1. FC Nürnberg - Eintracht Frankfurt

Süddeutsche Meisterschaft, Nordgruppe 1920/21 - 2. Spiel

7:2 (2:1)

Termin: 20.03.1921
Zuschauer: 10.000
Schiedsrichter: Tusch (München)
Tore: 1:0 Bös (6.), 2:0 Träg (11.), 2:1 Imke (31.), 2:2 Böttcher (76.), 3:2 Bös (77.), 4:2, 5:2 (Elfmeter), 6:2, 7:2

 

>> Spielbericht <<

1. FC Nürnberg Eintracht Frankfurt

  • Stuhlfaut
  • Kugler
  • Bürk
  • Riegel
  • Kalb
  • Köpplinger
  • Sutor
  • Träg
  • Bös
  • Popp
  • Strobel

 


 

Der Nürnberger Bombensieg

Die gleichen Vertreter wie im Vorjahre messen sich in den Verbandsschlußspielen in der Nordgruppe. Gute, bewährte Mannschaften haben sich in den umstrittenen Kreisen an die Spitze gebracht, und allgemein ist man gespannt, wie sich diese vorjährigen Rivalen neuer zeigen werden, nachdem eigentlich schon in der letzten Saison manch harter Strauß und überraschendes Resultat zutage kam.

Hat man von vornherein, wenigstens in Nürnberg-Fürth und wohl auch in weiteren Kreisen unsern Repräsentanten, den 1. F.C. Nürnberg, als voraussichtlichen Sieger getippt, so auch die energischen Waldhöfer als dessen ernstesten Konkurrenten. Aber nach deren Niederlage in Frankfurt stiegen die Chancen der Eintracht und deshalb sah man mit Spannung dem Zusammentreffen der Nordmainkreisler mit dem 1. F.C. entgegen.

Die Gunst des Wettergottes blieb den Nürnbergern und so war auch der Besuch ein großer, wenn auch gerade kein größter. Der Verlauf des Spieles zeigte, daß das Können der Gaste gegenüber dem Vorjahre besser geworden und sie als ein beachtenswerter Gegner gelten müssen. In dieser Richtung überraschten die Frankfurter und damit muß auch die Meinung über die Spielstärke des Nordmainkreises verbessert werden; denn die Eintracht war ein trefflicher Vertreter ihrer heimatlichen Sportgemeinde. Einen Eifer, Energie und letzte Hingabe zeigten die Gäste, die ihnen wohl die Anerkennung aller Kenner und Zuschauer bringen mußten; daran ändert auch das ein wenig undisziplinierte Intermezzo gegen Schluß des Spieles nichts. Vielleicht mag auch der sonst gute Schiedsrichter in diesem Falle etwas hart entschieden haben.

Die Nürnberger gaben in der ersten Halbzeit wohl meist den Ton an, aber die Gäste quittierten mit manch schnellem und energischem Angriff, womit sie der einheimischen Verteidigung schon einheizen konnten, zumal dieselbe des öfteren zögerte. Nach der Pause gingen die Gäste mit erhöhter Energie und schärferem Tempo ins Spiel und konnten längere Zeit die Nürnberger Hintermannschaft zur Entfaltung bringen und durch wiederholt gefährliche Angriffe die spannendsten und aufregendsten Momente im Spiel schaffen. In dieser Zeit lag wohl für viele eine gewisse Bangigkeit in der Luft, zumal die heimische Hintermannschaft einige schwache Minuten zeigte, die mit etwas Glück für die Gäste eine gute Wendung hätten bringen können.

Aber Eintracht hielt nicht durch, sie fiel ihrem eigenen Tempo zum Opfer. Der Klub fand sich wieder und lief dann fast zu bester Form auf und gegen diese mußten die Gäste die Segel streichen. In wuchtigem Angriffsspiel, gut unterstützt von der bewährten Läuferreihe erzielte Nürnberg Tor um Tor und damit den Sieg mit 7:2. Wohl war das Spiel Nürnbergs in der letzten Spielphase ein durchdachtes und teilweise raffiniertes, das Erfolge bringen mußte; aber der Spielverlauf während der 90 Minuten läßt die Niederlage der Gäste eigentlich doch unverdient hoch erscheinen. 5:3 wäre entsprechender gewesen.

Allgemeines Stimmungsbild

Wie das Wetter, erst sehr schön, dann zeitweise etwas windig und ungewiß, zum Schluß Sturm.

Ehrung Barks.

Vor dem Spiel wird Bark durch Überreichung eines Lorbeerkranzes für 10jährige Angehörigkeit zur 1. Mannschaft des Klubs geehrt; Bös und der Spielführer der Gäste bringen ebenfalls dem verdienten Spieler ihr Hipp-Hipp.

Kurz darauf hat der Jubilar schon Gelegenheit seine Erkenntlichkeit für die Ehrung durch seine bekannt wuchtigen Verteidigerschläge zu zeigen; er spielte mit einer jugendlichen Elastizität, daß man von ihm getrost noch einige derartige Spieler-Jubiläen erwarten darf.

Die Zuschauermengen zahlenmäßig zu fixieren traue ich mir nicht; denn mir fehlt als Provinzler das Schätzungsvermögen für große Zahlen; aber es waren viel, denn die Kassiere schmunzelten und waren freundlich.

Das Spiel bis zum Ausgleich

Vom Anstoß an kommt Nürnberg auf und schon in den ersten Minuten sauste ein ganz gefährlicher, scharfer Schuß knapp neben Frankfurts Tor. Sofort quittiert Frankfurt und auch diesmal war das Glück auf Seite der Verteidigenden. Das Spiel wird ausgeglichener, beide Verteidigungen zeigen tüchtige Arbeit, beide Angriffsreihen warten mit raschen Vorstößen auf; die Nürnbergs werden die zahlreicheren und die systemvolleren, vorerst noch mehr Innen- als Flügelarbeit. Ganz klappt es noch nicht, das Zuspiel erfolgt nicht immer rasch genug und die schnellen Gästeläufer können mit Eifer gute Abwehr zeigen; sie ließen nicht viel Zeit und Raum zum Schießen. Aber doch landen zwei Bälle, gut durchgespielt und entschlossen verwertet in Gmelins Kasten. Frankfurt gelingt es dann auch durch raschen Vorstoß, einen von Nürnbergs Verteidigung nicht schnell genug weggebrachten Ball zum Treffer zu verwandeln. Pause 2:1 für Nürnberg.

Nach der Pause kommen die Frankfurter mehr auf; das Spiel wird spannender, es reißt mit; die Gäste entfalten ihr volles Können. Mit seltenem Eifer und Energie drücken sie aufs Tempo; der Wille zum Erfolg beseelt zusehends diese Elf. Die brave Hintermannschaft schafft tüchtig nach vorne; die schnellen Stürmer pflegen weites Zuspiel und die Flügel tragen den Angriff vor Nürnbergs Tor, wo es dann aber doch an Kraft und Entschlossenheit gegenüber Nürnbergs Verteidigung und Torwart fehlt. Aber trotzdem sehen die Eintrachtler ihre hingebende Arbeit durch einen zweiten Treffer belohnt. Es war der Ausgleich.

Das Spiel hat seinen Höhepunkt erreicht.

Gelingt den Gästen noch ein weiterer Erfolg, den sie dann wohl zäh zu halten versucht hatten, oder wird sich der Klub doch noch durchsetzen? Mit unverminderter Zuversicht zieht Frankfurt nochmals los, besonders die linke Flanke glänzt; tüchtig schafft die Elf; gleich tüchtig, wenn auch etwas aufgeregter der Klub. Da, — ein überraschender Schuß aus Frankfurts Angriffsreihe, scharf und placiert, zu placiert auf Stuhlfauths Tor. Dieser wirft sich vergeblich; unhaltbar saust das Leder gegen — den Torpfosten —, prallt ab; dreht sich zwischen Pfosten und Stuhlfaut, dessen Beute er dann doch noch wird. Eine schöne Chance ist für Frankfurt dahin.

Das Glück hat den Nürnbergern gelächelt.

Die schwerste Arbeit, einen Vorsprung gegen die Gästeverteidigung aufholen zu müssen, blieb damit dem Klub erspart. Aber die Frankfurter hatten sich doch etwas zu viel zugetraut; sie hielten das Tempo nicht durch. Die technisch feine Kleinarbeit des Klub machte die gute Eintrachtverteidigung doch mürber, so daß diese, dem sich wieder und immer besser findenden Klub nicht mehr ganz widerstehen konnte. Die Läuterreihe mußte auch mehr in der Abwehr tätig sein, um, den immer flüssiger werdenden Angriffen Nürnbergs gewachsen zu sein. In gutem, wechselvollem Spiel zwischen Innensturm und Flügel, bestens versorgt von den Läufern, gewinnt der Klub an Boden.

Tore fallen und müssen fallen.

In diesem Teil des Spieles war Nürnberg der Meister, fast In bester Form, womit er einen zähen, tüchtigen Gegner besiegte.

Die Katastrophe.

Erst als Frankfurt gleichgezogen, kommt mehr Entschlossenheit hinein; eine Minute darauf kann Bös am herausgelaufenen Gmelin vorbei einsenden, 3:2. Damit war das Schicksal des Frankfurter Meisters besiegelt. Beim Klub kehrte mit dem Vorsprung die Ruhe wieder und damit weitere Erfolge. Das schönste Tor des Tages war ein Prachtschuß von Popp nach vorangegangenem technisch vollendeten Solodurchspiel. Frankfurt gab das Rennen bis gegen Schluß nicht verloren und hielt das Spiel ständig offen. Szabo schied durch eine Verletzung im Gesicht gegen Schluß aus. In den letzten Minuten kam noch ein gewisser Mißton herein. Der Schiedsrichter stellte den Frankfurter rechten Verteidiger wegen Reklamierens hinaus, ein weiterer Mann verließ protestierend mit ihm den Platz, so daß man nur infolge der Einsicht der übrigen Spieler gerade noch um die Klippe eines Spielabbruchs herumkam. Meines Erachtens war die Entscheidung auch zu hart.

Die Kritik.
Unser Mitarbeiter Hl.

Der Sturm Frankfurts war schnell, pflegte weites Zuspiel, auf überraschende Vorstöße angelangt, wobei die Stürmer aber oft hart an der Abseitsgrenze den Ball aufnahmen und damit das Eingreifen des Schiedsrichters provozierten. Technisch waren sie alle gut, und die Angriffe wurden oft gefährlich, obwohl sie eigentlich der Geschlossenheit entbehrten. Szabo, Imke und Dornbusch waren die gefährlichsten; an Eifer stand keiner dem andern nach. Die Stärke der Mannschaft ist die Hintermannschaft. In der Läuferreihe war Jockel der Beste. Dieser alte, bewährte Kämpe war die Stütze der Elf, gut in der Abwehr und eifrig und unermüdlich im Spiel; erwähnenswert sein Kopfspiel. Technisch und im Zuspiel ist ihm sein heutiges Gegenüber überlegen. Seine Nebenleute paßten sich gut ins Spiel, sie taten ihre Schuldigkeit mit gutem Erfolg. Die Reihe als Ganzes wurde ihrer schweren Aufgabe gegenüber Nürnbergs Sturm so ziemlich gerecht. Von den Verteidigern gefiel besonders Pfeiffer; es ist der entschlossenere. Beide sind sicher und gewandt und standen kaum der Klubverteidigung nach. Gegen Schluß machte sich bei ihnen Ermüdung bemerkbar. Gmelin im Tor ist nicht mehr der vorjährige. Er hielt einzelne Bälle hervorragend; von den Toren wären vielleicht auch das eine oder andere zu halten gewesen; Schuld an der Niederlage ist er aber sicher nicht. Der Mannschaft als Ganzes gebührt ein Gesamtlob, sie überraschte angenehm. Mit solchem Spiel bleibt sie weiterhin ein tüchtiger, aussichtsreicher Gegner.

Bei dem Sieger war Kalb der Beste, schnell und ausdauernd, gut im Zuspiel. Popp lieferte auch ein sehr gutes, finessenreiches und im Verein mit Strobel höchst erfolgreiches Spiel. Strobel zeigte Läufe von ihm waren besonders glänzend. Bös, der raffinierte Mittelstürmer, der energisch, durchreißende Träg und der behende Sutor konnten gleich gut gefallen, wenn auch teilweise schneller abgegeben und zugespielt hätte werden müssen. Als sie sich gefunden hatten, ging's fast wie am Schnürchen. In der Läuferreihe gab's zeitweise einige schwächere Sachen; sie lief aber dann doch zu bester Form auf. Die Verteidigung konnte im großen und ganzen gut gefallen; sie war nur einige Male zu zögernd im Wegbefördern des Balles. Stuhlfaut war wie immer zuverlässig als Beherrscher des 16-m-Raumes; er klebt nicht am Tor. An den zwei Toren war er nicht Schuld, wenn vielleicht auch das eine zu halten gewesen wäre.

Der Klub hat mit diesem zweiten Sieg die Führung in der Nordgruppe übernommen und seine Favoritenstellung gefestigt. Die zwei schwersten Spiele sind die nächsten, gegen Waldhof dort, und gegen den heutigen Gegner in Frankfurt.

Der Mitarbeiter aus der Provinz.

Trotz des hohen Endresultates hat Eintracht den Nürnbergern eine lange Zeil ebenbürtiges Spiel geliefert und eines Zähigkeit an den Tag gelegt, die namentlich beim Stand 2:2 den Ausgang recht fraglich erscheinen ließ. Ein jugendlicher Fußballstratege neben mir meinte: „Jetzt glaub' ich's, daß die die Waldhofer g'schlagen hab'n!" Gmelin hätte das zweite Tor verhüten können, wenn er den Ball nicht hätte wegprallen lassen, die übrigen konnte er kaum verhindern. Die Verteidigung wart äußerst sicher, stand gut und machte im Verein mit den Läufern den Angreifern schwere Arbeit. Glänzend war Schneider als linker Läufer, mit der beste Mann der Gäste. Jockel stach in der ersten Hälfte weniger hervor, seine Abwehrarbeit war gut, seine Vorlagen zeitweise zu hoch, auch der Fehler des rechten Läufers; nach der Pause war Jockel unermüdlich am Ball und versorgte dauernd seinen Sturm. Vorne war Szabo die treibende Kraft, scharf bewacht, der Innensturm spielte zeitweise sehr gut durch und war vor dem Tor äußerst gefährlich! Dornbusch sollte seine Mätzchen — Anlaufen bei Freistößen — bleiben lassen. Die Mannschaft ist sehr flink und ausdauernd und hätte ein knapperes Resultat verdient.

Die Klubmannschaft hat durch das Wiederauftreten von Strobel eine Verstärkung erhalten. Sutor und Strobel sind zwei aus gezeichnete Flügel; nur waren bei letzterem die Flanken zu weit, um ausgenützt werden zu können. Das Zusammenspiel mit Popp klappt sehr gut. Träg hatte heute seine Schußstiefel verkehrt eingehängt; überhaupt war eine nervöse Schußunsicherheit lange Zeit im Sturm zu bemerken. Derselbe lief erst zu großer Form auf, als das Resultat einmal 3:2 lautete. Die Läuferreihe hatte gegen Schluß der ersten Halbzeit einige schwächere Minuten; auch die beiden Tore von Frankfurt hängen mit kurzem Zögern im Angreifen zusammen. Kalb war in der zweiten Hälfte aber unverwüstlich, Riegel überall und Köpplinger klebte an Szabo wie eine Klette. Die Verteidigung war Herr in alten Situationen und schließlich stand ja auch noch Stuhlfaut dahinter. Eine Schwächeperiode hatte die Klubmannschaft zweifellos, als sie aufgeregt war und das Schießen zur rechten Zeit vergaß; bei ihrem Können hätten es die Nürnberger doch gar nicht nötige sich verblüffen zu lassen, und mit Ruhe geht die Sache doch viel einfacher, siehe zweite Halbzeit!

Ein Nürnberger Sportsmann.

Ein echtes Meisterschaftstreffen! Großer Kräfteeinsatz, aber nicht viel Schönheiten. Die erste Viertelstunde prächtiger Angriff Nürnbergs, dann seichtes Spiel bis zur Halbzeit Dann erreicht das Spiel um 2:2 seinen Höhepunkt bei beiderseitigen Höchstleistungen. Frankfurts Mannschaft zeigt sich dem Deutschmeister ebenbürtig. Strafstoß und Elfmeter brechen ihr Rückgrat. Das Spiel sinkt nun rasch von seiner Höhe, um mit recht üblen Mißtönen zu enden. Bös wird bös und Frankfurt hat noch acht Mann im Felde. Kalter Regen verdirbt vollends die Stimmung. — Gmelin recht schwach, dazu von seinen Verteidigern, die sich nicht stellen können, oft behindert, die Läufer, namentlich Jockel recht gut, der Sturm läuft sich nicht frei, zeigte aber ganz vorzügliche Torschüsse. Nürnberg war zwar besser, aber nicht in dem Maße überlegen, als die Torzahl besagt. Sein Sturm spielte nur am Anfang und am Schluß mit sicherer Kunst. Hg. (aus dem 'Fußball', Ausgabe 12/1921)

 

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