Eintracht Frankfurt - Borussia
Neunkirchen |
Freundschaftsspiel 1920/21
1:0 (0:0)
Termin: 07.05.1921
Zuschauer:
Schiedsrichter: Rettelbach (Ludwigshafen)
Tore: 1:0 John BöttcherTurnier zum 60-jährigen Bestehen der Frankfurter Turn- und Sportgemeinde „Eintracht" von 1861
Eintracht Frankfurt | Borussia Neunkirchen |
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Das Frankfurter Eintrachtturnier Nun hat auch das Frankfurter Sportpublikum seine Sensation gehabt. Zur festlichen Begehung ihres 60jährigen Bestehens veranstaltete die Frankfurter Turn- und Sportgemeinde „Eintracht" von 1861, hervorgegangen aus einer Vereinigung des Altmeisters Frankfurter Fußballverein und der Frankfurter Turngemeinde von 1861, ein Fußballturnier von außergewöhnlicher Bedeutung. Von schönem Wetter begünstigt, hat Eintracht einen vollen Erfolg erzielt, wozu auch das günstige Abschneiden des Frankfurter Vereins beitrug. Die gewählten Gegner waren die denkbar besten Vertreter guter Fußballkunst; außerordentlich interessant war dazu das Aufeinandertreffen der verschiedenen Spielweisen. Auf die breiteren Massen übten natürlich die Namen Fischera, Edy und vor allem Schaffer die größte Anziehungskraft aus; der Besuch war auch demgemäß ein ausgezeichneter. Am Samstag, den 7. Mai, trafen sich F.V. Borussia Neunkirchen — Eintracht 0:1, und F.A. Wacker München gegen V.f.B. Leipzig 5:0. Eintracht — Borussia-Neunkirchen 1:0. Eintracht schlug ihren scharfen Gegner knapp, aber verdient, nachdem ihr in der ersten Hälfte mehrere Torgelegenheiten entgangen waren. Der schönste Teil des Treffens spielte sich vor der Pause ab; hier gab es geradezu klassische Momente und aufregende Situationen in Fülle. Frankfurt pflegte das typische flache Paßspiel, allerdings nicht ohne gelegentlich in Überkombination zu verfallen, während Neunkirchen sich zum reinen Durchbruchsspiel bekannte. Nach der Pause wurde das Spiel vorübergehend recht systemlos, und Neunkirchen konnte geraume Zeit das Kommando führen. Viel trug dazu das außergewöhnliche Versagen eines sonst ausgezeichneten Eintrachtstürmers bei, der später auf Geheiß seines Spielführers das Feld verließ. Die Eintrachtelf nahm sich nun wieder zusammen, der alte Siegeswille erwachte wieder, und ein prachtvolles Tor, entstanden aus inniger Zusammenarbeit des linken Flügels, gekrönt durch einen scharfen, in die Ecke gezielten Schuß des Halblinken, John Boettcher, auf Vorlage Szabos, war der Lohn. Daß kein höheres Resultat erzielt wurde, verdankten die Gäste dem zuweilen unglaublich erscheinenden Glück ihres Torwächters, der nicht wenig beschäftigt wurde, denn die Eintrachtstürmer verstanden wieder einmal, aus allen Lagen zu schießen. Die beiden Mannschaften waren mit Ersatz angetreten, Leiter des Spieles war Herr Rettelbach-Ludwigshafen. Es unterliefen ihm einige falsche Abseitsentscheidungen, sonst war man beiderseits zufrieden mit ihm. Vor allem ließ er sich nichts gefallen und blieb konsequent bei seinen Entscheidungen. Frankfurts Sturm spielte in der ersten Hälfte ein musterhaftes Kombinationsspiel, dessen Erfolge nur durch zu weiches Angreifen vor des Gegners Tor ausblieben. Hier konnte man sich ein Beispiel an Schaffer nehmen, der meist auch sehr zart und äußerst ruhig spielt, im gegebenen Moment vorm Tor aber von all seiner Körperkraft Gebrauch macht und alle Mauern überrennt und auf diese Weise stets freie Bahn für den meist unhaltbaren Schuß aus 5—8 Metern schafft. Der Schwerpunkt des Frankfurter Sturms liegt links. Böttcher und Szabo arbeiten wie eine Maschine. Ihr Spiel ist durchdacht und vollkommen uneigennützig, es geht stets nach vorn, die Ballbehandlung ist bei beiden mustergültig. Neureuther vermag sich ihnen ganz gut anzupassen. Was ihm an Wendigkeit und Schnelligkeit abgeht, ersetzt sein gefürchteter Schuß aus allen Lagen; dazu zieht auch sein Spiel immer nach vorwärts. Imke hatte seinen schwarzen Tag. Er fand sich kaum mit der Spielart der übrigen Stürmer zurecht; ein Spiel wurde immer erst vorteilhaft, wenn er forsch angriff und sich nicht schonte. Köster wurde durch diese Umstände zeitweise kaltgestellt, wenn er aber in den Besitz des Balles kam, erwies er sich als guter Flügelstürmer. Die Läuferreihe stand dem Sturm gleich. Jockel immer gleichmäßig ruhig, kein Schritt zuviel, immer am Platz, immer hinter dem Sturm. Schneider und Schönfeld gleichmäßig gut, letzterer mit ausnehmend vorteilhaftem Stellungsvermögen begabt. Pfeiffer wie immer, Mölders, in aufsteigender Form, verspricht ein Verteidiger von Klasse zu werden und vermag bald Brandt, der dem Vernehmen nach wieder zu seinem alten Verein zurückgekehrt ist, vollkommen zu ersetzen. Gmelin hatte sich in der Hauptsache mit zurückgeprellten Bällen zu beschäftigen. Zwei Schüsse hielt er sehr sicher. Nicht mit Unrecht pflegt man die Borussiaelf als „Fischeramannschaft" zu bezeichnen. Fischera ist tatsächlich die Seele der Mannschaft. Alle Fäden laufen bei ihm zusammen, er ist der Leiter des Spiels. Ihm steht ein ganz vorzüglicher Innensturm zur Verfügung, trotzdem verlegte er das Spiel stets nach den Flügeln und hielt es meist zu hoch. Der Innensturm konnte sich daher nicht gebührend entfalten. Ausgezeichnet war Hofmann als Rechtsaußen, während Klein, Linksaußen, zu schwach und zaghaft erschien. Die Aussenläufer gaben ihr Bestes, gingen über guten Durchbruch jedoch nicht hinaus. Hervorragend war die Verteidigung, besonders Feiler. Der Tormann war nicht besonders sicher, aber gut im Stellungsvermögen. Dazu hatte er außerordentlich viel Glück. Der Gesamteindruck der Mannschaft war gut. Sie spielte eifrig, schnell und sehr fair. [...] Der Abend vereinigte die Mannschaften zu einigen recht gemütlichen Stunden, wobei innige Freundschaft zwischen den Vereinen geschlossen wurde. (aus dem 'Fußball', Ausgabe 19/1921)
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