller (58.), 4:2 Wolf (59.), 4:3 Wolf (69.)
Eintracht Frankfurt | Wormatia Worms |
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Trainer | Spielertrainer |
Sp.G. Eintracht Frankfurt 4, V.f.R. Wormatia Worms 3 Recht deutlich gesteigertes Interesse hatte die Begegnung der beiden Gruppenmeister des Bezirkes Main-Hessen, der Frankfurter Eintracht und der Wormser Wormatia, die im Frankfurter Musterstadion stattfand, aufzuweisen. Etwa 15.000 wohlgesittete Zuschauer wollten vor allem ihre mit frischem Fürther Lorbeer geschmückte Eintrachtelf, gleichzeitig aber auch die vielgerühmte „Wundermannschaft" Philipps des Allmächligen aus dem sagenumwobenen Worms sehen. Dem Lockruf nach der Kampfbahn des Frankfurter Stadions konnte glücklicher Weise ganz ohne Parapluie Folge geleistet werden, und wenn Frauchen so herrliche Gelegenheit hat, den neuesten Frühjahrshut zur Schau zu tragen, dann erhält auch Männchen bereitwilliger als sonst die Erlaubnis, zu seinem geliebten Fußballmatch zu pilgern. Nun, der große Kampf erfüllte gesellschaftlich manchen bis dato nicht immer restlos zur Tatsache gewordenen Wunsch; rein spielerisch kann zwar nicht von einer Enttäuschung gesprochen werden, trotzdem müssen die Bezwinger der Spielvereinigung Fürth acht Tage zuvor doch in wesentlich besserer Form gewesen sein. Eintracht gefiel bis zur Pause recht gut, zumal sie bis dahin fast alleinigen, bestimmenden Einfluß auf die Kampfhandlungen hatte, brachte es aber doch nicht zu dem letzten Reste eines überzeugenden Meisterspieles, da sie ihre flachen Passings immer wieder durch hohe oder halbhohe Bälle unterbrach, mit denen bei dem etwas allzu grellen Sonnenschein nicht immer das Richtige anzufangen war. Unter den Folgen des oft viel zu hohen Spielens litten selbstredend in gleichem Maße auch die Wormser, die für den Mangel an Eindruck allerdings auch noch den Umstand entschuldigend ins Feld führen können, daß zwei ihrer besten Leute, die beiden Stürmer Winkler und A. Ruppert wegen Krankheit ersetzt werden mußten. Zahlenmäßig zog sich Wormatia leidlich gut aus der Affäre, die anfangs das Aussehen nach einer klaren Niederlage hatte, denn Frankfurt führte kurz vor der Pause bereits mit 3:0 Toren. Fast gleichzeitig mit dem Pfiff zur Halbzeit verwandelte dann W. Müller einen Strafstoß wegen Handspieles von der Strafraumgrenze aus und später erzielten die Gäste noch aus zwei Eckbällen, die ganz hervorragend von K. Wolf getreten waren, zwei weitere Tore, nachdem zuvor Eintracht einen vierten Treffer für sich zu verzeichnen gehabt hatte. Das knappe Endergebnis von 4:3 Toren könnte fast zu der Annahme eines gleichwertigen Spieles verleiten, von dem jedoch allenfalls in der letzten halben Stunde etwas zu sehen war. Man darf jedoch vor allem nicht übersehen, daß keines der von den Gästen errungenen Tore im Verlaufe des Angriffsspieles ihres Sturmes errungen wurde, sondern ausschließlich aus einem Strafstoß und zwei Eckbällen herrührten, während die Treffer der Eintracht ausnahmslos aus planmäßigen Angriffen ihrer Stürmerreihe resultierten. Im übrigen wäre m. E. auch in der Zeit nach der Pause Wormatia nicht allzu oft zu Angriffen gekommen, wenn Dietrich auf seiten der Eintracht nicht einen großen taktischen Fehler gemacht hätte. Er verschwand nach alter Gewohnheit beim Stande von 3:1 in der Läuferreihe, wo er kaum gebraucht wurde, und schwächte zu gleicher Zeit seinen Sturm. Wenn je das Wort von dem Angriff als der besten Verteidigungsart berechtigt war, dann sicherlich in diesem Spiele, in dem die Eintrachthintermannschaft nicht ein einziges Mal hatte merken lassen, daß sie der Hilfe bedürftig war. Ich zweifle keinen Augenblick, daß das Spielergebnis viel klarer für Eintracht ausgefallen wäre, wenn Dietrich auf seinem Stürmerposten geblieben wäre. Wormatia ist keine überragende, wohl aber eine recht gute Mannschaft. Anfangs spielte sie gar zu zögernd, als traue sie dem Gegner noch nicht recht. Später ging sie wesentlich aus sich heraus, erwachte sogar nach dem zweiten Tor zu recht lebhaftem Tun, aber — Wunder wirkte sie nicht. Ueber die Hintermannschaft ist kein Wort des Tadels anzubringen. Torwächter Gispert ist sehr gut, ein ganz prächtiger Verteidiger (und raffinierter Strafstoß-Schütze) W. Müller, sein Nebenmann W. Ruppert fast ebenso wenig zu verachten. Der Läuferreihe wäre manchmal etwas mehr Ruhe zu wünschen, damit der Sturm von den überlegt zugespielten Bällen etwas mehr profitiere. Dieser Sturm kam heute, anscheinend durch das Fehlen von Winkler und A. Ruppert, nur ganz selten zu geschlossenen Handlungen. Man erkannte nur, daß dieser Sturm in L. Müller eine Kanone schweren Kalibers besitzt und Philipp immer noch Spezialist der Sturmführung ist. Eintracht blieb wohl, wie eingangs schon erwähnt, die erwartete Glanzleistung schuldig, machte aber trotzdem im ganzen eine recht gute Figur. Hätte sie sich den gegebenen Lichtverhältnissen etwas besser angepaßt, wäre sie bei der offenkundig gewordenen körperlichen Fitneß aller ihrer Leute, unter denen kein Versager war, noch wesentlich besser gefahren. An der Regelauslegung des Schiedsrichters, Herrn Erwin List vom Stuttgarter Sportklub, der im übrigen ein sympathischer Spielleiter war, habe ich nur auszusetzen, daß er die Vorteilsregel außer acht läßt und keinen Unterschied zwischen absichtlichem und unabsichtlichem Handspiele kennt. Der Strafstoß, der zu dem ersten Tore der Wormser führte, hätte als typisch unfreiwilliges Handspiel niemals bestraft werden dürfen, wenn aber schon, dann nur durch Elfmeter, da sich die „Missetat" mindestens 2 bis 3 Meter jenseits der Strafraumlinie ereignete. Ludwig Isenburger. (aus dem 'Kicker' vom 28.02.1928)
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