Eintracht Frankfurt - Karlsruher FV

'Runde der Zweiten' 1926/27 - 8. Spiel

2:2 (1:0)

 

Termin: 10.04.1927
Zuschauer: 6.000
Schiedsrichter: Seelmacher (Nürnberg)
Tore: 1:0 Karl Döpfer (Elfmeter), 2:0 Kaufmann, 2:1 Würzburger, 2:2 Huber (88.)

 

>> Spielbericht <<

Eintracht Frankfurt Karlsruher FV

 


  • Waßmannsdorf
  • Trauth
  • Huber
  • Ege
  • Finneisen
  • Lange
  • Quasten
  • Bekir
  • Vogel
  • Reeb
  • Würzburger

 

Spielertrainer

Trainer

 

 

Wieder 2:2 in Frankfurt

K.F.V. Karlsruhe — Eintracht Frankfurt 2:2.

Genau wie im Vorspiel in Karlsruhe trennten sich die Gegner mit 2:2 und K.F.V. hat somit den Anschluß an München verpaßt. — 1860 München ist somit erster, die noch am Vorsonntag verwickelt scheinende Lage in der Zweitenrunde ist somit mit einem Schlage geklärt.

Beide Mannschaften zeigten kein großes Können, dazu war auch der nasse Boden und Ball bei dem Regen allzu hinderlich. Es war ein Kampf, scharf und hart, voll Kraft und Ausdauer. K.F.V. hat durch seine mäßige Stürmerleistung verloren, dies bezeugt am besten die Tatsache, daß Huber, der beste Mann am Platze, seinen Posten als Verteidiger gegen Schluß beim Stande von 1:2 einfach verließ, sich in den Sturm drängte und auch da tatsächlich zwei Minuten vor Abpfiff noch den Ausgleich errang. Überhaupt waren die Verteidigung des K.F.V. sowie die Deckung, in der Finneisen an Stelle Grokes den Mittelläuferposten bezog und ganz hochklassig spielte, die besten Teile. Vorn war Bekir die Triebkraft, der auch Chancen herausschuftete, sonst alles nur mäßig.

Eintracht brachte nicht die Leistung des Vorsonntags gegen 1860 München auf. Dazu ließen es auch die kräftigen Gestalten des K.F.V. nicht kommen. Dies mußte vor allem Dietrich spüren, den man scharf bewachte. Kellerhof fummelte zu lange, flankte zu spät und innen zeigte sich Döpfer—Schaller—Kaufmann zu uneinheitlich. Schaller ging heute wenigstens schön nach und besann sich auch bei Zeiten auf Flügelspiel. Die Deckung konnte sich nicht durchsetzen und so blieb den hinteren drei Pfeiffer—Schütz— Trumpp die meiste Arbeit.

Sehlmacher Nürnberg nimmt beide Mannschaften ins Gebet. Dann beginnts. K.F.V. stürmt mit Macht, glänzend arbeitete die Läuferreihe, legt die Bälle in den Sturm, wo sich Bekir durch

schönes Abspiel auszeichnet, aber sonst klappt es nicht. So kommt dann Eintracht durch Elfmeter zu billiger Führung. — Döpfer setzt den Ball in den Kasten. Bald darauf wären wieder Elfmeter fällig gewesen (Finneisen gegen Kellerhof). Beim K.F.V. steht Huber wie eine Mauer, die Deckung sorgt für Sturmfälle — vorn ist aber kein Verständnis; so geht es trotz Überlegenheit mit 1:0 für Eintracht in die Pause. Gleich nach Beginn muß Trumpp gegen Quasten retten, wieder drückt K.F.V. und wieder schießt Eintracht Tor! Kellerhof flankt, Waßmannsdorf läuft heraus, kommt nicht an den Ball und Kaufmann schießt sicher ein — 2:0! Jetzt endlich kommt dann auch K.F.V. dran. Vogel legt Würzburger schön vor, den Döpfer glatt umgeht, Trumpp aus dem Tor lockt und so steht es 2:1. Für Rüpeleien ist Sehlmacher nicht zu haben, dies müssen in kurzer Folge Quasten und Döpfer spüren. Noch sind 15 Minuten Zeit. Schüße von Reeb und Würzburger meistert Trumpp. Huber geht mit nach vorn und richtig, es gibt Freistoß gegen Eintracht — Huber erwischt ihn und das 2:2 ist fertig.     Azet. (aus dem 'Fußball' vom 12.04.1927)

 

 


 

 

Eintracht Frankfurt - Karlsruher F.V. 2:2

Wenn man ins Theater geht, besieht man sich zunächst den Theaterzettel. Hier ist er:

Eintracht:

K.F.V.

Trumpp

Tor

Waßmandorf

Pfeifer

l. Back

Trauth

Schütz

r. Back

Huber

Bechthold

l. Läufer

Ege

Egly

Mittelläufer

Finneisen

Schönfeld

r. Läufer

Lange

Kellerhoff

Linksaußen

Quasten

Dietrich

Linksinnen

Bekir

Schaller

Mittelstürmer

Vogel

Döpfer

Rechtsinnen

Reeb

Kaufmann

Rechtsaußen

Würzburger

Wenn man seinen Platz eingenommen hat, beguckt man sich die Loge und Ränge und sucht nach Bekannten und Prominenten. Es waren sehr viele da. Auch das „andere Lager" war stark vertreten. Dann beguckt man sich die Vorgänge auf der Bühne. So waren sie:

Der KFV. bemächtigt sich des Spieles. Die Läufer werfen Ihre Stürmer mit hohen und weiten Vorlagen nach vorne. Diese systematische Systemlosigkeit verwirrt die Eintrachtmannschaft. Sie kommt nicht auf die Beine. Nur die beiden Verteidiger zeigen sich von Anfang an als durchbruchssicher. Die KFV.-Stürmer kommen an Pfeifer und Schütz nicht vorbei. Beide klären stets glänzend und mit großer Sicherheit und sei es auch durch eine einfache Zurückgabe an den Torwart. Langsam schafft die Verteidigung der Eintracht Luft. Sie räumt mit den Karlsruher Angriffen auf. Vorlagen gelangen an die Flügel. Die Flügel laufen und flanken. Es beginnt vor dem KFV.-Tor hin und wieder mulmig zu werden. Viel Verdienst an den Eintrachtangriffen hat der Mittelstürmer Schaller, der seine Bälle wuchtig vorzubringen versucht und sie auf die Flügel schlägt, wenn er nicht weiter kann. Schade, daß Dietrich die Form des Vorsonntags nicht erreicht, die den Münchner Sieg vereiteln half. Zunächst läßt sich die Eintracht die erste Ecke gefallen. Ein paar Strafstöße, durch das rüpelige Spiel Finneisens veranlaßt, bringen dem KFV.-Tor Gefahr. Dann schießt Schaller los, drängt sich mit dem Ball bis ans KFV.-Tor. Trauth hat ihm den Ball schon abgenommen, will abwehren, kickt den herausgelaufenen und ungeschickten Wasmannsdorf an. Huber wirft sich verzweifelt nach dem aufs Tor rollenden Ball, berührt ihn mit der Hand ... „Elfmeter" schreien die Zuschauer. Der Elfmeter wird gegeben, getreten und verwandelt. Der Schütze heißt Döpfer. Die Eintracht führt 1:0. Herr Seelmacher, der als Schiedsrichter fungierte, scheint sich mit einem Elfmeter tatsächlich begnügen zu wollen. Er übersieht ein ganz grobes Foul des enfant terrible Finneisen, ein selten schönes Hand Trauths, beides im Strafraum. Der Schiedsrichter pfeift nicht, sondern läßt sich von dem Karlsruher Mittelhalf noch anschreien obendrein. Der KFV. versucht das eine Tor wettzumachen. Er streckt sich gewaltig, erzielt insgesamt vier Ecken, ohne aber den erstrebten Erfolg herbeizuführen.

Nach der Pause beginnt der zweite Akt. Er setzt mit einem wuchtigen Eintrachtangriff ein, verläuft aber in der Folgezeit in eine Sturm- und Drangperiode der Karlsruher. Der Kampf konzentriert sich auf ein Duell KFV. gegen Eintrachtverteidigung. Noch bleibt die Eintrachtverteidigung Sieger, weil die Angriffsreihe der Karlsruher außer Bekir über keinen passablen Stürmer verfügt. In der neunten Minute wird der Spieß sogar umgedreht. Kellerhoff flankt süß, Wassmannsdorf läßt, da er falsch steht, muß er, den Ball über sich hinweggehen, Kaufmann nimmt ihn in Besitz und gibt ihn nicht mehr her. Erst als er im KFV.-Tor sitzt, überläßt er ihn dem mehr oder weniger enttäuschten Wassmannsdorf. Die Badenser erweisen sich in der Folgezeit als die besser trainierte und ausdauernde Mannschaft. Ihre Willensleistung ist größer, ihre Kampfkraft übertrifft die des Gegners um ein weites. Sie kennen nur ein Ziel, das Eintrachttor. Die Eintrachtstürmer kennen nicht einmal das Ziel, Zeit so gut wie möglich hinzuschleppen, um den Sieg zu halten. Das war taktisch verfehlt, um so verfehlter, als die Karlsruher durch Würzburgers, dem herauslaufenden Trumpp passierenden, Schuß ein Tor aufholen. Mitten in die Karlsruher Bestrebungen nach dem Ausgleich platzen einige Eintrachtangriffe, drei Eintrachtecken, mehrere große Torgelegenheiten. Wie gut konnte das Spiel 3:1 stehen. Und wieviel Glück war mit den Frankfurtern, als ein Pfundschuß des Türken Bekir am Pfosten abprallte. Schließlich schien es aber zu einem Sieg zu langen. Im Elntrachtstrafraum wird erbittert gekämpft. Schütz, Pfeifer und Trumpp zeigen

glänzende Leistungen. Aber in der letzten Minute passierte der Eintracht das Mallörche. Aus einem tollen Gedränge heraus, in dem Freund und Feind nicht zu unterscheiden waren, schob irgend ein Karlsruher, der nicht mehr festgestellt werden kann, das Leder in das Eintrachttor. — Das Spiel ging 2:2 aus.

Dieses Ergebnis entspricht den versöhnlichen Ausklängen, die angenehme und spannende Theaterstücke zu haben pflegen, wenn Sie keine Dramen sind. — Es entspricht mit einem Wort dem Spielverlauf und dem Stärkeverhältnis der Mannschaften.

Diese Erklärung gibt der Kritiker seinen nächsten Bekannten. Sodann eilt er nach Hause und legt seine oben zusammengefaßte Ansicht in der Kritik nieder, die am Montag erscheint und von allen Leuten mit großem Interesse gelesen wird (??. ..??..,?? ...?) Hier ist sie:

Der KFV. hat nur in ganz bestimmten Beziehungen gefallen. Die Mannschaft zeigte auch nicht die Spur von einem Kombinationsspiel. Das Zusammenspiel der Mannschaft war denkbar schlecht. Deshalb ist auch die Erfolglosigkeit der Mannschaft in der letzten Zeit durchaus erklärlich. Die stärkste Waffe der Mannschaft ist die Läuferreihe. Sie deckt ganz vorzüglich ab, hat ein gutes Stellungsspiel und wirft ihrem Sturm hohe, weite und planlose Vorlagen vor. Der Sturm ist genötigt, nach nach diesen Vorlagen zu starten. Sie sind für die gegnerischen Verteidiger leicht abzuwehren und nur deshalb gefährlich, weil die andrängenden Stürmer heftige Verwirrnis und Gedränge vor dem Tor hervorrufen und bei dieser Gelegenheit leicht Tore erzielt werden können. Die Läuferreihe wäre restlos zu loben, wenn sich der Mittelläufer Finneisen nicht erlaubt hätte, in unangebracht harter Weise zu spielen. Das gleiche gilt von Vogel. Daß Pfeifer wegen der Karlsruher Vorgänge beim besten Willen nicht disqualifiziert werden konnte, ist für keinen der beiden Spieler ein ersichtlicher Anlaß gewesen, um von den Regeln des sportlichen Anstandes in irgend einer Form abzuweichen. Da von Vogel die Rede ist, bleibt es gleich beim KFV.-Sturm. Hier ist nur Bekir hervorzuheben. Der etwas behäbigere und weniger schnelle, aber technisch reifere Türke war die treibende Kraft im KFV.-Sturm, gab ihm die geistige Note. Er war aber auch allein. Weder die Flügelstürmer noch die beiden Innenstürmer — auch der vielgerühmte Vogel — kamen über den Durchschnitt mittelmäßiger Ligastürmer hinaus. Der Sturm war vor allen Dingen sehr schwach im Schießen und sehr ungeschickt im Ausnutzen zahlreicher Torgelegenheiten Ausgezeichnet schlug sich die Karlsruher Verteidigung. Trauth leistete als Angriffsverteidiger wertvolle Arbeit. Huber überzeugte durch seine wuchtige und energische Abwehr. Der Torwart Wassmannsdorf kann nicht zu den besseren Torhütern Süddeutschlands gezählt werden. — Was die KFV.-Mannschaft auszeichnete, war ihr Kampfgeist, ihre unbeugsame Energie und ihre auf der glänzenden körperlichen und auf das Spiel abgestellten geistigen Verfassung beruhende Ausdauer - Aber der alte KFV ... das war der alte KFV. nicht. Einen kleinen Anklang an den alten KFV. fand man in den Münchnern. Die Karlsruher sollten sich ihren Breunig holen. Wenn man von der Tradition lebt, etwas auf sie hält und vielleicht etwas zu sehr traditionsbewußt ist, sollte man sie auch in der Spielweise wahren.

Die Eintrachtmannschaft bot nicht die gleiche Leistung wie am vergangenen Sonntag. Dies lag hauptsächlich daran, daß Dietrich die gegen München gezeigte Form nicht erreichte. Der Ausfall machte sich im Sturm stark bemerkbar. In der Angriffslinie der Eintracht gefielen vor allem Kellerhof durch ausgezeichnete Flankenläufe und Schaller durch energisches Spiel und schnelle Flügelbedienung. Wenn dieses Spiel Schallers sich im Laufe der Zeit etwas ausschleift, wird er ein sehr brauchbarer Mittelstürmer sein. Döpfer war etwas zu ängstlich und Kaufmann mit dem Rechtsaußenposten anscheinend nicht richtig vertraut. Die Läuferreihe war schwächer als gegen München. Ihr Spiel war unbedeutend. Dagegen muß das ausgezeichnete Spiel der Verteidigung hervorgehoben werden. Pfeifer und Schütz lieferten eine ganz ausgezeichnete Verteidigerpartie. Ich kann mich nicht erinnern, in der letzten Zeit eine so glänzende Verteidigung gesehen zu haben. Der Torwart Trumpp ergänzte die Verteidigung zu einer fast unbesiegbaren Hintermannschaft. Die Uneinheitlichkeit der Eintrachtmannschaft wird ihr größtes Uebel bleiben, bis sie ausgemerzt ist. Die Spieler bedürfen eines scharfen Trainings und einer gründlichen Unterweisung in den Regeln der Taktik. Sie lassen vor allen Dingen den letzten Schmiß vermissen. Der Franzose nennt es, glaub' ich. Elan. Wenn sie dann noch das haben, was der Engländer mit "brain" bezeichnet, solls wohl nicht fehlen.

Den Regisseur habe ich vorhin vergessen. Er hieß Seelmacher (Pfeil Nürnberg). Seine Entscheidungen hatten nicht immer Ihre Richtigkeit.      Jockey. (aus dem 'Kicker' vom 12.04.1927)

 

 

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