Eintracht Frankfurt - Victoria
Hamburg |
Freundschaftsspiel 1922/23
2:5 (2:2)
Termin: 13.08.1922
Zuschauer:
Schiedsrichter: Weingärtner (Offenbach)
Tore: 0:1 (18.), 1:1 Peler (?), 1:2, 2:2 Peter Szabo, 2:3, 2:4, 2:5
Eintracht Frankfurt | Victoria Hamburg |
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Trainer |
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Viktoria Hamburg bei Eintracht Frankfurt a. M. Zum ersten Male weilte Viktoria Hamburg, der Urheber der norddeutschen Extraklasse, in Frankfurts Mauern. Der stundenlang niedergegangene Regen legte sich bei Spielanfang, so daß der Fußboden wohl glatt, aber sonst in idealer Verfassung war. Wohl selten hat der Riederwaldplatz einen solch vornehmen und interessanten Kampf gesehen; zwei Strafstöße wegen Foul während der ganzen Spielzeit zeugen davon, Zwei hervorragende Torwächter hüteten das Heiligtum; der eine, Pohl Hamburg, hervorragend gut, der Eintracht-Tormann -hervorragend schlecht und direkt hilflos. Von den fünf Toren, die die Gäste erzielten, waren vier ohne weiteres zu halten, während das letzte nicht schwer war, zu verhindern. Der Hamburger Torwächter wußte seinen Ruf als bester Zerberus Nordeutschlands zu wahren. Nur einen Schnitzer machte er, der kostete ihm das zweite Tor, sonst spielte er mit verblüffender Sicherheit und beispiellosem Mute. Die Art und Weise, wie er mehrere Male unter Nichtachtung seiner eigenen Person sich dem gegnerischen Sturm in die Füße warf, löste begeisterten Beifall aus. Mit 5 :2 verlor Eintracht den Kampf, der dem Spielverlauf nach, bei einem einigermaßen brauchbaren Torwächter, wohl zugunsten der Frankfurter geblieben wäre. E. war in bester Aufstellung, bis auf Schneider, und zeigte vornehmlich in der zweiten Hälfte ein Stürmerspiel, das nahezu vollendet war. Auch die Läuferreihe, in der Böttcher einfach glänzend arbeitete, war nach der Pause auf voller Höhe. Die Verteidiger spielten gut, aber leichtsinnig und manchmal mit einer Ruhe, die einem wehe tat. In Hamburgs Sturm war Townley der hervorragende Balltechniker und Schußgewaltige des gut spielenden Innensturmes; die Außenstürmer wußten weniger zu gefallen. In der Läuferreihe überragten der Mittelläufer Eickhoff und der rechte Außenläufer. Die Verteidigung war allererste Klasse. Was jedem einzelnen der Mannschaft eigen war, waren das glänzende Verstehen untereinander und das ausgeprägte, nutzbringende Kopfspiel. Die Kombination war flüssig, beinahe nach rein süddeutscher Art angelegt, aber nicht so planmäßig und durchdacht wie bei Eintracht. An zeitverschwendender und unzweckmäßiger Überkombination litten zeitweise beide Mannschaften. Was Eintracht noch plus hatte, war die heute überraschend gute Schußsicherheit und die Schußfreudigkeit des Sturmes, die Pohl zur Entfaltung seines ganzen Könnens zwangen. Mach anfänglicher Überlegenheit von E. wurde der Kampf offen und abwechslungsreich. Der Eintracht-Tormann gab dann in der 18. Minute einem hoffnungslosen Torschüßchen die Richtung und verhalf damit Hamburg zum ersten billigen Erfolg. Prompt glich E. mit feinem Stürmerspiel durch guten Schuß von Peler (?) aus. Die besseren Torgelegenheiten hatte zweifellos E., aber der Gäste Hintermannschaft war allen Lagen gewachsen. Ein Strafstoß wegen Hände lief unter dem Bauch des Eintracht-Torwächters ins Tor. Gleich darauf kam der Ausgleich für die Frankfurter durch Szabo, der einen Pohl entfallenen Ball ins Tor schlängelte. Auf und ab wogte der Kampf. Mehrere totsichere Sachen des Hamburger Sturmes hielt der Frankfurter Torwächter so gut, wie er die leichtesten Bälle passieren ließ. Nach der Pause drückte E, stark, aber ohne Erfolge zu erzielen. Pohl hielt alles. Bei offenem, abwechselndem Kampf errangen dann die Gäste noch drei weitere Tore, die alle zu verhüten gewesen wären. Mit dieser Tatsache wurde E. in dem Maße deprimierter, wie Viktoria an Sicherheit und Können gewann. Die letzte Viertelstunde war Hamburg stark überlegen, wenn auch gerade in dieser Zeit Pohl die brenzlichsten Sachen zu halten verstand. Mit 5 :2 erlitt Eintracht eine durchaus unverdiente Niederlage. Der Schiedsrichter Weingärtner Offenbach hatte einen leichten Stand bei der vornehmen Spielweise der beiden Mannschaften. Unabhängig davon wußte er ausnehmend zu gefallen. Ein Vergleich zwischen dem kürzlich hier gesehenen hartnäckigen Gegner Nürnbergs, Hamburger Sportverein und Viktoria Hamburg liegt nahe. Viktoria ist die elegant spielende Kombinationself, jeder einzelne hat viel Verständnis, viel Fußballgefühl, hervorstechend das Bestreben, das Spiel flach zu halten; das ideen- und finessenreiche Spiel des jungen Townley, fair und ohne viel Kraft, geht durch die gesamte Mannschaft. H.S.V, ist die verkörperte Kampfmannschaft, keine ausgesprochene Kombinationsmaschine, nicht das geschlossene Ganze wie Viktoria, aber ausgestattet mit den erforderlichen Kampf- und Technikgenien wie Harder und Halvasson, mit wie zwei schnellen und harten Außenstürmern, wie Viktoria keine besitzt. Wucht und Schnelligkeit und Kampfesmut bei dem H.S.V.-Kombination und durchdachte Geistesarbeit, manchmal im Spiel direkt weich werdend, auf der anderen Seite. Im Kampfe dieser beiden wird der gewinnen, welcher die größere Ausdauer und die besseren Nerven hat, die ihm ermöglichen, dem Gegner die eigene Spielart aufzuzwingen. (aus dem 'Fußball', Ausgabe 33/1922)
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