Frankfurter Fußball-Verein - 1. FC Nürnberg

Süddeutsche Meisterschaft, Nordgruppe 1919/20 - 2. Spiel

0:0

Termin: 21.03.1920
Zuschauer: 10.000
Schiedsrichter: Köhler (Stuttgart)
Tore: ./.

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Eintracht Frankfurt 1. FC Nürnberg



  • Stuhlfaut
  • Bark
  • Steinlein
  • Grünewald
  • Kalb
  • Riegel
  • Strobel
  • Popp
  • Peter Szabo
  • Träg
  • Mahl 

 

 

MEISTERSCHAFT VON SÜDDEUTSCHLAND.

1.F.C. NÜRNBERG — FRANKFURTER FUSSBALLVEREIN 0:0. — NÜRNBERG VERLIERT SEINEM ERSTEN PUNKT. — FRANKFURT VERSCHIESST EINEN ELFMETER. - EIN GIGANTISCHES RINGEN VOR 10000 ZUSCHAUERN.

Der große Tag Frankfurts rückte immer näher. Petrus machte die Woche über ein mieses Gesicht. Dafür lachte aber am Sonntag die Sonne in den ersten Frühlingstag, daß jeder aus seinem Wigwam heraus mußte. Das war kein Wollen, ein Müssen! Die Natur zog mit ungestümer Kraft alles Lebende ins Freie! — Noch am Samstag-Nachmittag lief das Gerücht um, Nürnberg kann nicht kommen. Aber Abends waren sie da, die Nürnberger. Zwar fehlte der Beste, aber die andern stehen ihm nicht viel nach, Fußballverein hat neben vorzüglicher Propaganda an seinem Platze eifrig gearbeitet. Als 3 Stunden vor Spielbeginn die ersten Gäste des Spieles die Eschersheimerlandstraße hinauszogen, nahm die Völkerwanderung kein Ende mehr. Mehr als 10000 Zuschauer umsäumten eine halbe Stunde vor Antritt den Platz, jeder konnte sehen und jeder sah einen unvergleichlichen Kampf. Lebhaft beklatscht komm Nürnberg ins Feld, gleich darauf Frankfurt. Wo ist Schaffer? geht's durch die Reihen. Er fehlt. Auch Kugler ist nicht da. Frankfurt hat Dornbusch für Mohr stellen müssen. Herr Köhler-Stuttgart, der Schiedsrichter, erschein. Nürnberg hat Platzwahl. Die Sonne im Rücken, halten die Gäste für vorteilhafter. Die Mannschaften stehen:

1. F.C. Nürnberg.

Stuhlfaut
Bark      Steinlein
Grünewald      Kalb      Riegel
Strobel       Popp      Szabo      Träg      Mahl

Knörzer      Imke       Dornbusch      Hohmann      Brandt
Schneider       Jockel       Becker
Pfeiffer       Klemm
Gmelin.

F.F.V.

Frankfurt zieht vom Anstoß weg in die Nürnberger Spielhälfte. Nürnberg ist durch das schnelle, durchdachte Zuspiel sichtlich überrascht, dazu fehlt der Führer im Angriff. So gelingt es Frankfurt, sich im Angriff zu zeigen. Doch kein Schuß wird für Stuhlfaut gefährlich. Allmählich kommt Schwung in die Gäste. Das Spiel verteilt sich in der zweiten Viertelstunde übers ganze Feld. Nach einem Durchbruch der Frankfurter linken Flanke ergibt sich die erste Ecke. Der Ball geht hinters Tor.

Das unheimlich schnelle Spiel setzt wieder ein. Nürnberg kommt durch. Aus knappster Entfernung schießt Szabo Gmelin an. Damit ist die Chance Nürnbergs vergeben. Frankfurt geht nunmehr mächtig aus sich heraus. Angriff auf Angriff erfolgt. Von allen Seiten wird geschossen, selbst Pfeiffer gibt aus 10 Meter einen scharf plazierten Ball aufs Tor. Fast alle Bälle gehen knapp unter die Latte auf die Ecken. Stuhlfaut bleibt so ruhig, als ob nichts los. Er fängt unfehlbar jeden Ball, vom Publikum mit reichem Beifall belohnt. Frankfurt versucht's jetzt mit flachen Bällen. Doch da stimmt das Zuspiel nicht. Kein Stürmer kommt zum Schuß. In den letzten Minuten macht sich Nürnberg noch einmal frei. Eine Ecke wehrt Gmelin mit sicherem Schlag ab. Halbzeit 0:0. Wird Frankfurt das Spiel weiter halten können. Viele zweifeln an der Ausdauer der Einheimischen und glauben die Kraft und Zähigkeit Nürnbergs wird den Ausschlag geben, trotzdem die Gäste jetzt die Sonne von vorne haben.

Beim Wiederantritt werden die Mannschaften von neuem mit Applaus begrüßt. Nürnberg läßt Träg und Szabo die Plätze wechseln. Die Unsicherheit von Nürnberg beim Anstoß nützt Dornbusch aus und zieht mit dem Ball vors Gästetor. Das Spiel ist offen. Frankfurt hat ein wenig mehr Spiel. Beide Mannschäften gehen mit dem Willen zum Sieg in den Kampf. Besonders Nürnberg, das in der ersten Hälfte mehr beobachtete, ist jetzt mit Eifer am Ball. Daher bekommt mancher Gegner im Übereifer eins ab, so daß abwechselnd 4—5 Frankfurter auf dem Platz herumhumpeln. Dornbusch muss in der 20. Minute eine Viertelstunde ausscheiden. Gerade vorher hatte Nürnberg seinen Gegner mürbe gemacht und das Spiel völlig in die Hand bekommen. 20 Minuten waren die Gäste im Angriff, aber auch jetzt leistet die zeitweise arg lädierte Frankfurter Verteidigung erfolgreich Widerstand. Gmelin hält einen Schuß Popps und Trägs aus nächster Nähe mit Glück. Drei Ecken bringen Nürnberg auch nicht die Führung. Noch 12 Minuten, Frankfurt ist wieder vollzählig, da unterliegen die Nürnberger selbst dem Höllentempo. Das Spiel verteilt sich aufs Feld. Die Flanken Frankfurts regen sich. Steinlein und Bach müssen wieder alles hergeben. Dornbusch läßt die sicherste Chance aus, die ihm Imke gegeben. Eine Ecke Frankfurts landet wieder hinterm Tor. Hohmann ist immer wieder der Treibende im Sturm. Noch 3 Minuten. Brand flankt von rechts. Bach macht in höchster Not im Strafraum Hand. Der Schiedsrichter läßt weiterspielen: Noch 2 Minuten! Brand kommt durch Steinlein unsanft zu Boden. Elfmeter für Frankfurt! Die letzte Minute birgt noch die Ungewißheit: Verliert Nürnberg sein erstes Spiel? Nein! Stuhlfaut beherrscht jeden Fleck zwischen den Latten! Der scharfe Ball Jockels geht ihm nicht durch. Lebhafter Beifall zeigt wieder den Sportssinn des Frankfurter Publikums. Die Gefahr der Niederlage für die Gäste ist abgewendet. Noch ein kurzes Geplänkel. Schlußpfiff und langer Beifall belohnt den aufopfernden Kampf der 22 Tapferen.

Einen der Spieler zu loben, hieß den andern zurücksetzen. Alle hatten vorzügliche Einzelleistungen! Die Torwächter sicher und glücklich, Verteidigerpaare sich ergänzend und der Lage Herr. Klemm besonders gut. Bach ebenfalls, er würde seine Leistung verbessert haben, wenn er nicht das ganze Spiel durch den vorzüglichen Schiedsrichter mit Zurufen gestört hätte. Die Läufer alle unermüdlich. Desgleichen die Stürmer, von denen Hohmann durch Ballbehandlung und Ausdauer der beste war. Der erste Punkt in diesem Jahre ist Nürnberg entrissen. Es gibt also doch keinen Klassenunterschied zwischen der Fußballmetropole und den übrigen Sterblichen. Der Frankfurter Fußballverein hat seinen Kreis würdig vertreten. Ein dreifacher Erfolg ist ihm geworden. Dem sportlichen Erfolg reiht sich der Propagandaerfolg an. Eine Rekordzuschauerzahl wirbt neue Kräfte für unsere Sportsache. Der Kassenerfolg bringt die Mittel zum Auf- und Ausbau. Vivat sequens.      Mönus. (aus dem 'Fußball' vom 24.03.1920)

 


 

FRANKFURTER F.V. — I. F.C. NÜRNBERG 0:0.

Recht enttäuscht waren am 14. März die Frankfurter Sportsleute, als sie von der 4:0-Niederlage des F.F.V. Kunde erhielten. Die meisten wollten es zuerst kaum glauben, und als nun gar noch ein Witzbold telephonierte F.F.V. habe 3:2 gewonnen, da war die Verwirrung fertig. Gar bald erhielt man aber aus Nürnberg zum zweiten Male sichere Kunde von der 4:0-Niederlage und da zogen dann viele betrübt nach Hause. 4:0 schien doch etwas hoch. Mit brennender Ungeduld wurde der Montag Abend herbeigewünscht, der uns die F.F.V.-Spieler zurückbringen sollte. Und sie kamen glücklich an, obwohl um 3 Uhr der Generalstreik sich auch auf Eisenbahner erstreckt hatte.

Immer und immer wieder mussten die Wackeren erzählen, wie Nürnberg spielte, wie der F.F.V. gespielt habe, wie die 4 Tore kamen und anderes. Und wer auch immer von den Elfen erzählte, der sagte, daß Schaffer unstreitig der Beste der 22 gewesen sei. Doch mit großem Stolz können sich auch unsere Frankfurter Spieler rühmen den Nürnbergern und namentlich Schaffer imponiert zu haben. Nach seinem Urteil spielten Jockel und ganz besonders Pfeiffer einen Fußball, wie er ihn durchdachter und feiner fast kaum gesehen hat. Bei dem ihm eigenen typischen englischen Spiel muß Pfeiffer m. E. unbedingt bei dem nächsten repräsentativen Spiel als Verteidiger gestellt werden. Ohne Widerspruch befürchten zu müssen, kann ich behaupten, daß Pfeiffer der beste Verteidiger des Nord- und Südmainkreises ist. Überhaupt hinterließ die gesamte Hintermannschaft (Pfeiffer, Klemm, Gmelin) den besten Eindruck. Wenn Klemm auch nicht die Technik besitzt wie Pfeiffer, so hat er doch ein so feines Zerstörungsspiel, daß die Nürnberger ihre schwere Last hatten, an ihm vorbeizukommen. Auch Gmelin im Tore spielte brillant, wie immer, wenn er viel zu tun bekommt.

Das alles trug dazu bei, die Spannung auf den 21. III. mehr und mehr zu verschärfen. Wo man einen Sportsmann traf, lautete die zweite Frage: Wie tippst du? Da bekam man denn so ziemlich alles zu hören. Eines hatten sie alle gemeinsam: F.F.V. macht sein Ehrentor. Die nächste Frage war dann gewöhnlich: Hast du schon eine Eintrittskarte? Und überall wurde sie mit ja beantwortet. Der kluge Mann baut vor — besonders der Sportsmann. Kein Wunder also, wenn schon im Vorverkauf so ziemlich alle Sitzplätze ausverkauft waren. Rings um den Platz auf der Laufbahn standen zwei Reihen Bänke, um jeden Platz auszunützen, die Riesenzuschauermenge unterzubringen. Man muß es als eine holde Gabe des Schicksals hinnehmen, daß Frankfurt so kurz hintereinander zwei Gelegenheiten bekommt, zu zeigen, daß es ebenfalls große Zuschauermengen auf die Beine zu bringen imstande ist. Hoffentlich werden wir bisher so stiefmütterlich behandelten Frankfurter nunmehr öfters große Spiele zu sehen bekommen.

Über den sensationellen Verlauf des Rückspiels ist bereits in der letzten Nummer berichtet, ich kann mich daher auf eine allgemeine Kritik beschränken. Wenn man die Spielweise beider Mannschaften vergleicht, muß man unstreitig bekennen, daß in Frankfurt der F.F.V. die bessere war, besonders seine Verteidigung, die nicht zu überwinden war. Ich möchte mir im Folgenden erlauben, eine Kritik der einzelnen Spieler wiederzugeben.

Stuhlfaut: Da er viel mehr beschäftigt wurde als sein Gegenüber, hatte er oft Gelegenheit, sein hervorragendes Können zu zeigen. — Steinlein: Vor Halbzeit gefiel mir dieser Spieler entschieden besser, wie nachher. Wenn er auch ein zu massives Spiel (Elfmeter) zeigte, so bewies er doch auch ein solch gutes Zerstörungsspiel, daß die F.F.V.-Stürmer ihren Schüssen nie die Wucht geben konnten, die sie wollten. — Bark: Er war entschieden sicherer als sein Partner und zeigte noch vollkommenere Abwehr als dieser. An ihm kamen die F.F.V.-Leute nur selten und dann nur mit Glück vorbei. — Die Läuferreihe Nürnbergs tat sich nicht sonderlich hervor. Ich nehme an, daß sie einmal einen schlechten Tag hatte. Nur Kalb ragte bisweilen hervor. — Strobel und Mahl, die beiden Flügelstürmer, fielen sehr ab. Ihre Leistungen konnten nicht genügen. Die drei Innenleute, Popp, Scabo, Träg, wurden von Schneider und Jockel, Pfeiffer und Klemm durch vorzügliches Abdecken in feiner Weise an der Entfaltung ihres Könnens gehindert und kamen nie zu ihren so sehr gefürchteten Bombenschüssen.

Bei der Frankfurter Mannschaft fiel nur Knörtzer auf Linksaußen etwas ab. Es ist ein großer Fehler, diesen Spieler, der ein glänzender Halfspieler ist, auf eine so unmögliche Stellung zu plazieren.

Gmelin hatte heute wieder einmal Gelegenheit, sein Können zu zeigen. Ruhe und große Sicherheit im Ballfangen zeichnen ihn aus. Unter anderen hielt er nach einem Durchbruch einen festen Schuß von Scabo. Am besten bewährt er sich bei einem Eckball. Solange ich Gmelin spielen sah, sind ihm erst zwei Eckbälle ins Tor gegangen, die anderen faustete er alle prächtig weg. Wenn, wie ich höre Stuhlfaut am 28. 3. in Frankfurt nicht spielt, dann muß m.E. Gmelin ins Tor. — Pfeiffer: Pfeiffer ist ein Beck, wie es z. Z., ausgenommen sein Partner Klemm, kaum einen Besseren im Nordkreis gibt. Vorzügliches Kopfspiel, sehr gute Abwehr und befreiender Schlag zeichnen ihn vor allem aus. — Klemm: Wohl heute der beste Mann auf dem Platz. Wenn er auch nicht die Technik besitzt wie Pfeiffer, so zerstört er doch durch sein entschlossenes Vorgehen jeden Angriff. Es war heute eine Lust zu sehen, wie alle Anstürme der Nürnberger an ihm scheiterten. — Becker und Schneider: Beide sehr gut und zuverlässig. Durch ihr fein durchdachtes Spiel waren der rechte und der linke Flügel völlig kalt gestellt. Danach erübrigt sich eine weitere Kritik. — Jockel ist immer noch der frühere brillante, zuverlässige Mittelläufer. An ihm bissen sich die Gegner immer die Zähne aus. Warum stellt man ihn nicht wieder repräsentativ? — Knörtzer: Über Knörtzer möchte ich nicht urteilen. K. ist ein Läufer und kein Stürmer. Durch sein Stürmerspiel bringt er sich nur um das gute Renomme', das er im Vereine und bei den Gegnern besitzt. — Dornbusch überraschte äußerst angenehm. Sicheres Stoppen, genaues flaches rasches Passen zeichneten ihn ja schon immer aus; doch fehlte ihm bislang der entsprechende Schuß. Heute aber war er der Stürmer, der am meisten und gefährlichsten schoß, deshalb wollte man ihn auch wohl durch unangebrachtes scharfes Spiel „kalt" stellen. — Imke ließ heute endlich einmal das falsche lange Passen. Durch das kurze flache Innenspiel nur kann man bei Nürnberg vorbeikommen. Das hat uns das Vorspiel (0:4) zur Genüge gezeigt. Da auch Imke heute eifriger kombinierte und auch schoß konnte im Verein mit den anderen der F.F.V.-Sturm gefährlich werden. — Hohmann zeigte sein gewöhntes sicheres Spiel. Zu seinem gefürchteten Bombenschuß kann er heute infolge guten Abdeckens nicht kommen. Auch wurde er, wie überhaupt auch Imke und Dornbusch, durch das oftmals rohe Austreten von Bark, hart mitgenommen. — Brandt konnte durch seinen festen, oftmals sehr gefährlichen Torschuß gut gefallen. Zum Rechtsaußen eignet er sich m. E. jedoch nicht.

Alles in allem zeigte die F.F.V.-Mannschaft ein selten gesehenes Spiel, von dem sogar auch die Nürnberger, besonders die Läuferreihe allerhand lernen konnten.      Block. (aus dem 'Fußball' vom 31.03.1920)

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