Frankfurter Fußball-Verein - Germania Bieber

Nordkreis Liga-Klasse 1913/1914 - 7. Spiel

5:1 (3:0)

Termin: 09.11.1913
Zuschauer:
Schiedsrichter: Koppenhöfer (Stuttgart)
Tore: 1:0 Karl Jockel (7.), 2:0 Karl Jockel (20., Foulelfmeter), 3:0 Rudi Schlüter (22.), 4:0 K. Burkhardt, 4:1 (73., Foulelfmeter), 5:1 Rudi Schlüter (76.)

 

>> Spielbericht <<

Frankfurter Fußball-Verein Germania Bieber

 


 


(Süddeutsche Sportzeitung vom 10
.11.1913)

 

F.F.-V. 1. M. gegen Germania Bieber 1. M. 5:1

Mit dem Spiele gegen Germania Bieber beendeten wir die Vorrunde der diesjährigen Ligaspiele. Mit 11 Punkten stehen wir an zweiter Stelle hinter Hanau 93 mit 12 Punkten und vor Wiesbaden mit 9 Punkten. Auf Wiesbaden folgen Sportverein, Offenbach und Bürgel. Den Schluss mit je 3 Punkten bilden Bieber und Hanau 94.

„Martin spielt wieder Mittelstürmer und Schlüter halblinks, im übrigen steht die Mannschaft wie sonst," war die Antwort des Spiel-Ausschusses auf die Frage nach der Mannschafts-Aufstellung.

Wohl auch infolge des Regens war nur eine kleine Zuschauermenge zum Spiel erschienen. Unter allgemeiner Spannung wurde der Spielbeginn erwartet, man war doch gespannt auf die Stürmerreihe, die im Spiel gegen Wiesbaden ihresgleichen gesucht hatte.

„Das kann uns das Spiel kosten," sagte ein treuer Vereinsanhänger und mit ihm die halbe Tribüne. Denn beim Spielbeginn sind erst neun Mann mit dem roten Adler auf dem Feld zu sehen. Na, Gottseidank, grade in der letzten Sekunde erscheinen die beiden letzten. Hoffentlich bleiben wir für die Zukunft von solchem Nervenkitzel verschont, auf den wir gerne verzichten.

Wir haben Antritt. Nach drei Minuten ein freudiges Aufatmen. Aber noch immer hält man es nicht für möglich. Ja, aber es ist wirklich so, man steht vor einer bisher für unmöglich gehaltenen Tatsache: In der Stürmerreihe klappt es! Ein Spiel mit Lust und Liebe und mit dem Willen, zu zeigen, dass man in der Stürmerreihe auch zu spielen versteht, dass die letzten Spiele auf eine Schwächeperiode zurückzuführen sind und dass diese Schwächeperiode überwunden ist.

Diese Umänderung ist wohl in erster Linie auf das eifrige, technisch und taktisch richtige Spiel von Martin zurückzuführen, der heute gezeigt hat, dass er unser Mittelstürmer ist. Wir leben in der angenehmen Hoffnung, dass man nicht wird von einem Strohfeuer reden können. Auch Schlüter war gegen den vorhergehenden Sonntag nicht wieder zu erkennen. Mit grossem Eifer und auch mit Verständnis spielend zeigte er, dass ihm ein Platz in der ersten Mannschaft zukommt. Vielleicht straft er nächstens alle die Lügen, die behaupten, er könne nicht schiessen.

Die Aussenstürmer lieferten ein flottes und gefälliges Spiel, Burkhardt wohl sein bestes in dieser Saison. Dornbusch bleibt immer noch technisch unser bester Stürmer. Seinem Spiel in letzter Zeit haftet jedoch ein ausgesprochener Fehler in taktischer Beziehung an. Er spielt nämlich ständig nach rechts, d.h. nur mit Sand zusammen; vielleicht wird er in den nächsten Spielen die Gelegenheit benutzen, auch einmal nach der Mitte oder halblinks hinüberzuspielen. Auch hält es Dornbusch scheinbar für verkehrt, ab und zu einem Ball nach rückwärts nachzulaufen, auch wenn sich der Ball — einerlei ob mit oder ohne gegnerischen Spieler — nur halb so weit von ihm als von einem unserer Läufer befindet. Diese Spielart hat jedoch den grossen Nachteil, dass sie verstimmend auf die Läuferreihe wirken muss, da diese sich sagt, wenn die Stürmer nicht mal einige Schritte zu viel laufen wollen, warum sollen wir, die Läufer, dies tun.

Ein wenig schönes Charakteristikum unserer gesamten Stürmerreihe ohne Ausnahme bildete am Sonntag die ständige Abseitsstellung, Nicht weniger wie siebzehnmal musste das Spiel deswegen unterbrochen werden. Wir suchen den Grund hierfür gerne in dem am Sonntag gezeigten Uebereifer. Auf diesen Uebereifer ist wohl auch die völlig systemlose Stellung bei Eckbällen vor dem gegnerischen Tore zurückzuführen.

An der Läuferreihe konnte man wieder seine reine Freude haben. Leider erlitt Jockel, der bis dahin wieder hervorragend gespielt hatte, kurz vor Halbzeit einen kleinen Unfall, der ihn für den weiteren Verlauf des Spieles an der vollen Entfaltung seines Könnens hinderte. Es ist wirklich schade, dass es unserm rechten Läufer nicht gelang, ein Tor zu erzielen, was ihm sicher reichen Beifall eingebracht hätte.

Die Hintermannschaft zeigte sich sicher. Hier scheint die Schwächeperiode, vor allem auf der linken Seite, ganz überwunden zu sein, wie schon das Spiel gegen Wiesbaden gezeigt hatte. Gmelin musste einen Elfmeter durchlassen. Dieser Ball war wegen des schlüpfrigen Bodens schwer zu halten, zumal er scharf und gut plaziert getreten war.

Das Spiel stand von Anfang bis Ende im Zeichen unserer Ueberlegenheit. In ziemlich regelmässigen Abständen werden fünf Tore erzielt, darunter ein Elfmeter. Bieber wird nur ganz selten gefährlich, vor allem bei einem schön getretenen Eckball, der aber nach einigem Hin und Her schliesslich ausgetreten wird. Das Tor Biebers rührt von einem Elfmeter her, der ebensowenig wie der für uns gegebene hätte gegeben werden dürfen. Bei Bieber war die Läuferreihe sehr schlecht, während die Verteidigung sicher spielte. Die flinken Innenstürmer verlegten sich in der Hauptsache auf Durchbrüche, die meistens schon bei unserer Läuferreihe die nötige Gegenliebe fanden.

Nach dem Spiele hatte man die Ueberzeugung gewonnen, dass wir mit unserer Mannschaft, vor allem, wenn Einigkeit herrscht, noch recht gute Aussichten auf die heissumstrittene Nordkreismeisterschaft haben, auch wenn uns bis jetzt Hanau 93 mit einem Punkt Vorsprung den Vorrang abgelaufen hat. Also qui vivra, verra!      H. R. (aus der Vereinszeitung des Frankfurter Fußball-Vereins vom 15.11.1913)

 

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