Eintracht Frankfurt - Kickers Oxxenbach

Süddeutsche Meisterschaft, Nordgruppe 1920/21 - 3. Spiel

4:0 (2:0)

Termin: 03.04.1921
Zuschauer: 8.000
Schiedsrichter: Rettelbach (Ludwingshafen)
Tore: 1:0 Jakob Dornbusch (1.), 2:0 Jakob Dornbusch, 3:0 Paul Imke, 4:0 J. Köster

>> Spielbericht <<

Eintracht Frankfurt Kickers Oxxenbach

 


  • Spieß
  • Mack
  • Bock
  • Rech
  • Best
  • Wendling
  • Stapf
  • Velten
  • Maßmann
  • Keller
  • Balder

 

Das Treffen der Nachbarn am Main.

Eintracht Frankfurt behauptet sich gegen die Offenbacher Kickers 4:0.

Ein schönes Spiel bei prächtigem Frühlingswetter aut dem inmitten der Blütenpracht reizvoll gelegenen Riederwaldplatz. Durch widrige Umstände war der Südmainmeister gezwungen, mit reichlich Ersatz anzutreten. Hof, der Torwächter, ist infolge seiner Koptverletzung unsicher geworden und aus diesem Grunde nicht aufgestellt worden. Fiedler litt an einer Fußverletzung, Nenninger hat seinem Verein den Rücken gekehrt und, um das Pech noch größer zu machen, konnte auch Keller nicht antreten. Eintracht dagegen trat mit der bewährten Mannschaft an und gewann verdient, wenn auch Offenbach vielleicht das Ehrentor verdient hätte.

Bei diesem Spiel kämpften zwei Systeme: Eintrachts kurze, flache Kombination gegen das eifrige, jedoch unvorteilhaft hohe, im Südmainkreis gern angewandte kräftige Spiel. Auch in bezug auf Technik und Ballbehandlung bestand zwischen beiden Gegnern ein deutlicher Unterschied zugunsten der Frankfurter Elf, die ein sehr gefälliges, vornehmes und ruhiges Spiel vorführte. Kickers wehrten sich anfangs recht gut gegen die immer zahlreicher und durchschlagskräftiger werdenden Eintrachtangriffe, um gegen Schluß stark abzufallen, sich anscheinend in das Schicksal der Niederlage ergebend. Das Treffen wurde, seinem Charakter als Kreisspiel entsprechend, ziemlich kräftig durchgeführt, ohne daß jedoch der sportliche Anstand notlitt. Ein Teil des Publikums benahm sich recht kindisch; wenn ein Eintrachter einmal etwas „verpatzte", brachen diese Sporfflegel in Beifall aus; ein wahrhaft unsportliches Benehmen!

Das Spiel

Eintracht hatte es recht eilig mit dem ersten Tor, es fiel schon in der ersten Minute. Szabo spielte sich durch, flankte, der Tormann verfehlte den Ball, auch die Verteidigung beging einen verhängnisvollen Fehler, und Dornbusch drückte den Ball gemütlich ein. Offenbach hätte zweimal Gelegenheit zum Ausgleich gehabt, als Brand zu schwach abwehrte und Keller freistehend den Ball bekam. Sein Schuß ging hoch über das Tor. Ein von Pfeiffer scharf zurückgegebener Ball rollte dem vorm Tor stehenden Gmelin durch die Füße, doch konnte er ihn noch erreichen, ehe es zu spät war. Eine Flanke Szabos nach schönem Zuspiel dieses Spielers mit Böttcher wurde von Dornbusch in der Luft erfaßt und unhaltbar eingeschossen. Von merklicher Überlegenheit in bezug aut Torgelegenheiten war bis dahin noch nichts zu merken, doch änderte sich das Bild nun immer mehr zugunsten der Frankfurter. Mehrere Schüsse Szabos, Imkes und Böttchers wurden von dem jungen Tormann sehr schön gehalten.

Halbzeit 2:0

Nach der Pause erzielt Eintracht weitere zwei Tore. Szabo hatte geflankt, der Ball kam zu Köster, der ihn, halbhoch vors Tor beförderte. Imke köpfte schnell entschlossen ein. Das vielleicht schönste Tor des Tages erzielte Köster; er lief von der Seitenlinie herein und schoß aus 10 Meter Entfernung scharf ein. An allen vier Toren trägt der Tormann keine Schuld. Gegen Schluß machte sich die hohe Temperatur, der tiefe Boden und das überaus flotte Tempo stark bemerkbar. Das Tempo flaute etwas ab, doch erwies sich Eintracht als die standhaftere Mannschaft; Angriff aut Angriff folgte, ohne jedoch noch etwas einzubringen. Das Eckenverhältnis war 6:1 für Frankfurt.

Über die Spielart der beiden Mannschaften

ist das wesentlichste bereits gesagt. Frankfurts Elf machte einen sehr guten Eindruck; das Zuspiel ging präzis von Mann zu Mann, Deckung und Abwehr funktionierten ausgezeichnet Im Sturm wiesen wohl die besten Leistungen Szabo im Kombinieren mit Böttcher, sowie Dornbusch auf. Die beiden Erstgenannten führten nach der Pause ein wohldurchdachtes, äußerst feines und gefälliges Spiel vor, das hier seinesgleichen sucht. Imke war nicht sehr in Form, sein Zuspiel ist manchmal zögernd und ungenau, zu hoch, zu weit. Köster litt sehr unter einer gleich bei Beginn erlittenen Verletzung; in Anbetracht dessen war sein Spiel gut zu nennen. Die Läuferreihe spielte vorbildlich; besonders gut war Jockel, der alte Kämpe. Schneider verblüffte durch raffinierte Technik. Pfeiffer war zeitweise unsicher, Brand dagegen hervorragend. An ihm prallte einfach alles ab. Gmelin hatte im ganzen zwei Bälle zu halten.

Offenbachs Sturm war durch das Fehlen Nenningers und Kellers äußerst schwach. Am besten gefiel Balder, zeitweise auch Velten. Die fünf waren viel zu aufgeregt und spielten meist ohne allzuviel Verständnis. Das Beste der Elf war die Läuferreihe; besonders Best gefiel sehr gut. Mack und Bock machten ihre Sache gut, ohne hervorragende Klasse vorzustellen. Spies im Tor hielt recht brav und gefiei sehr gut.

Der Schiedsrichter, Herr Rettelbach-Ludwigshafen, war sehr umsichtig und korrekt. Seine Ruhe wirkte vorbildlich aut die Spieler; bewundernswert ist sein stetes Laufen mit dem Ball. Es soll noch erwähnt werden, daß er auch mit seiner wirklich vornehmen Sportskleidung einen ausgezeichneten Eindruck machte. Peka.

Randbemerkungen eines Neutralen.

Das Wetter war herrlich — für die Zschauer. Und für den Kassierer natürlich. Nicht so für die Spieler. Für die war die neue Somrnerwärme zum mindesten ungewohnt. Entsprechend war das ganze Spiel sehr zahm, hatte kein Tempo und keine Flüssigkeit. Überdies hatte es kein ausgeprägtes System. Die Kickers spielten meist zerfahren und ohne taktisches Verständnis, und selbst Eintracht konnte — das hohe Resultat verdeckt dies zwar — nicht zu ihrer vollen Form auflaufen. Man hatte zeitweilig den Eindruck, als wenn verschiedene Spieler aut Besuch da wären. Aber, wie gesagt — die ungewohnte Hitze ....

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Kickers kam in verblüffender Aufstellung: es fehlten Fiedler, Hof und Nenninger. Die Aufklärung ergab, daß Fiedler wegen einer Fußoperation spielunfähig sei. Wegen der beiden anderen Spieler war nichts Bestimmtes zu erfahren. Nenninger soll Mitglied von Sp.C. Bürgel geworden sein. Die Kickers haben wirklich viel Pech. Übrigens hielt der Ersatztorwächter einige Sachen sehr schön, an den vier Toren konnte er nichts tun, denn sie waren placiert und unhaltbar.

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Das letzte Tor Kösters war das schönste. Wie der Schuß saß, wackelte denn auch die Wand (und die Tribüne), so groß war die Freude. Es war nebenbei bemerkt nicht nur ein brillanter, sondern sogar ein paradoxes Tor. Es war nämlich vom Rechts außen mit dem linken Fuß reingehauen! (Verzeihung, die geistvolle Inspiration stammt nicht von meiner, sondern von anderer — Bornheimer — Seite!)

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Schiedsrichter Rettelbach erschien in neuem Dreß, einer unerreicht geschmackvollen, farbenprächtigen Schöpfung von künstlerischer Schneiderinnenhand. Kurze Hose in entzückendem Hellblau und Bluse in berauschendem Orange. Beides in Seide. Er hätte — ein Bild hohen ästhetischen Genusses — auf jeder Modeschau erscheinen können. Seine Entscheidungen in dem zahmen Spiel waren fast so entzückend wie der Anzug, nur bleibt der Wunsch besseren Mitlaufens. Abseitsentscheidungen sind nur in gleicher Höhe mit dem gespielten Ball zu treffen.

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Das Beifallklatschen wird immer moderner. Wenn die Steigerung so weitergeht — entsetzlicher Gedanke! Bei jeder Kleinigkeit wird geklatscht. Besonders die „Fachleute" auf der Tribüne haben die Klatschwut. Wenn ein Spieler wegen Nasenbluten das Feld verläßt und nach fünf Minuten wieder erscheint, erhebt sich der Beifall. Wenn der Torwächter einen Ball hält, wird er beklatscht wie Lea Manti, wenn sie den Tannhäuser pfeift. Außergewöhnliche Leistungen können mit Freuden quittiert werden, aber wegen jeder Kleinigkeit die Hände patschen — das ist für meine wirklich nicht blasierten Begriffe eine Albernheit. Satyr. (aus dem 'Fußball', Ausgabe 14/1921)

 

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