SpVgg Fürth - Eintracht Frankfurt

Süddeutsche Meisterschaft 1927/28 - 6. Spiel

1:2 (0:1)

Termin: 19.02.1928
Zuschauer: 5.000
Schiedsrichter: Fritz (Oggersheim)
Tore: 0:1 H. Kissinger (35.), 0:2 Bernhard Kellerhoff (56.), 1:2 Franz (59.)

 

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SpVgg Fürth Eintracht Frankfurt

  • Neger
  • Hagen
  • H. Krauß
  • Kleinlein
  • Knöpfle
  • K. Krauß
  • Zeilein
  • Franz
  • Leinberger
  • Frank
  • Kießling

 


 

Trainer
Trainer

 

 


Eintracht Frankfurt gewinnt in Fürth 2:1
Dieser Sieg bringt die Eintracht, die eine schnelle, technisch gut durchgebildete Mannschaft stellt, auf den zweiten Platz in der Tabelle
Trumpp, der Torhüter der Frankfurter, im Begriff, einen Eckball wegzuschlagen
V.l.n.r.: Goldammer, Zeilein, Kirchheim, Trumpp, Franz, Frank

 

Sp.-Vgg. Fürth 1, Eintracht Frankfurt 2

Auch im nüchternen Nürnberg stellt der Fasching in besonderer Blüte und Prinz Karneval kommt diesmal mit aller Ungebundenheit zur Geltung. Kappenabend in der Sebaldusklause, allwo die höchsten Koryphäen vom Finanzrat aufwärts bis zu den Potzöbersten in froher Ausgelassenheit schwelgten ....

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Der Kickerleser wird mir verzeihen, wenn ich ihn vielleicht langweile; allein bevor ich über den schönen Sieg der Frankfurter über Fürth berichte, möchte ich ihm nicht vorenthalten, daß auch die Sportpresse vom Fasching tüchtig beim Schopf gepackt wurde! Zu einem vornehm aufgezogenen „Ball der Presse" langte es zwar in diesem Jahr noch nicht, dafür wurde im Stadtparksaal der Versuch mit einem Sportball gewagt. Sofort hat die Idee eingeschlagen — Arrangeur: Das Achtuhrblatt mit dem Sportredakteur Fritz Merk — tadellose Aufmachung — fröhliche Stimmung — Auftreten von hübschen Trillergirls und noch manches andere und zuletzt der Clou des Abends: „Prämiierung der sechs schönsten Sportmädels! Nürnberg-Fürth hat jetzt auch seine Schönheitskönigin ganz nach Berliner Muster und die hübsche Siegerin wurde direkt verschwenderisch beschenkt. Von den Sportmatadoren war Stuhlfauth und der Ringerchampion und Europameister Sperling im Preisrichterkollegium vertreten. Bis in den frühen Morgen ging es hinein und wie ich höre, soll das Ding im nächsten Jahr noch viel großartiger gedreht werden ....

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Die Fußballstimmung fehlte — Nürnberg-Fürth stand im Zeichen des Faschingszugs. Nur 4—5000 Menschen fanden den Weg nach Ronhof zu eines sehr wichtigen Spiel um den süddeutschen Meistertitel! . . .

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Die Frankfurter waren schon am Samstagabend in Nürnberg und wurden von einem Troß Schlachtenbummler begleitet. Die Führung hatte der 1. Präsident Graf von Beroldingen, der seine Tätigkeit ganz und gar von Stuttgart nach Frankfurt verlegte. Der altbekannte Albert Sohn betreute mit dem Wiener Wieser seine Mannschaft. Ich lernte noch den Jugendobmann Dr. Herdt, den Finanzminister Hugo Weis und den technischen Berater Fritz Becker kennen und von der Frankfurter Presse bemerkte ich C. E. Länge vom FN.-Sport und Karl Zimmer vom Generalanzeiger.

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Die Frankfurter Stimmung war glänzend und zuversichtlich, trotzdem man immer noch auf den gesperrten Ehmer verzichten mußte; aber man vertraute auf das solide Können und auf den guten Geist der Mannschaft. Und hierin hatten sie schon im Vornherein ein Plus gegen Fürth voraus, denn die krampfhafte Umkrempelung, zu der sich die Fürther Leitung hinreißen ließ, war ganz und gar falsch. Mit einer direkt beängstigenden Unsicherheit mußte jeder Fürther dem Sonntag schon entgegensehen.

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Wie gesagt, Frankfurt war siegessicher, man merkte es an den Mienen jedes Einzelnen, man merkte es noch zu später Stunde, als man sich beim Kappenabend vom Schmidt-Bumbes traf, wo gerade Erich Pinkau vom Polizeisportverein mit seiner dämonischen Partnerin einen ganz verwegenen Apachentanz vorführte....

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Als der ausgezeichnete Schiedsrichter Fritz (Oggersheim) zum Kampfe anpfiff, da war ich nach fünf Minuten schon genau im Bilde. Da wußte ich auch, daß die Fürther gegen das Können der Gäste nichts zu melden hatten. Frankfurt triumphierte — katastrophal war das ganze Fürther Mannschaftsgefüge, das nicht einmal einen Abglanz von seiner ruhmreichen Vergangenheit zeigte. Wo war heute Fürth, die große Spielvereinigung, von der wir einst eine Vollkommenheit kannten, die oft mit staunenswerter Präzision arbeitete? Diese Schönheit ist dahin, verflogen wie ein Rauch und kann nur noch in seliger Erinnerung in uns glimmen.

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Nachdem man heute Ascherl, Seiderer und Auer ersetzt hatte, spielte Knöpfle Mittelläufer und Leinberger Mittelstürmer! Auf dem Rechtsaußenposten gastierte ein junger Spieler von der zweiten Mannschaft und mit diesem wacklichen Gefüge versuchten nun die Fürther eine Eintracht zu schlagen und zu überrumpeln. Sie glaubten, mit dem wuchtigen Leinberger endlich mal ihrer krankhaften Schlußimpotenz zu Leibe zu rücken und sahen sich unsterblich enttäuscht.

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Ja, ja, meine lieben Fürther, ein brauchbarer Mittelstürmer läßt sich doch nicht so leicht aus dem Aermel schütteln und ein guter Läufer ist noch lange nicht der geistige Leiter eines Angriffs! Das Fürther Angriffsspiel, es war eine wilde Zerrissenheit sondersgleichen, die mit ästhetischer Spielkultur nichts gemein hat; und eine Nervosität hatte sich eingeschlichen, die sich in fortwährendem Schreien (Kreis I) und teilweise unfairem Spiel (Leinberger) zeigte.

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Die Fürther müssen sich merken, daß der Weg eines ruhmreichen Altmeisters nicht mit Rosen gepflastert ist. Er ist dornenvoll. Anderswo hat man eben auch gelernt, einen besseren Fußball zu spielen, während man in Nürnberg-Fürth sich tatsächlich auf dem absteigenden Ast befindet. Das Nürnberg-Fürther Uhrwerk ist eingerostet; es funktioniert nicht mehr und der's nicht glauben will, dem ist nicht zu helfen. Adieu Spikesberg, adieu Townley! Merkst du was, geneigter Leser? Heute geht es ohne einen erfahrenen Spezialisten nicht mehr und zu dieser Erkenntnis wird man auch in der gewesenen Hochburg bald wieder kommen.

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Ich gratuliere Frankfurt zu der schönen Leistung gegen Fürth, Der knappe Sieg ist zweifellos mehr wie verdient, denn in der Gesamtleistung gebührt ihnen sogar ein 3:1- oder 4:1-Sieg. Diese Tatsache muß der ehrliche Kritiker rückhaltlos zugeben, denn auf der ganzen Linie waren sie besser als die viel zu langsame und teilweise sehr konfuse Fürther Elf.

Wunderbar waren die Frankfurter für diesen Kampf vorbereitet; jeder gab sein Letztes her, sie entfesselten eine Kraft in Fülle, so daß man über die Elastizität eines Kellerhoff, Dietrich, Schaller, Goldammer, Kirchheim und aller anderen nur staunen konnte. Jeder hielt sich ausgezeichnet, keiner ließ eine Ermüdung spüren, während die Fürther (außer Hagen, Frank und Kießling) einen ziemlich ausgepumpten Eindruck machten.

Und trotzdem muß ich bemerken, daß Eintracht noch lange keine vollkommene Meisterelf ist, die sich jetzt schon vielleicht große Siegeslorbeeren versprechen darf! Nein, ich habe ihr Spiel genau belauscht und verglichen mit den Stuttgarter Kickers, dem KFV. und den Münchner Bayern und da komme ich zum Resultat, daß das queksilbrige Bayernspiel doch augenblicklich das Beste von allen bedeutet und daß den Rothosen der süddeutsche Meistertitel in diesem Jahre kaum zu nehmen ist. Dem Frankfurter Angriff fehlt das sieghafte, es fehlen die berauschenden Minuten, wie sie der Bayernangriff in seiner guten Laune entzückend vorführt. Trotz ihrer Geschwindigkeit und der geistigen Auffassung des Schweizers Dietrich und des langen Mittelläufers Goldammers, fehlt die Harmonie im Mannschaftsgefüge, um mit Grandezza und Eleganz die Schwächen des Gegners so auszunützen, daß Erfolge auch unausbleiblich sind. Es kann ja noch kommen und der Trainer Wieser hat bei dem glänzenden Material kein allzu schwieriges Amt, aber wie gesagt, für dieses Jahr wird es zu weiteren Taten wohl kaum mehr reichen und die Mannschaft wird trotz ihres Temperaments und kühnen Wollens vor Rückschlägen nicht verschont bleiben.

Damit schließe ich mit meiner heutigen Kritik. Zum Spielbericht will ich kurz bemerken, daß der Kampf trotz der schwachen Fürther Leistung (besonders Franz, Knöpfle und Kraus I) immer recht viel Abwechslung zeigte. Die erste Hälfte verlief torlos. Frank wird einmal sehr hart gezwickt und ein Elfer war hier vielleicht sogar berechtigt! Auf der anderen Seite schießt Kellerhoff fürchterlich daneben. Auch ein Durchbruch von Leinberger mit Lattenschuß brachte die Gemüter der Frankfurter Schlachtenbummler sehr in Erregung.

In der 35. Minute kommt Eintracht eigentlich zu einem billigen Erfolg. Hagen verliert im Zweikampf den Ball, Neger ist unentschlossen und Kissinger schiebt ein.

Nach der Pause drängt Fürth stark zum Ausgleich und viel zu weit rücken Hagen und der leichtsinnige Kraus I zur Mitte. In der 67. Minute kommt dann ein unverhoffter Vorstoß von Schaller und der wieselflinke Kellerhoff hat den zweiten Treffer erzielt. Nachher verstärkt natürlich Frankfurt aus taktischen Gründen seine Abwehr und so reicht es für Fürth nur zum Ehrentor durch Franz.

Fürth versucht sein Heil mit einer Umstellung, aber alle Mühe war umsonst, denn Trumpp, Schütz und Kirchheim sind nicht zum Todbringen und zuletzt sieht es auch bei Fürth wieder sehr gefährlich aus, aber Neger entwickelt manchmal ein unheimliches Stück und Hagen arbeitet mit fast unmenschlichem Einsatz.      Hans Stoll. (aus dem 'Kicker' vom 21.02.1928)

 

 


(Frankfurter Zeitung vom 20.02.1928)

 

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